Einen Oscar gab es auch schon. 2002 bekam der Autohof Strohofer einen "GACMF-Award", den "Oscar der Countrymusik", verliehen. Damit huldigte die Szene einem ihrer Dauerbrenner: Immer an Pfingsten treffen sich seit 1981 die bekanntesten Stars der Countrymusik in Geiselwind. Das Trucker- und Countryfestival wurde schnell zur Institution. Europaweit. Pfingsten sind Feiertage der Szene. Freiheit, Abenteuer und weitläufige Wiesen direkt am Veranstaltungsgelände. Mit bis zu 40000 Besuchern.
Vor allem nach der Wende wurde die Veranstaltung geradezu überrannt. Dazu die, die dieses Gefühl perfekt bedienen: Tom Astor gehört ebenso zu den Stammgästen wie Truck Stop und Blue Ridge Mountain. Dazu Show-Trucks, mit Airbrush-Lackierungen und chromblitzenden Aufbauten. Und eine Runde Bullriding auf dem Elektro-Bullen gehörte selbstverständlich auch dazu.
Auch für dieses Jahr war alles vorbereitet: Anfragen von über 1000 Lkws waren bearbeitet, Reservierungsnummern und Plätze vergeben. Das Showprogramm stand. Dann die Vollbremsung: Keine Großveranstaltungen bis Endes August. Damit stand fest: Das 39. Festival fällt ersatzlos aus. Es wird übersprungen, um ein Jahr später das ebenfalls schon geplante 40. Jubiläumstreffen abhalten zu können. "Alles andere wäre zu aufwändig gewesen", betont Ruth Strohofer. Schon aus Kostengründen: "Die Marketingausgaben und Vorproduktion belaufen sich im hohen fünfstelligem Bereich." Da plant man nicht mal eben so um.
Eine Herzensangelegenheit
Pfingsten ohne Trucker - irgendwie unvorstellbar. Für Firmengründer Toni Strohofer war das Festival für die Kapitäne der Landstraße eine Herzensangelegenheit gewesen. Dass die Familie nach dem Tod des Seniorchefs die Tradition aufrecht erhalten würde, stand außer Frage. "Für uns ist es so etwas wie die fünfte Jahreszeit", betont Ruth Strohofer den Stellenwert. Sie kann sich noch an die Anfänge erinnern: Sie sieht sich noch als 14-Jährige mit ihrer Familie dastehen und winken, wenn die Truker sich nach dem Fest wieder auf den Weg machten. Lange ist es her, selbst Tom Astor trat damals noch nicht unter seinem Künstlernamen auf, sondern unter seinem richtigen Namen Anton Bräutigam.
Der Ausfall des Festivals ist für die Betreiberfamilie dabei "eine große Enttäuschung", gleichzeitig aber auch nur ein Teil des Problems. Fast alles hatte zwischenzeitlich geschlossen, von dem 24-Stunden-Betrieb war nicht mehr viel übrig. Auch die Wochenenden, an denen inzwischen fast immer irgend ein Open-Air oder Festival stattfindet, fallen Corona zum Opfer: Traumsafari, Streetmag Show mit Foodtruck Festival & Tattoo Convention, Deutsche Dartmeisterschaften, Minicooper Treffen, Bike-and-Music-Weekend - alles weg. Ein halbes Jahr das blanke Nichts.
Vieles wie weggeblasen
Von einem Dauer-Vergnügen-Rasthof blieb genau genommen zwischendurch gerade einmal Tankstelle und Werkstatt übrig. Der Rest: wie weggeblasen. Zuletzt gab es immerhin einige Lichtblicke: Gastronomie und Hotel konnte wieder - beschränkt - loslegen, ebenso die Autobahnkirche.
Gleichzeitig gab es im Hintergrund bei den Planern enorme Arbeit zu leisten: Allen Partner, Lieferanten und Künstlern musste abgesagt, Verträge gekündigt werden. Die Webseiten und sozialen Medien galt es ständig zu aktualisieren. Der Ticketshops musste geschlossen werden und neu sortiert werden. Wie könnte der Herbst 2020 aussehen? Noch besteht hier Hoffnung. "Wir planen weiter mit Events und auch mit den Herbst- und Winterfestivals." Und wie das Frühjahr 2021? Kann das Monsterfestival, Christmas Bash stattfinden oder unter welchen Bedingungen. Das internationale Mini Cooper Treffen ist von Juni 2020 gleich mal ins Jahr 2022 verschoben worden.
Es sind Monate, in denen eines besonders gilt: aufmerksam bleiben, das Beste aus der Krise machen. So wurde im Restaurant auf ToGo umgestellt, um den Berufskraftfahrern warmes Essen anbieten zu können. Neue Biergärten wurden aus dem Boden gestampft. Im Hotel wurden Hygiene-Zimmer angeboten: Mit einem kontaktlosen Zugang von außen.
Auch wenn es viele Dinge wie Kurzarbeit bisher in dem Unternehmen nicht gegeben hatte, ist man doch krisenerprobt: Im Jahr 2000 gab es durch die Einführung der Ökosteuer 50 Prozent Umsatzverlust, 2008 folgte die Finanzkrise ebenfalls mit sehr großen Einbußen.
Die Zuversicht ist dennoch groß: Neue Konzepte wie ein Autokino werden umgesetzt. Der Kletterwald kann wieder öffnen. Wald und Wiesenwege laden zum Spazieren ein. Am Montag findet in der Mariengrotte ein kleiner Gottesdienst statt. Und: Die Familie hält zusammen. Mit Isabell und Moritz Strohofer steigt gerade die dritte Generation in das Unternehmen als Gesellschafter und Geschäftsführer ein. Und auch wenn Pfingsten diesmal ohne Trubel auskommen muss, wird auch das in Geiselwind inzwischen angenommen, wie Ruth Strohofer betont: "Es wird beschaulich, anders als sonst - aber mit Sicherheit auch sehr schön und mit anderen Vorzügen!"