
Vielleicht war es gut, dass sich die IG Metall für einen offenen Pavillon entschieden hatte. In einen geschlossenen Raum, das zeigte sich bei der Veranstaltung am Freitagvormittag auf dem Kitzinger Marktplatz schnell, hätten all die Sorgen und Nöte gar nicht hineingepasst.
Norbert Zirnsak, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Würzburg, hatte zu einer öffentlichen Pressekonferenz eingeladen. Ein ungewöhnliches Format, das so funktionierte: Eine gute Handvoll Betriebsratsvorsitzender großer Kitzinger Industriebetrieben geben ihre Einschätzungen ab, wie schwierig die Lage aktuell ist.
Norbert Zirnsak spricht von "dramatischer" Lage
Dass es um den Industriestandort Kitzingen mit seinen rund 5500 Industriearbeitsplätzen alles andere als gut bestellt ist, hatte Zirnsak in seiner Einleitung betont: Die Lage sei "dramatisch". Einer der Gründe: "Die politischen Rahmenbedingungen im Land passen nicht mehr!" Zirnsak sprach von einem "schleichenden Verlust von Arbeitsplätzen". Entsprechend laste auf den Beschäftigten "ein extremer Druck".
Zu beobachten sei zudem, dass sich immer mehr "Logistiker mit prekären Arbeitsbedingungen" ansiedeln, das gefährde "den Wohlstand in der Region". Würden immer mehr tarifgebundene Arbeitsplätze wegfallen, drohe die Region "zum Armenhaus" zu werden.
Fehrer-Betriebsratsvorsitzender: Sorge um Arbeitsplätze ist groß
Einschätzungen, die unisono von den befragten Betriebsräten geteilt wurden. Karl-Heinz Metzner, Fehrer-Betriebsratsvorsitzender, hob hervor, dass "die Sorgen um die Arbeitsplätze groß" seien. Es gebe "tagtägliche Angst", Mitarbeiter würden teilweise "krank zur Arbeit kommen". Er prangerte zudem an, dass die Politik "kein Bekenntnis zum Standort Deutschland" abgebe.

Von "großen Sorgen und großer Unsicherheit" sprach Erich Mirnig. Der Franken-Guss-Betriebsratsvorsitzende erinnerte daran, dass das Unternehmen sich nunmehr seit August in der Insolvenz befinde. "Alle arbeiten daran, da wieder rauszukommen", betonte er. Die Frage, wie es denn weitergeht, schwebe immerzu über den Beschäftigten. Die Herausforderungen seien groß, alleine der Umstieg von fossiler Energie hin zu Strom würde um die 40 Millionen Euro verschlingen.
Martin Hering, Betriebsratsvorsitzender von Leoni, sieht bei der Belegschaft "viel Unsicherheit und viele Zukunftsängste". Man müsse immer damit rechnen, dass Arbeitsplätze abgeschafft oder verlagert würden. Der Blick richte sich im Moment immer weniger in Richtung softe Dinge wie Innovationen, vielmehr gehe es knallhart ums Überleben.
Kurzarbeit und Unzufriedenheit bei Bosch Rexroth
Wolfgang Leibold (Bosch Rexroth in Volkach und Schweinfurt) hob hervor, dass man sich nun schon teilweise seit zwei Jahren in Kurzarbeit befinde. Der Stellenabbau schreite voran, entsprechend seien "die Mitarbeiter unzufrieden". Immerhin seien zuletzt Maschinen aus dem Ausland wieder an den heimischen Standort zurückgekehrt.
Michael Henninger, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender von Gea, berichtete von einer Restrukturierung und einer Verschmelzung mit vier weiteren Standorten. Es sei deshalb "nicht gerade einfach". Michael Sobeck, Schaeffler-Betriebsratsvorsitzender, sah dies ebenso: "Die Leute sind verunsichert!" Aus rückläufigen Aufträgen erwachse Unzufriedenheit, nach wie vor fehle es an "klaren Rahmenbedingungen".
Schließlich hob auch Jens Janotta, Betriebsratsmitglied bei Baumüller, auf die "nachlassende Nachfrage" ab, was zu Reduzierungen und Kurzarbeit führe. Entsprechend sei die Stimmung alles in allem "sehr angespannt".
Abschaffung der Schuldenbremse gefordert
Norbert Zirnsak forderte abschließend die Politik auf, die Schuldenbremse abzuschaffen. Es müssten jetzt "600 Milliarden an Investitionen" her, wolle man nicht "künftigen Generationen einen Investitionsstau hinterlassen". Die Gewerkschaft wolle hier Dampf machen, es gehe um "einen Weckruf für die Region". Für die Beschäftigten würden sich "die Zeiten enorm zuspitzen".
Gegensteuern soll auch ein bundesweiter Aktionstag der IG Metall am 15. März in Frankfurt mit 100.000 Teilnehmern, an dem auch Mitarbeiter Kitzinger Betriebe teilnehmen. Die Busse fahren um 9 Uhr am Bayernheim in Kitzingen ab. Anmeldung in der Geschäftsstelle der IG Metall, Tel.: (0931) 3226116.