Menschen ertrinken im Ärmelkanal zwischen Frankreich und Großbritannien auf der Flucht vor Unterdrückung und Hunger. Tausende Geflüchtete harren in Belarus an der Grenze zu Polen aus und versuchen verzweifelt die EU zu erreichen. Im vergangenen Jahr schienen die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Beschränkungen auch Menschen auf der Flucht zu bremsen. Doch das ist vorbei: Die Zahl der Asylsuchenden nimmt stetig zu – auch im Landkreis Kitzingen.
Es mögen zwar nicht so viele Frauen, Männer und Kinder auf einmal sein wie in der Flüchtlingskrise 2015 und 2016, als innerhalb eines Jahres über eine Million Menschen in Deutschland Schutz suchten. Doch erste Landkreise benötigen schon wieder zusätzliche Unterkünfte für Geflüchtete.
Die Zahlen für Unterfranken zeigen es: Dem Bezirk wurden bis Ende November 2150 neue Asylbewerber:innen zugewiesen. Im Jahr zuvor waren es 1022 gewesen, 2019 nur 745. Insgesamt leben in Gemeinschaftsunterkünften und dezentralen Wohnungen in Unterfranken derzeit 4775 Menschen, die um Asyl nachgesucht haben. Darunter sind nach Informationen der Regierung von Unterfranken 1169 Fehlbeleger:innen, also Menschen, die asylberechtigt sind und umziehen könnten, aber es nicht tun beziehungsweise keine Wohnung finden.
Im Ankerzentrum gibt es kaum noch freie Plätze
In der unterfränkischen Einrichtung zur Erstaufnahme von Geflüchteten, dem Ankerzentrum zwischen Geldersheim und Niederwerrn (Lkr. Schweinfurt), lag die Auslastung Ende November bereits bei 96 Prozent. Die Gemeinschaftsunterkünfte sind laut Regierungssprecher Johannes Hardenacke derzeit voll ausgelastet. Vor allem in den Landkreisen Aschaffenburg, Würzburg, Main-Spessart und Haßberge werden schon neue Unterkünfte gesucht.
Dort hat man bereits damit begonnen, wieder dezentrale Unterkünfte anzumieten, wie Corinna Petzold-Mühl ergänzt. Die Pressesprecherin des Kitzinger Landratsamtes erklärt, dass der Landkreis Kitzingen bislang die entsprechende Aufnahmequote erfülle und sogar übersteige. Von der weiteren Entwicklung hänge ab, ob auch im Landkreis Kitzingen weitere Unterkünfte nötig seien.
Der Kitzinger Innopark ist noch nicht voll belegt
Im Landkreis betreibt die Regierung von Unterfranken die Gemeinschaftsunterkünfte (GU) im Kitzinger Innopark und im Corlette Circle, zudem die Teilgemeinschaftsunterkünfte (TGU) am Oberen Mainkai in Kitzingen und in Kleinlangheim. Dazu ist das Landratsamt Kitzingen für eine dezentrale Unterkunft im Kloster Münsterschwarzach zuständig.
Die Zahlen zeigen, dass nur im Kitzinger Innopark noch Wohnraum frei ist; dort sind 315 von 400 Plätzen belegt. Die anderen Unterkünfte sind weitgehend bewohnt. Vor allem könne, so Hardenacke, die Belegung durch Renovierungen oder familiäre Zuordnungen in der Regel nie voll ausgeschöpft werden.
Im Kitzinger Innopark leben die meisten Geflüchteten
Noch ist der Landkreis Kitzingen nach Angaben des Landratsamtes gut aufgestellt, es werde jedoch zunehmend arbeitsintensiver. "Aus Sicht des Landkreises wird durch den stetigen Anstieg der Asylbewerber Erinnerung an die letzte Flüchtlingskrise geweckt", schreibt Petzold.
Ein genauer Blick auf die konkreten Zahlen im Landkreis Kitzingen, Stand Ende November: In der größten GU im Innopark leben 315 Menschen (231 männlich/84 weiblich/69 unter 18 Jahren), davon 238 Asylsuchende oder Geduldete und 77 sogenannte Fehlbeleger. Im Corlette Circle leben viele Familien: Von 147 Menschen (94 Asylsuchende und 53 Fehlbeleger) sind 65 männlich und 82 weiblich, gut die Hälfte (76) sind unter 18.
84 geflüchtete Menschen in Kleinlangheim
Die dritte Flüchtlingseinrichtung Kitzingens ist die TGU am Oberen Mainkai, in der aktuell 58 Menschen (41 männlich/17 weiblich/19 unter 18) leben, davon nur drei Fehlbeleger. In der TGU in Kleinlangheim sind es 84 Menschen (56/28/27), 56 Leistungsberechtige im Asylverfahren und 28 Fehlbeleger. Zudem leben 16 geflüchtete Männer im Kloster Münsterschwarzach, sechs von ihnen sind Fehlbeleger.
Insgesamt 620 Kinder, Frauen und Männer leben in diesen fünf Unterkünften im Landkreis. 128 von ihnen sind aus Syrien geflüchtet (20,7 Prozent), 111 aus Afghanistan (17,9 Prozent) und 109 stammen aus Somalia (17,6 Prozent). Die weitere prozentuale Verteilung der Herkunftsländer liegt im einstelligen Bereich: Nigeria (52 Menschen, 8,4 Prozent), Äthiopien (49, 7,9 Prozent), Irak (39, 6,3 Prozent), Iran (21, 3,4 Prozent), Ukraine (17, 2,7 Prozent), Elfenbeinküste (14, 2,3 Prozent) sowie Russland (11, 1,8 Prozent).