Deutschland verlassen und ein neues Leben in Spaniens Hauptstadt Madrid beginnen? Warum nicht! Kristina Wandler hat diesen Schritt 2010 gewagt – und das mitten in der Krise. Damals lag Spaniens Wirtschaft am Boden, nachdem der Bau- und Immobilienmarkt in Folge der weltweiten Finanzkrise 2008 zusammengebrochen war. Sozusagen die Schattenseite der Globalisierung. Auf die Sonnenseite hat es Wandler geschafft.
Die gebürtige Rödelseerin läuft gerade in Barcelona zu einer Kaffeebar, als sie der Anruf aus der Heimat erreicht. Erst einen café solo, dann ab ins Taxi zum ersten Termin des Tages. Einem Kunden aus Lateinamerika will die 37-Jährige Orte für eine große Veranstaltung im kommenden Jahr zeigen. Eventmanagement nennt sich das, womit Wandler seit Herbst 2015 selbstständig ist – und das sehr erfolgreich. In Zusammenarbeit mit Agenturen aus ganz Europa organisiert sie Veranstaltungen für 50 bis 5000 Leute.
Der Brexit ist ein heikles Thema
Die Freizügigkeit von Waren und Dienstleistungen innerhalb Europas erlebt sie bei ihrer Arbeit ständig. Etwa wenn sie als Deutsche eine Messe in Barcelona koordiniert, für die fünf Laster einer Eventagentur aus Deutschland kommen, ein Lkw voller Blumen aus Holland und drei Techniker aus Großbritannien. Darum sei auch, hat Wandler erlebt, der Brexit ein heikles Thema. "Als ich einen Scherz über ein nötiges Visum beim nächsten Mal gemacht habe, hat niemand gelacht."
Für sie ist es selbstverständlich, an der Europawahl am 26. Mai teilzunehmen: "Ich möchte gerne wählen, das ist schließlich ein Grundrecht." Allerdings waren die spanischen Behörden bislang mit der Nationalwahl am 28. April ausgelastet. Danach könne sie für die Registrierung zur Europawahl wiederkommen, habe man ihr erklärt. Die spanische Parlamentswahl beherrschte auch die Medien und Diskussionen im Freundeskreis. Erst danach werde die Europawahl ein Thema sein, ist die 37-Jährige überzeugt.
Kristina Wandler ist froh, dass ihr die Europäische Union (EU) das Auswandern vor neun Jahren so erleichtert hat. "Es war damals mutig, aber einfach, es auszuprobieren", sagt sie rückblickend. Natürlich sei es ein großes Risiko gewesen, Arbeitsplatz und Wohnung zu kündigen, "aber ich konnte einfach hinfahren, ohne Kontrolle einreisen und mir einen Job suchen". Kurz gesagt erlebte sie so die Freiheiten des europäischen Binnenmarkts: EU-Bürger können in einem beliebigen EU-Land leben und arbeiten, über Grenzen hinweg Waren verkaufen oder Dienstleistungen anbieten.
Verliebt in Madrid
Spricht man – wie Wandler – Spanisch, Englisch und Französisch fließend, lassen sich diese Freiheiten umso besser nutzen. Nach dem Abi 2001 und der Dolmetscherschule in Würzburg studierte die Rödelseerin Euro-Hotelmanagement in Pegnitz. Schon damals verbrachte sie ein Semester in Madrid, arbeitete von 2006 bis 2010 aber erst in einem Fünf-Sterne-Hotel in Baden-Baden. Doch Kristina Wandler hatte sich nicht nur in die spanische Metropole verliebt, sondern auch in den Madrilenen Kiko Arribas.
Heute sind die beiden vier Jahre verheiratet und glücklich, dass sie 2010 – nach zweieinhalb Jahren Fernbeziehung – den Umzug nach Spanien gewagt hat. Familienbesuch aus Unterfranken ist immer willkommen: Ihre Eltern verbrachten die Ostertage in Madrid. Dort ist heute Kristina Wandlers Zuhause: "Mein Kopf ist Deutsch, aber mein Herz ist Spanisch, auch wenn Rödelsee immer meine Heimat bleiben wird."
Vor der Europawahl am 26. Mai beleuchtet die Redaktion in einer Serie von Artikeln, wie sich die EU auf den Landkreis Kitzingen auswirkt und welche Bedeutung sie für die Menschen und Unternehmen dort hat.
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