Klassenbesuch in der Iphöfer Grundschule zur "Europa-Stunde": Flugs bilden wir einen Stuhlkreis. Direkt unter dem Buchstabenhaus mit den Umlauten, den Zwielauten und den laufenden Konsonanten. Von hier aus kann sie starten, unsere Reise durch Europa. Die 24 Erst- und Zweitklässler von Peggy Knauer in der Iphöfer Karl-Heinz-Spielmann-Grundschule haben für dieses große Vorhaben Verstärkung von einigen Viertklässlern bekommen. Wenn es um Europa geht, kann ein bisschen Hilfe nicht schaden.
Fassen wir aber erst einmal zusammen, was wir wenige Tage davor gelernt habe: Die Europafahne hat zwölf Sterne. – Warum? „Da haben sich zwölf Länder zusammengeschlossen“, vermutet Adam. Außerdem haben wir gelernt, dass zu Europa der Eiffelturm gehört. Europa gibt es schon lange, also mindestens seit Neunzehntausendneunzig – aber das ist wirklich nur eine Schätzung. Außerdem ist Europa wie Griechenland, findet Laura. Und Isabella ergänzt: Ganz früher, also vor Neunzehntausendneunzig, musste sogar Geld gezahlt werden, wenn man durch die Länder in Europa gereist ist!
Europa – so kompliziert wie Geometrie
Überhaupt ist Europa nicht ganz einfach: Manche Länder wie die Schweiz gehören nicht so ganz dazu. Das ist nicht leicht zu verstehen. So wie übrigens auch die die vielen Sprachen nicht leicht zu verstehen sind. Den Tigern –das sind die Erstklässler – und den Bären – das sind die Zweitklässler – schwant, dass Europa mindestens so kompliziert ist wie das, was da formvollendet gemalt an der hinteren Wand hängt: die kunterbunte Welt der geometrischen Körper, also Kugel, Kegel, Zylinder, Prisma, Würfel, Quader und Pyramide. Aber bitte: Wenn das jemand versteht, dann die Tiger und Bären.
Heute ist nicht ganz zufällig Europatag. Und nicht ganz zufällig ist auch der Mann von der Zeitung da. Der will mal gucken, wie Grundschüler zu richtigen Europa-Experten werden. Für die Doppelstunde heute ist sogar Religion ausgefallen, aber das muss unter uns bleiben. Europa braucht eben Zeit - die Frau Knauer hat sich nämlich einiges ausgedacht. Wobei man an dieser Stelle erwähnen muss, dass die Frau Knauer nicht nur unsere Lehrerin ist. Sondern auch Stadträtin. Und Wahlhelferin. Man könnte auch sagen: Sie ist so vielfältig wie Europa.
Basteln an Europa
Um diese Vielfalt zu ergründen, teilen wir uns in Gruppen auf. Für alle gibt es Umschläge mit Bastelmaterial. Pro Gruppe geht es um ein bestimmtes Land. Husch ans Werk. An die Arbeitsblätter, fertig, los. Die Landesfahne will ausgemalt, die Einwohnerzahl sowie die Hauptstadt ergründet werden. Wir kümmern uns darum, welche Spezialitäten es in dem Land gibt, wie das Geld dort aussieht und wie die Leute reden. Zumindest das mit der Sprache ist bei der Gruppe Österreich kein Problem: Die reden – fast – wie wir.
Die Hauptstadt ist kein Problem: Wien. Und um die Flagge zu malen, braucht es nur einen Rotstift. Kniffliger ist da schon, wer eigentlich dieser Mozart war. Aber dafür haben wir ja die Viertklässler. Jetzt brauchen wir nur noch einen Pritt-Stift, um alle Erkenntnisse auf ein Plakat zu kleben. Nebenan, in Frankreich, herrscht Aufregung: Wohin kommt der Napoleon? Die Hauptstadt ist es nicht. Aber vielleicht eine Spezialität? Wenn doch nur nicht in fünf Minuten schon wieder Ende der Entdeckungsreise wäre. Aber irgendwann muss es ja zurück zum Stuhlkreis gehen, um allen die Arbeiten zu präsentieren und sich den Applaus der Mitschüler abzuholen.
Neben den österreichischen Mozart-Euros und den französischen "Bonjour" als Begrüßung lernen wir noch Italien kennen. Ein tolles Land mit Pizza und Spaghetti. Das könnte unser neues Lieblingsland werden. Vielleicht aber auch Schweden mit den vielen bunten Häusern und den lustigen Elchen. Außerdem kommt da Pippi Langstrumpf her. Und dann ist da noch Spanien, wo man sich mit "Hola" begrüßt. Und wenn uns mal einer bittet, einen Satz mit "tsch" zu bilden, ist das ab jetzt auch kein Problem mehr: Es gibt ja Tschechien, wo man Tschechisch spricht.
Europa – und damit ist das Lernziel dann auch schon erreicht, ist eben so bunt wie die Schweden-Häuser. Und so vielfältig wie die Geometrie. Da passen Pizza und Elche hinein. Und einen Papst gibt es auch in Italien – das nur wegen der ausgefallenen Religionsstunde. Von uns aus kann die Europawahl kommen. Und falls einer fragt, warum er wählen soll und was denn bitteschön an Europa so toll sein soll – dann darf er ruhig mal zu uns in den Stuhlkreis kommen.
Vor der Europawahl am 26. Mai beleuchtet die Redaktion in einer Serie von Artikeln, wie sich die EU auf den Landkreis Kitzingen auswirkt und welche Bedeutung sie für die Menschen hier hat.