Ist das wirklich Open Air 2.0? Ist das Konzert? Ist das Party? Vielleicht. Na ja. Auf alle Fälle. Drei Fragen, drei Antworten. Seit Donnerstagabend wissen Livemusik-Fans, dass diese in Corona-Zeiten anders sein muss, und trotzdem Spaß macht: als Auto-Konzert. Rund 300 Menschen in 100 Autos – mehr sind nicht zugelassen – feiern die fränkischen Deutschrocker von Viva in Geiselwind (Lkr. Kitzingen) mit Applaus, vor allem aber mit Blinken und Hupen.
Viva in den Charts vor Justin Bieber
Die Geschichte der Musik ist schnell erzählt: Viva spielen Deutschrock. Seit zwei Jahren schreibt die ehemals reine Coverband selbst Songs, die erste eigene Platte ("Lebenslang") findet sich aktuell auf Platz 25 der deutschen Album-Charts. "Noch vor Justin Bieber", feixt Sänger Flo Rittweger.
Der genießt es, endlich wieder auf der Bühne zu stehen. Autoarena nennt sich das Festival, das an über 20 Orten Station macht, insgesamt vier Tage bis Sonntag auf dem Eventgelände Strohofer. Jeden Abend ein anderes Programm – Viva zum Auftakt. "Es war ein tolles Erlebnis, aber wir hoffen, dass der Scheiß bald vorbei ist und wir wieder mit euch saufen können", sagt Rittweger nach über zwei Stunden schweißtreibendem Auftritt. Aber auch: "So eine Art Konzert fühlt sich schon an wie aus einer anderen Welt."
Den Fans ist es erst einmal egal. Endlich feiern. Statt Pogo tanzen auf den Sitzen herumturnen, bis das Auto wackelt. Einige winden sich durchs Seitenfenster. Andere schauen zum Schiebedach heraus. Nur Cabrios müssen geschlossen bleiben und die mit ausreichend Abstand positionierten Autos dürfen, außer zum Toilettengang, nicht verlassen werden. "Leute, wir müssen uns zusammenreißen", mahnt Rittweger, wenn ein paar Fans übermütig werden – und die zeigen äußerst diszipliniert Verantwortung. Auch, weil Mitarbeiter des Veranstalters die Wenigen, die sich auf Autodach oder Motorhaube gesetzt oder neben die Tür gestellt haben, umgehend (und erfolgreich) bittet, wieder auf die Sitze zurückzukehren.
Und, weil Rittweger appelliert: "Viele Leute haben einen Brass auf die Politik. Aber das Landratsamt hat das hier erst ermöglicht." Da herkömmliche Konzerte aktuell noch nicht erlaubt sind, ab 15. Juni Open Airs mit maximal 100 sowie indoor mit 50 Menschen, hat sich Veranstalter Dominik von Falkenhausen ein alternatives Konzept ausgedacht: "Ziel ist es, in diesen Zeiten den Gästen Gänsehaut auf die Arme zu zaubern. Lange musste man daheim bleiben, jetzt haben die Menschen wieder Lust etwas zu erleben, wenn auch eingeschränkt."
Sound aus der eigenen Anlage
Eingeschränkt, das heißt auch: Nicht vom Bierstand Getränke holen, sondern warten, bis eine quietschgelben Servicekraft mit dem Einkaufswagen vorbei kommt und am Autofenster die Bestellung prompt ausgibt - mit Mundschutz, beidseitig. Im Auto sind zwei Menschen aus zwei Haushalten, oder bis zu vier aus einem erlaubt. Weil es draußen an der Bühne statt riesiger Boxentürme nur Schmalspur-Beschallung hat, wird die Frequenz 93,7 MHz ausgegeben: Darüber können die Fans den Sound in die eigene, wummernde Anlage zaubern.
Am Ende ist es ein für den Moment tolles Gemeinschaftserlebnis, beim einsetzenden Regen auch ein trockenes. Aber auf Dauer funktioniert ein Konzert mit Autos eben nicht so intensiv wie beispielsweise Kino.
Am Wochenende geht das Programm weiter: Am Samstag gibt es vier Shows (16 Uhr Malle-Party, 19 Uhr 90er Party mit Captain Jack, 22 Uhr Autodisco-Houseparty, 1 Uhr Hardstyle Late-Night-Show), am Sonntag drei (14 Uhr Bulldog-Party ausschließlich für Traktoren, 17 Uhr Latin-Music-Liveshow, 20 Uhr Metal-Konzert mit Audio Gun und Pyro-Show).