Wer Überraschungen mag, kommt bei der Frage, ob es jemals eine Mainbrücke zwischen Dettelbach und Mainsondheim geben wird, voll und ganz auf seine Kosten. Überraschung eins war ein Fund im Archiv. Vor einem halben Jahrhundert wurde – man schrieb das Jahr 1972 – im Einbürgerungsvertrag zwischen Dettelbach und Mainsondheim der bedeutungsvolle Satz festgehalten: Die Stadt Dettelbach ist bereit, eine Brücke zu bauen, "sobald die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen". Danach geriet dieser Passus in Vergessenheit, auch wenn über die Brücke selber immer wieder mal diskutiert wurde.
Einmal aus den alten Unterlagen ausgegraben, kam die Brücke schnell auf die Tagesordnung des Stadtrats. Das Signal lautete: Wir kümmern uns! Das Gremium gab umgehend eine Studie in Auftrag, um einen möglichen Standort herauszufiltern. Was nicht einfach ist, weil es viele Besonderheiten entlang des Mains gibt: Einschränkungen durch Biotopkartierungen, ausgewiesene Ökoflächen, Flora-Fauna-Habitate, Vogelschutzgebiete sowie Vorbehaltsgebiete für Bodenschätze und Landschaft. Kurzum, so der Stand im Sommer 2022: Eine Bebauung ist zwar nicht ausgeschlossen, jedoch mit hohen Auflagen und eventuellen Ausgleichsgebieten verbunden.
Was man so alles unter einem Steg verstehen kann
Damit sind wir mitten in Überraschung zwei: Einen Standort für einen entsprechenden Brückenschlag zu finden, ist schwieriger als gedacht. Vor allem aber, und das erstaunte im Dettelbacher Stadtrat wohl am meisten, ist eine Mainbrücke heutzutage mehr als mal eben ein Steg von einer Seite auf die andere. Selbst Fußgängerbrücken sind monströs. Und sie sind ausgesprochen teuer.
Wer ein Bild davon bekommen will, wie so etwas aussieht und in welche Richtung sich die Kosten bewegen, muss den Blick nur nach Veitshöchheim richten. Was dort unter "Mainsteg" läuft, ist ein durchaus wuchtiger und in die Landschaft ragender Bau, der um die zehn Millionen Euro gekostet hat. Wobei die Gemeinden Veitshöchheim und Margetshöchheim jeweils rund 1,3 Millionen Euro zahlen und die Förderquote bei beachtlichen 70 Prozent lag. Allerdings nur, weil die Brücke als überregional von Bedeutung eingestuft wurde. Ein Umstand, der in Dettelbach eher nicht gegeben wäre.
Schwierige Vorzeichen also für eine mögliche Mainbrücke in Dettelbach. Damit war die nun folgende Überraschung Nummer drei vielleicht nicht mehr so überraschend. Wohl aber die Art und Weise, wie sie auftauchte: bei der Bürgerversammlung in Mainsondheim im vergangenen Monat. Dettelbachs Bauverwaltungsleiterin Katja Heilmann-Rath präsentierte den Stand der Dinge bei der Planung in Form der Machbarkeitsanalyse des beauftragten Ingenieurbüros. Das Interesse der anwesenden Mainsondheimer muss sich sehr in Grenzen gehalten haben, jedenfalls wurde der Brücken-Traum noch am gleichen Abend beerdigt.
Das Ende der Brücke per Facebook
Das erledigte ein Facebook-Post von Bürgermeister Matthias Bielek. Darin war zu lesen, dass es bei der Versammlung "eine sachliche Diskussion" gegeben habe. Zwar hätten "ein paar Wenige eine reine Fuß- und Radfahrerbrücke für interessant" gehalten. Und eine Autobrücke hätten "nur einzelne anwesende Bürger" befürwortet. Alles in allem aber fiel die Brücke an dem Abend durch. Was den bürgermeisterlichen Post so enden ließ: Man werde "den Bau einer Brücke ad acta legen".
Damit ist ohne den Brückenschlag der Blick nun wieder frei für etwas, das alles andere als eine Überraschung ist: Die neue Mainfähre soll so schnell wie möglich kommen. Der Finanzausschuss hatte mit Blick auf die Brücken-Diskussion das Thema Fährneubeschaffung erst einmal gebremst. Diese Bremse wurde schnell wieder gelöst, weil selbst bei einem Brückenbau die Fähre noch ein paar Jahre gebraucht worden wäre. Wenn alles gut läuft, so die Hoffnung des Bürgermeisters, könne die neue Fähre vielleicht schon "ab 2024 fahren". Die aktuelle Fähre leidet unter Altersschwäche und fällt – sehr zum Leidwesen vor allem der Mainsondheimer – in unschöner Regelmäßigkeit mit technischen Problemen aus.
Die Tage der Oma-Fähre sind gezählt
Die Oma-Fähre Herta, Baujahr 1959, wird bald prinzipiell die etwa 100 Fluss-Meter nicht mehr überbrücken können, weil sie 2029 ihre Zulassung verliert. Monatlich kommt sie derzeit auf etwa 2000 Mitfahrer.
Ihre Nachfolgerin ist schon bestellt und wird etwa zwei Millionen Euro kosten. Weil es Fähren nicht von der Stange gibt, wird das eine Einzelanfertigung. Die neue Fähre ist auf Wunsch des Stadtrates nur minimal größer als die bestehende. Die Ladefläche sollte ebenfalls ähnlich sein; bis zu drei Autos können aktuell mitgenommen werden.
Man kann sagen: Herta 2.0 ist auf dem Weg. Aktuell läuft die Ausschreibung. Die Finanzierung ist ebenfalls längst beschlossene Sache: In den Haushalten 2022 und 2023 sind insgesamt zwei Millionen Euro für die schwimmende Ortsverbindung reserviert.
Mehr finanziellen Spielraum habe es sowieso nicht gegeben, so Bielek auf Nachfrage. "In Anbetracht der Haushaltslage", betont der Bürgermeister, "und der eindeutigen Stimmung in der gut besuchten Bürgerversammlung in Mainsondheim werden wir seitens der Verwaltung einen Brückenbau nicht weiter verfolgen." Künftige Generationen könnten das aber gerne "nochmal überdenken".