Der tödliche Messerangriff am 25. Juni in Würzburg durch einen somalischen Asylbewerber und dessen mehrfache Behandlung in psychiatrischen Kliniken haben die Frage aufgeworfen: Sind Geflüchtete psychisch besonders anfällig oder angeschlagen? Und wie ist damit umzugehen? Der aus dem westafrikanischen Benin stammende José-Marie Koussemou (49), seit August Chefarzt der Psychiatrie am Klinikum Heidenheim, forscht dazu im Rahmen seiner Promotion. Seit Jahren beschäftigt er sich mit Fragen der Migrationspsychiatrie. Koussemou hat in Würzburg von 1997 bis 2003 Medizin studiert und war in dieser Zeit stellvertretender Vorsitzender des städtischen Ausländerbeirates.
José-Marie Koussemou: Nein, außer Sprachproblemen. Wer uns Schwierigkeiten macht, das sind Patientinnen und Patienten mit einer Psychose und zusätzlich einer Drogenabhängigkeit. Und dieses Krankheitsbild gibt es genauso bei jungen deutschen Betroffenen ohne Migrationshintergrund.
Koussemou: Ich denke, man sollte ihn nicht zu sehr am Thema Migration festmachen. Hier war, soweit ich es verfolgt habe, jemand psychotisch und gleichzeitig drogenintoxikiert. Patientinnen und Patienten mit dieser Doppeldiagnose sind eine Herausforderung für die Psychiatrie, was aggressive Verhaltensweisen angeht, und dies unabhängig von ihrer Herkunft. Was die Bevölkerung oft nicht versteht: Wenn ein Patient in der Klinik ausgenüchtert ist und er gehen will, muss man ihn gehen lassen – sofern nicht eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt. Die reine Angst davor reicht für eine zwangsweise Behandlung nicht aus. Das ist die aktuell gültige Rechtslage.
Koussemou: Auch wenn Sie den Patienten für eine Zeit in der Klinik behandeln – irgendwann müssen Sie ihn entlassen. Bei Patientinnen und Patienten mit einer Drogenabhängigkeit hängt der dauerhafte Erfolg einer Entzugsbehandlung maßgeblich von der Motivation des Betroffenen ab. Wir selbst versuchen aus der Klinik heraus, die Menschen in ihrem Umfeld aufzusuchen, zu begleiten und zu motivieren, in Behandlung zu gehen oder zu bleiben. Wir nennen das Home Treatment.
Koussemou: Deshalb organisieren wir regelmäßige Treffen mit dem Ordnungsamt, der Polizei, dem Gesundheitsamt und der Betreuungsbehörde. Da besprechen wir dann, wie wir mit auftretenden Schwierigkeiten bei der Versorgung von Menschen mit selbst- und fremdgefährdenden Verhaltensweisen umgehen können. Es gibt in Baden-Württemberg auch psychiatrische Netzwerke, um solche Menschen gezielt aufzusuchen.
Koussemou: Mir fällt spontan keine Studie dazu ein. Dazu müsste man die psychische Situation der Menschen kennen, bevor sie ihre Heimat verlassen haben. Ganz sicher spielt der Migrationsweg eine Rolle - vor allem, wenn man an traumatische Erlebnisse denkt. Außerdem wissen wir heute, dass diese traumatischen Erlebnisse nicht nur zu klassischen posttraumatischen Belastungsstörungen, sondern auch zu Psychosen führen können. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Menschen zu Drogen greifen, wenn sie keine Arbeit haben, schlecht untergebracht sind oder sich entsprechende Peergroups von Leuten in ähnlicher Situation bilden.
Koussemou: Diese Menschen brauchen unbedingt eine Beschäftigungsmöglichkeit von Anfang an, das muss erlaubt werden – wie in anderen Ländern, zum Beispiel in Dänemark. Wenn man arbeitet, bekommt man Anerkennung. Aber um auf dem Arbeitsmarkt eine Chance zu haben, muss man die Sprache sprechen. Daher sollten Sprachkurse gefördert werden.
Koussemou: Wenn Sie gezwungen werden, auf engem Raum mit Menschen zusammenzuwohnen, die Sie nicht kennen und die andere Sitten und Religionen haben – das kann natürlich schwierig sein. Wenn jemand schon psychisch krank ist, sollte überlegt werden, ob die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft nicht zur Verschlechterung der psychischen Erkrankung führt. Meine Erfahrung ist, dass der behandelnde Psychiater hier in der Regel eine Lösung mit der zuständigen Behörde finden kann.
Koussemou: Nein, die gibt es natürlich auch. Man darf das nur nicht auf alle Flüchtlinge übertragen und auch nicht für einzelne Herkunftsländer pauschalisieren. Wer durch die Sahara und über das Mittelmeer nach Europa gelangt, kann dabei Schreckliches erleben und traumatische Erfahrungen mitbringen. Das betrifft aber nach meiner Beobachtung nicht die Mehrheit unter den Asylbewerberinnen und Asylbewerbern. Außerdem ist nicht jeder, der einen Bürgerkrieg erlebt hat, traumatisiert – da spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Man muss den Einzelfall betrachten und sollte die kulturellen Einflüsse nicht überinterpretieren.
Koussemou: Diese bessere Betreuung wird seit Jahren gefordert. Dazu brauchen Sie aber Dolmetscher und Psychologen, die mit Asylbewerbern arbeiten wollen, auf Traumatherapie spezialisiert sind und Kenntnisse über transkulturelle Psychiatrie besitzen. Hier fehlt es an Geld, fachlichen Ressourcen und der entsprechenden Vernetzung.
Das hat doch erst einmal nichts damit zu tun für den Täter Verständnis aufzubringen oder ihn gar zum Opfer zu machen; vielmehr dient es dazu zukünftig schon im Vorfeld gegenzusteuern bei Personen die in diese Richtung abdriften.
Selbstverständlich könnte man Personen die solche Taten begehen sofort abschieben oder ohne große Verhandlung lebenslänglich ins Gefängnis stecken.
Allerdings bin ich mir sicher, dass die Gefahr, dass ähnlich gelagerte Tagen folgen wesentlich höher ist.
Es ist wichtig zu verstehen weshalb es zu einer Tat gekommen ist. Wichtig deshalb um solche Taten zukünftig möglichst zu verhindern.
Da wir in einem Rechtsstaat leben, ist sowas zum Glück nicht ohne Gerichtsverfahren möglich.
Aus seiner Heimat herausgerissen, um dann im gelobten Land mit vielen fremden Menschen zusammen leben müssen, die auch noch andere Religionen haben. Schrecklich.
Diese Vermutung trifft wahrscheinlich auf die meisten Formen des Terrorismus zu, auch auf doitsche Nazibuben, die nichts anderes im Hirn haben, als Ausländer und Politiker, die nicht nach ihrem Geschmack sind, anzünden oder sonstwie umzubringen versuchen.