Die Luftballons sind das letzte Überbleibsel einer Party. Ansonsten ist es leer im Volkacher G-Club. Still und sauber liegt die Tanzfläche da, als würde sie sich ausruhen für eine lange Nacht. Geschäftsführer Alex Wölk schneidet den Faden ab, der die Ballons zusammenhält, und sagt: "Es könnte sofort losgehen." Und doch weiß er, dass es noch dauern wird, bis in die letzte Diskothek des Landkreises mit wöchentlichem Betrieb wieder Leute strömen werden. Von der Corona-Pandemie unterkriegen lasse er sich aber nicht: "Im Mai und Juni werden wir nochmal alles streichen, damit alles bereit ist für den Herbst."
Vor genau einem Jahr fand dort noch der Oberstufenfasching der Q11 und Q12 des Egbert-Gymnasiums Münsterschwarzach statt. Den gab es schon, als die Abschlussklassen vor dem Abitur noch Kollegstufe hießen und die verkleideten Schüler ins Galaxy strömten, das sich anschließend Club Mint nannte. Noch älteren Jahrgängen ist die Volkacher Disco als Kuddelmuddel bekannt. Die Namen wechselten, das Konzept blieb: 700 Quadratmeter auf zwei Ebenen und aufgeteilt in verschiedene Bereiche, in denen über 900 Leute tanzen und feiern können. "Super gelaufen" sei dieses Konzept vor der Corona-Pandemie, sagt Alex Wölk. Vor allem seit das Capitol geschlossen habe.
Seit dem Sommer 2018 ist das Capitol, die Disco im Dettelbacher Mainfrankenpark, bereits zu. Da hatte ein ausländischer Investor das Gebäude vom Insolvenzverwalter gekauft und dem langjährigen Betreiber der Diskothek gekündigt. Seitdem tut sich dort nichts mehr. Und wie steht es um die Zukunft des Volkacher G-Clubs, wo doch das Grundstück mitsamt der Disco und dem benachbarten Lokal Mr. Sandman zum Verkauf angeboten wird? Darüber zerbricht sich Wölk nicht den Kopf, das sei ja schon einige Jahre so. Für 1,5 Millionen Euro ist die 4200 Quadratmeter große Fläche zu haben, so viel wollte noch keiner bezahlen. Der Geschäftsführer rechnet nicht mit einem Verkauf, stattdessen werde sogar einiges in den Brandschutz des G-Clubs investiert.
Die Diskothek werde ab Herbst wieder durchstarten, ist Wölk überzeugt. Vielleicht gehe es erst einmal mit weniger Besuchern los, doch will er das partyhungrige Volk dann freitags und samstags begrüßen. Er selbst überbrückt die lange Durststrecke in Kurzarbeit, die 450-Euro-Kräfte der Disco habe er alle bei Edeka Kolb in Volkach untergebracht. Für die laufenden Kosten habe man immerhin die Überbrückungshilfe I im Juli bekommen, auf das versprochene Geld vom November und Dezember warte man noch.
Strohofer Geiselwind: Verluste vermeiden
Auch in der MusicHall und in der Eventhalle in Geiselwind herrscht seit ziemlich genau einem Jahr Ruhe. Dort, wo vor Corona annähernd jedes Wochenende die Musik spielte, live von Bands oder von Disc-Jockeys. Wo Festivals und Feten, wie das Bike & Music Weekend, das Trucker & Country Festival, die Traumsafari und andere großes Publikum anlockten.
Ob die Wochenenden mit Musik und großem Rahmenprogramm, die jedes Jahr Tausende Besucher nach Geiselwind zogen, nach der Corona-Pause 2021 wieder stattfinden können, wann es in der MusicHall überhaupt wieder weitergeht, vermag Moritz Strohofer aktuell nicht abzuschätzen. „Wir stellen uns darauf ein, dass es im Frühjahr nicht geht“, ist er nicht allzu optimistisch, was die größeren Veranstaltungen betrifft. „Wir planen im Moment relativ wenig, nur das Notwendigste. Alles andere macht auch im Moment keinen Sinn.“
Derzeit gehe es in erster Linie darum, Verluste zu vermeiden, sagt Strohofer. Der Familienbetrieb falle nämlich nicht in das staatliche Hilfsprogramm der November- und Dezemberhilfe. Das gesamte Unternehmen gelte als ein Verbund, in dem alle Bereiche eingegliedert seien, deswegen gehe man hier leer aus. Ob die Überbrückungshilfe III greifen wird, werde gerade von den Behörden überprüft.
Wieder spielen würde die Musik im Strohofer laut der Internetseite bereits Mitte März mit dem „Roadhouse Festival“, bei dem DJs elektronische Musik auflegen. Das, wie auch Live-Musik, könne man auch kurzfristig mit wenigen Tagen Vorlauf starten. Dazu müssten jedoch die entsprechenden gesetzlichen Lockerungen erfolgen, sagt Moritz Strohofer. Wie schwierig die Situation im Moment ist, schildert er auf der Internetseite: „Wir gehen davon aus, dass es 2021 nicht stattfinden kann. Wir bereiten uns derzeit darauf vor, das Festival um ein Jahr zu verschieben, auf den Samstag, 19. März 2022.“ Weiter heißt es dort: „Das ist eine Vorwarnung und noch nicht die offizielle Absage für 2021." Sobald eine Verlegung erfolge, werde man die Fans informieren.
Tenne Altenschönbach: Die Fans vermissen sie
Die Tenne in Altenschönbach ist für Kristian Kienberger längst mehr als ein Hobby geworden. Hauptsächlich Rock und Oldies liefen in der urigen Disco, deren Charme im ehemaligen Kellergewölbe gerade das Publikum über 30 Jahre anlockte. Einmal im Monat hatte die Tenne im Prichsenstädter Stadtteil geöffnet, vor Corona zum letzten Mal im März 2020.
Seitdem ist dort dicht. „Auf das eine Wochenende im Monat haben viele immer sehnsüchtig gewartet. Es gibt etliche, die es vermissen“, weiß Kienberger aus vielen Gesprächen mit den Fans. Eine Internet-Gruppe gibt es, in der öfters mit etwas Wehmut diskutiert werde. Zum letzten Mal war er selbst im Mai mal drinnen, um nach dem Rechten zu sehen. „Ich habe im März zugemacht, dann haben wir die restlichen Getränke verkauft oder verschenkt, das war es“, erzählt er.
Ob die Musikanlage dort bald wieder laufen wird? „Ehrlich gesagt, sehe ich da schwarz. Ich glaube, 2021 wird es bei uns keine Disco geben. Wir haben ja normalerweise eh von Mai bis September Sommerpause. Was dann ist, muss man abwarten.“ Fast ein Jahr ist mittlerweile geschlossen, das sei schon ein Kostenfaktor, allein die Nebenkosten fordern. Zum Glück habe er die staatlichen Hilfen für November und Dezember bekommen, damit konnten zumindest die Kosten für die Versicherungen gedeckt werden.
Was nach Corona kommt, wisse er natürlich nicht. Großartig umbauen könne man das alte, verwinkelte Anwesen nicht, das rentiere sich nicht. Selbst wenn eine aufwändige Lüftung installiert werden müsste, oder künftig ähnliche Auflagen kämen, sei das wohl nicht zu stemmen. So weit mag Kienberger nicht denken, dafür steckt zu viel Herzblut in dem Ganzen. Seit dem Jahr 2007 hat er die urige Disco, bis 2009 als Pächter. Schließlich erwarb er im Jahr 2011 das zum Verkauf stehende gesamte Anwesen.
Dschungel Volkach: Die Zukunft ist fraglich
Fehlt für den vollständigen Blick auf die Musiklokale des Landkreises Kitzingen fehlt noch der auf den Volkacher "Dschungel", der Bar an der Sommeracher Straße Richtung Volkacher Altstadt. Noch im Sommer hatte Inhaberin Katja Ruck bei einer Fotoreportage dieser Redaktion mitgemacht und über die wirtschaftlich schwierige Lage ihres ebenso kleinen wie bei alternativen Bands beliebten Lokals gesprochen. Doch für den aktuellen Artikel war sie leider nicht zu erreichen. Bleibt die Frage: Wird aus dem Veranstaltungslokal mit dem kleinen Biergarten nach der langen Stille wieder Musik tönen?