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Iphofen
Ein Tiny House als Ferienwohnung? Die Idee lässt in Iphofen die hitzige Fertighaus-Debatte wieder aufflammen
Urlaub im Tiny House – warum nicht? Dann aber bitte in ansprechender Architektur! Warum der Iphöfer Bauausschuss kritisch auf das Projekt im Stadtteil Possenheim blickt.
Es gibt inzwischen Tiny-Häuser in allen Formen und Varianten. Dieses Exemplar steht in Bundorf im Landkreis Haßberge.
Foto: Josef Lamber | Es gibt inzwischen Tiny-Häuser in allen Formen und Varianten. Dieses Exemplar steht in Bundorf im Landkreis Haßberge.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 25.10.2023 02:48 Uhr

Ein Tiny House als Ferienwohnung – diese Idee ist nicht neu. Das Netz ist voll von Beispielen. "Urlaub im Tiny House" oder "Tiny House mit Meerblick", heißt es da. "Tiny Houses revolutionieren den Camping-Urlaub", liest man im Magazin "Stern". In Franken ist der Trend zum Urlaub in den winzigen, oft luxuriös ausgestatteten Häuschen noch nicht angekommen. Jetzt gibt es einen schüchternen Vorstoß aus dem Iphöfer Stadtteil Possenheim, der die Idee des ausgefallenen Ferien-Modells aufgreift.

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Eine Bauvoranfrage lag am Dienstagabend auf dem Tisch des Bauausschusses. Der erste rohe Entwurf also, der in diesem Frühstadium meist dazu dient, die Stimmung im Gremium auszuloten und auf Machbarkeit zu prüfen. Sollte dies die Absicht des Antragstellers gewesen sein, dann kann er aus der kurzen Beratung den Auftrag mitnehmen: In der skizzierten Form wird das Projekt eher nichts. "Wir sollten kommunizieren", fasste Stadtrat Otto Kolesch den Tenor im Ausschuss zusammen, "dass wir so einen Baustil nicht zulassen."

Vor vier Jahren gab es schon Debatten um Fertighäuser

Was Kolesch noch in eine höfliche Floskel packte, klang bei anderen weit weniger diplomatisch. Von einem "oberbayerischen Gartenhaus" war die Rede, von "Baracken-Baustil" gar. Bürgermeister Dieter Lenzer sprach von einem "Holz-Bungalow". Das alles erinnerte im Ansatz an eine Diskussion, die man an dieser Stelle schon einmal vom Zaun brach, Jahre her zwar, aber im Tonfall ähnlich.

Der vormalige Bürgermeister Josef Mend arbeitete sich 2019 an einer gesamten Branche ab, indem er einen kritischen Blick auf die in seinen Augen einfältige Architektur von Fertighäusern warf. Ihm ging es um eine Qualitätsdebatte, als er über "Hundehütten" und "Schuhschachteln" herzog, aber seine Generalkritik verstanden manche als den Versuch einer elitären Abgrenzung: Iphofen halt – da, wo das Kapital wohnt!

Der Fall des als "Fremdenzimmer" geplanten Tiny-Hauses birgt weit weniger architektonischen Sprengstoff, zumal die Sache nicht in Sichtweite der historischen Iphöfer Altstadt aufschlägt, sondern auf einem "Hinterlieger-Grundstück" im ländlich geprägten Stadtteil Possenheim. Dort, so der Bürgermeister, könnte man so ein Tiny House doch mal als eine Art Test laufen lassen.

"Das wirkt nicht ins Ortsbild hinein", sagte er. Vom Zweiten Bürgermeister Hans Brummer und auch von Kolesch kam der Hinweis, dass – Ortsrand hin oder her – die Maßstäbe der Gestaltungssatzung anzulegen seien. "Es gibt durchaus Tiny-Häuser in vernünftigem Stil, die ins Landschaftsbild passen", erklärte Kolesch.

Man kann es sich auch auf kleinstem Raum im Tiny House gemütlich und bequem machen.
Foto: Henning Kaiser, dpa | Man kann es sich auch auf kleinstem Raum im Tiny House gemütlich und bequem machen.

Als Kolesch 1990 sein Amt als Stadtrat antrat, war die Tiny-House-Bewegung in Nordamerika noch nicht geboren. Sie erstand erst Jahre später aus dem Downsizing-Trend, der seinen Ursprung in der Umwelt- und Nachhaltigkeitsszene hat, und schwappte nach der weltweiten Finanzkrise ab 2007 auch nach Europa. "Künftig wird das noch ein größeres Thema werden", prophezeite Kolesch. "Wir werden Linien festlegen müssen."

Noch steht in Iphofen erst ein einziges Tiny House

Ein einziges Tiny House hat es nach Angaben von Petra Krist, der Leiterin der Bauverwaltung, bislang auf Iphöfer Grund geschafft. Es steht am Rande der Altstadt und hält sich laut Krist an die strengen Regeln der Gestaltungssatzung. Von verstärkten Anfragen, einem Boom an Tiny-Häusern gar, hat die Bauamtschefin in Iphofen und den zugehörigen VG-Gemeinden noch nichts gespürt. Bürgermeister Lenzer spricht von "vereinzelten Anfragen". Aber meist habe es am passenden Grundstück gefehlt, auf dem ein solches Mini-Haus hätte entstehen können.

Tiny-Häuser passen auf nahezu jedes Grundstück.
Foto: Patty Varasano | Tiny-Häuser passen auf nahezu jedes Grundstück.

In Possenheim soll der Antragsteller nun Beratung vom Stadtplaner bekommen, wie Formen und Umrisse des Hauses aussehen müssen, damit es sich auf dem Grundstück oberhalb des Friedhofs ins  Bild fügt. Das ist aber nicht der einzige Knackpunkt, denn auch die Erschließung ist nicht gesichert. Erst wenn diese Fragen geklärt sind, will der Ausschuss über das geplante Feriendomizil im Stadtteil entscheiden.

 
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  • Peter Koch
    Tiny Häuser sind ein Krampf sondersgleichen. Durch die Beschränkung der Beite auf 2,55m braucht es möglichst dünne Wände damit es innen noch etwas Platz gibt. Das erfordert natürlich eine Wärmedämmung an der Untergrenze des zulässigen.
    Besser wäre es ein nicht transportables Häuschen mit anständiger Dämmung zu bauen. Das kommt, zumindest auf Dauer, billiger als so eine transportable Notunterkunft.
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