
Beim Brauerei-Anlagenbauer GEA in Kitzingen ändert sich gerade einiges. Zum einen steht konzernintern eine Zusammenlegung mit der Molkerei-Sparte an. Zum anderen reagiert der hiesige GEA-Standort auf den zurückgehenden Bierkonsum und den entsprechend kleineren Bedarf an neuen Anlagen in diesem Segment.
Die Sudhaus-Spezialisten wollen ihr Know-how deshalb nun auch anderweitig nutzen: für Anlagen zur Produktion von Whisky, Laborfleisch und fermentierten Proteinen. Und schließlich hat GEA Kitzingen seit Sommer einen neuen Geschäftsführer. Matthias Finking informierte die Belegschaft kürzlich über die kommenden Veränderungen und sprach darüber auch mit unserer Redaktion.
Milch und Bier haben auf den ersten Blick nicht viel gemein. Aber trotz komplett anderer Technik weist die Planung der Produktionsanlagen Parallelen auf und erfordert zum Teil ähnliches Personal – vom Projektierer über den Bauleiter bis zum IT-Fachmann. So hat sich der Düsseldorfer GEA-Konzern entschlossen, seine Tochterunternehmen für die Milchverarbeitung (TDS) und fürs Bierbrauen (GBS) bis Ende 2025 in einer GmbH zu vereinen.

Seit Sommer ist dafür Matthias Finking (Jahrgang 1982) als Geschäftsführer in Personalunion zuständig. Sein Auftrag: mehr Schlagkraft und Synergien aus dem Zusammenspiel beider Töchter und ihrer Standorte in Nord- und Süddeutschland generieren. Miteinander statt nebeneinander arbeiten.
Eine Fusion der GEA-Töchter soll Synergien erzeugen
Mehr Wirtschaftlichkeit ist ein Treiber dieses Fusionsprozesses, der auch mit Personalabbau verbunden ist. GEA will sich deshalb sozialverträglich von älteren Beschäftigten trennen. Dafür wurde ein freiwilliges Vorruhestandsprogramm aufgelegt. Am Standort Kitzingen werden die rund 250 Mitarbeiter allerdings nur um eine einstellige Zahl verringert, wie Finking verspricht. Im Gegenzug verjüngt sich die Belegschaft, weil Lehrlinge übernommen und neue ausgebildet werden, denn GEA Kitzingen will weiter wachsen.
Dafür will der Konzern mehrere Standbeine etablieren: Den Brauerei-Anlagenbau mit den monströsen Sudhäusern soll es weiterhin geben. Da aber in Zeiten nachlassenden Bierkonsums die Neubauten auf der grünen Wiese seltener werden, verschreibt sich GEA verstärkt der Projektierung von Brauerei-Modernisierungen. Die wichtigsten Verkaufsargumente: Wasser- und Energieeinsparung sowie CO2-Reduzierung.
Das bringt Brauereien unterm Strich Geld, und so hofft GEA weiter auf Aufträge aus der Branche. Wachstumsmärkte lägen in Asien, vor allem in Indien, erklärt Finking. Aber auch in Afrika und Südamerika sieht er gute Chancen für Sudkessel made in Germany.
GEA forscht an der Produktion von Nahrungsmitteln der Zukunft
Wo man Malze fürs Bier kocht, ist der Sprung zur Whisky-Produktion nicht groß. Mit dem Kitzinger Know-how will GEA auch den artverwandten, weltweiten Markt der Whisky- und Gin-Hersteller bedienen. Deren Produktionsanlagen schießen dank der Nachfrage der Konsumenten auf allen Kontinenten wie Pilze aus dem Boden.
Ganz andere Wege geht die Kitzinger GEA-Tochter im Bereich New Food. Gemeint sind damit Lebensmittel, die pflanzlichen Ursprungs sind oder auf die Züchtung und Schlachtung von Tieren verzichten. Der Konzern forscht zum Beispiel schon länger an Laborfleisch, auch als In-vitro- oder kultiviertes Fleisch bezeichnet.

Dabei wird Fleisch im industriellen Maßstab im Labor gezüchtet. Was vor Jahren noch wie Science-Fiction klang, ist längst in der Praxis angekommen. Außerhalb der stark regulierten EU werden solche Produkte bereits erzeugt und verkauft, wie Finking berichtet.
Die Idee hinter dieser alternativen Produktionsmethode: die wachsende Weltbevölkerung sowohl tier- als auch umweltfreundlich mit zusätzlichem Fleisch zu versorgen. Wohlgemerkt: zusätzlich. Ersetzen könne das Laborfleisch die Tierhaltung nicht, betont der Geschäftsführer. Aber solche Erzeugnisse könnten Versorgungslücken schließen.
150 Jahre Firmengeschichte sollen noch lange nicht das Ende sein

Zu dieser Strategie gehört auch die Produktion fermentierter Proteine, also die Herstellung von Eiweiß ohne Tierhaltung. Die Kenntnisse darüber zieht GEA aus seiner Molkerei-Anlagensparte, denn das Prinzip der Fermentierung wird bei der Milch- und Käseherstellung schon lange angewandt. Gebaut werden könnten solche Anlagen in Kitzingen, wo man die dafür nötig Be- und Verarbeitung von Metallen beherrscht. Ein praktisches Beispiel dafür, wie sich die Fusion der Molkerei- und der Brauerei-Anlagensparte in klingender Münze auszahlen könnte.
Bier, Whisky, Laborfleisch, industrielles Protein: Wohin der Weg die GEA auch führen wird, für Finking hat der Standort Kitzingen Zukunft und verdient deshalb weitere Investitionen. Die "Huppmänner", wie die Mitarbeitenden noch heute mit Blick auf die Wurzeln der einstigen Huppmann-Schmiede genannt werden, scheinen auch 150 Jahre nach der Firmengründung noch eine lange Geschichte vor sich zu haben.