
Da kommt was auf Haus- und Grundbesitzer zu: Die neuen Grundsteuer-Bescheide werden wohl bis Jahresende verschickt werden. Und besonders für die Bevölkerung auf dem Lande zeichnen sich deutliche Steuererhöhungen ab.
Als eine der ersten Kommunen im Landkreis Kitzingen hat die Große Kreisstadt nun festgelegt, in welcher Höhe sie Bürgerinnen und Bürger zur Kasse bitten wird, die Haus und Hof besitzen. Das fordert der Gesetzgeber nach einem entsprechenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Gravierende Änderungen zeichnen sich ab. Auf Anfrage der Redaktion erläutert Oberbürgermeister Stefan Güntner zusammen mit dem städtischen Steuerfachmann Stefan Münch, wohin die Reise geht.
Vorweg: Das Grundsteuer-Aufkommen wird deutlich erhöht. Derzeit nimmt die Stadt jährlich etwa 2,6 Millionen Euro ein; nach der Grundsteuer-Änderung werden es etwa 3,5 Millionen Euro sein, also eine Steigerung um rund 35 Prozent. Und das, obwohl die Stadt den Hebesatz sogar reduziert. Der Stadtrat stimmte am Dienstag – nur gegen Klaus Christof (KIK) – für eine Senkung von 315 auf 280 Punkte bei den Grundsteuern A und B.
Grundsteuer wird künftig nach Grundstücks- und Wohnfläche berechnet
Der Haken aus Haus- und Grundbesitzer-Sicht: Die Grundsteuer wird künftig nach Wohn-, Nutz- und Grundstücksfläche berechnet und das wird in unserer Region meist teurer. Die Bundesländer hatten die Wahl, welches Verfahren sie für die Steuererhebung verwenden wollen. Und der CSU/FW-regierte Freistaat hat sich für das sogenannte Flächenmodell entschieden. Übrigens sehr zum Leidwesen des CSU-Oberbürgermeisters Güntner, der von einem "knallharten Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung" spricht und mit dem Flächenmodell "nicht glücklich" ist.
Es bedeutet, dass die Lage eines Grundstücks oder das Alter eines Hauses keine Rolle mehr spielen, sondern nur noch seine Größe. Ein Grundstück am Münchner Stachus wird demnach nach denselben Regeln bewertet wie eines in Kitzingen am Eselsberg. Die Tendenz: Stadtbewohner zahlen weniger, Landbewohner zahlen mehr.

Auch in Kitzingen wird das Haus oder Grundstück in der Kernstadt künftig günstiger eingestuft werden. In den dörflichen Stadtteilen wird es dagegen teurer werden, weil dort die oft großen Flächen ins Gewicht fallen.
Zwar hätte die Stadtverwaltung den Empfehlungen des Gesetzgebers folgen und die neue Steuer aufkommensneutral erheben können. Sprich: Stadtverwaltung und Stadtrat hätten dann einen noch niedrigeren Hebesatz wählen müssen. Das aber, erklärt Oberbürgermeister Güntner der Redaktion, habe er dem Rat erst gar nicht vorgeschlagen.
OB Güntner spricht klar für eine Steuererhöhung in Kitzingen aus
Seine Gründe: Die Verwaltung habe teils erhebliche Abweichungen in den Angaben zum Grundvermögen nach altem und nach neuem Steuerrecht gefunden, weil Erklärungen fehlen, unvollständig oder falsch sind. Diese Unwägbarkeiten müssen geklärt werden. Auch Widersprüche gegen die neuen Bescheide sind möglich. Damit die Stadt im Zuge dessen auf keinen Fall weniger Steuern einnimmt als bisher, hat die Verwaltung beim Hebesatz ein finanzielles Polster eingeplant.
Außerdem sagt der OB auf Nachfrage klipp und klar: Die Stadt habe seit 2004 keine Erhöhung der Grundsteuer vorgenommen. So nutze man nun die neue Besteuerungsgrundlage auch für eine Steigerung des Grundsteueraufkommens um geschätzt 900.000 Euro. "Über kurz oder lang hätten wir die Steuer sowieso anheben müssen", sagt Güntner mit Blick auf andere Kommunen.
Tatsächlich zeigt sich, dass Kitzingen bisher eher moderat zulangt. Das gilt im Vergleich mit dem Landkreis, mit Unterfranken und auch mit ganz Bayern. Der aktuell gültige Hebesatz von 315 liegt jeweils im unteren Drittel, erklärt der OB. "Wir müssen deshalb kein schlechtes Gewissen haben", sagt Güntner. "Wir sind weit davon entfernt, uns die Taschen vollmachen zu wollen."
So rechtfertigt Güntner den kommenden stärkeren Griff in die Taschen der Betroffenen. Und auch wenn im Stadtrat einzelne Redner eine solche Steuererhöhung durch die Hintertür ausschließen wollten: Schließlich stimmte das Gremium doch zu.
Ausgeblendet hat der Rat auch die Härtefälle, wie sie die Verwaltung selbst schildert: Ein Einfamilienhaus-Besitzer im Ortskern eines Stadtteils, der bisher mit einem Steuer-Messbetrag von 4,12 Euro bewertet wurde, erhält nun einen neuen Messbetrag von 56,08 – also eine 13-fache Steigerung. In absoluten Zahlen: Bei einem Hebesatz von 315 Punkten muss der Hausbesitzer heute rund 13 Euro Grundsteuer pro Jahr zahlen. Nach der Hebesatz-Senkung auf 280 Punkte werden daraus 157 Euro – wegen der stärken Gewichtung der Grundstücks- und Wohnfläche im Messbetrag.
Selbst Härtefälle können nicht mit einem Steuernachlass rechnen
Könnte es für Härtefälle Steuernachlässe geben? Nein, sagt der OB. Der Grund: Um als Härtefall eingestuft zu werden, müsste es sich um einen Einzelfall handeln. Doch Einfamilienhaus-Besitzer im Ortskern eines Stadtteils sind nicht die Ausnahme. Daher müsste die Stadt, würde sie einem eine Steuererleichterung gewähren, auch allen anderen ähnlichen Fällen das Gleiche zubilligen. Für Güntner hätte das mit einem Einzel- oder Härtefall nichts mehr zu tun. Übrigens: Auch wer finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, wird von der Grundsteuer nicht ausgenommen.
Fazit: Auf die ländliche Bevölkerung mit teils recht großen Grundstücken kommen jetzt reihenweise Steuererhöhungen zu, sicherlich nicht nur in der Stadt Kitzingen. Nachlässe von 25 Prozent gewährt das Finanzamt zwar schon vorab, aber nur für landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Flächen, für Sozialwohnungen oder denkmalgeschützte Gebäude.
Die Große Kreisstadt will die neuen Steuerbescheide noch heuer verschicken, denn die ersten Grundsteuer-Beiträge sind am 15. Februar 2025 fällig. Insgesamt rund 9300 Bescheide gehen bis Jahresende raus. Sicherheitshalber sollten Betroffene ein finanzielles Polster einplanen und den Messbetrag-Bescheid vom Finanzamt genau prüfen.