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Kitzingen
Die Kitzinger Straßen und Gassen verdrecken immer mehr: Kommt jetzt der "Müll-Cent" für die Innenstadt?
Sauberkeit könnte in Kitzingens guter Stube künftig ihren Preis haben. Der OB hat gerade eine "Sonderabgabe Müll" ins Gespräch gebracht. Zahlen sollen sie die Anwohner.
Eine Stadt vermüllt: Die Schmuddelecke am Kitzinger Königsplatz ist nur eine von vielen Stellen, an denen sich immer wieder Abfall türmt.
Foto: Eike Lenz | Eine Stadt vermüllt: Die Schmuddelecke am Kitzinger Königsplatz ist nur eine von vielen Stellen, an denen sich immer wieder Abfall türmt.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 21.10.2024 02:34 Uhr

Gudrun Kittel ist in der Kitzinger Innenstadt zu Hause. Jahrzehntelang führte sie mit ihrem Mann die Lamm-Apotheke am Marktplatz. Jetzt ist sie mit ihrem Latein am Ende. Aus der Frage, die sie am Abend der Bürgerversammlung in der Alten Synagoge stellt, spricht Resignation: "Warum machen wir unsere Stadt so kaputt?"

Kittel, einst Stadträtin, heute eine ältere Dame mit wachem Geist, sorgt sich ernsthaft um Kitzingen, und sie ist nicht allein. Dass die Stadt verdreckt, dass der Müll inzwischen überall herumfliegt und – schlimmer noch – zum Teil über Wochen liegen bleibt, ist eine Entwicklung, die von vielen beklagt wird. Wer das nicht sehe, müsse blind sein, sagt Kittel. Und sie sagt auch: "Das tut uns allen weh, Herr Oberbürgermeister!"

Müllkippe Obere Bachgasse: Ausrangierte Fahrräder, leere Flaschen und sonstiger Dreck gammeln auf einem Parkplatz vor sich hin.
Foto: Eike Lenz | Müllkippe Obere Bachgasse: Ausrangierte Fahrräder, leere Flaschen und sonstiger Dreck gammeln auf einem Parkplatz vor sich hin.

Es gibt inzwischen Ranglisten mit den "dreckigsten Stellen" in der Stadt, es gibt Bilder in den sozialen Medien, und es vergeht kaum eine Woche, in der sich nicht irgendwo ein neuer Müllberg türmt. Unter einem wenige Tage alten Foto im Internet mit berstenden Plastiksäcken und ausgedientem Mobiliar hat einer geschrieben: "So etwas sehen wir normalerweise in den Ghettos von Ägypten, nur, das ist Kitzingen in der Siedlung."

Der OB kennt solche Bilder, und er kennt auch die Fragen, die dabei immer mitschwingen: Was tut die Stadt eigentlich gegen solche Auswüchse?

Was tun mit den Sofas und Matratzen im Straßenraum?

Stefan Güntner holt an diesem Abend zu einem Exkurs über die Wegwerfgesellschaft aus. "Es hat sich eingebürgert, dass es völlig okay ist, irgendwo seine alten Matratzen hinzustellen." Da müsse er bloß ein paar Meter die Alte Synagoge herunterlaufen. Dort stehe seit anderthalb Wochen ein speckiges Sofa vor einem Abbruchhaus, und wenn die Stadt den Verursacher nicht auf frischer Tat erwische, habe sie kaum eine Handhabe.

Immer öfter bleiben Sofas und Matratzen auf dem Gehsteig stehen oder Säcke mit Hausmüll neben öffentlichen Abfalleimern liegen – nicht, weil Mitarbeiter der Stadtreinigung oder des Bauhofs sie übersehen würden, sondern aus Prinzip. "Wenn ich jedes Mal sofort den Bauhof losschicke", erklärt der OB die Strategie, "werden die Leute doch erst recht animiert. Dann garantiere ich Ihnen, dass am nächsten Tag das nächste Teil dort steht."

Müllkippe Landwehrplatz: Seit anderthalb Wochen steht dieses alte Sofa auf dem Gehsteig gegenüber der Polizei.
Foto: Frank Weichhan | Müllkippe Landwehrplatz: Seit anderthalb Wochen steht dieses alte Sofa auf dem Gehsteig gegenüber der Polizei.

Im Rathaus gab es neulich eine Art Müll-Gipfel. Das Ergebnis, auf den Punkt gebracht: Die Innenstadt wird aus dem Geltungsbereich der allgemeinen Reinigungssatzung ausgenommen, sie bekommt eine eigene Satzung und eigene Stadtreiniger, die eigens abgerechnet werden. Bislang sei das nur eine "Idee". Der OB spricht von einem "Ansatz, den wir ernsthaft diskutieren". Was heute schon klar ist: Die Kosten würden auf alle Innenstadt-Bewohner umgelegt. Den "Müll-Cent" müssten also auch die bezahlen, die sich an die Regeln halten.

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Umgekehrt gebe es dann "keine Ausreden mehr", so Güntner. Dann könne man die Stadt getrost für die Sauberkeit in Kitzingens "guter Stube" verantwortlich machen. Im nächsten Schritt will man im Rathaus die Kosten kalkulieren. "Rechtlich", so machte Güntner deutlich, "wäre der Weg gangbar. Das haben wir schon klären lassen." Protest regt sich an diesem Abend nicht unter den 14 Zuhörenden im Saal.

Sind mehr Mülleimer in der Innenstadt die Lösung?

Fürs Erste würden es auch einfach mehr Mülleimer in der Innenstadt tun, meint Gudrun Kittel. Das sei nicht der Punkt, entgegnet der OB, weil es schon viele Papierkörbe gebe und die Leute entweder ihren Hausmüll hineinstopften oder ihr Zeug einfach nebenhin fallen ließen. Kittel widerspricht und sagt, andere Städte bekämen es doch auch hin. "Iphofen ist doch auch sauber." Ja, erwidert Güntner, aber was die Bevölkerungsstruktur angeht, unterscheide sich Iphofen "grundlegend" von der Stadt Kitzingen. Die zwei Vollzeit-Stadtreiniger, die hier täglich um halb sechs ihre Arbeit aufnähmen, seien voll ausgelastet.

Müllkippe Kaiserstraße: Braucht es mehr Papierkörbe wie diesen direkt am Kitzinger Rathaus, der nicht selten überquillt.
Foto: Eike Lenz | Müllkippe Kaiserstraße: Braucht es mehr Papierkörbe wie diesen direkt am Kitzinger Rathaus, der nicht selten überquillt.

Es ist ein kleiner Schlagabtausch, den sich Gudrun Kittel an diesem Abend mit den Herren auf dem Podium liefert. Links neben dem OB sitzt Jens Pauluhn aus dem Tiefbauamt, der eine ziemlich eigenwillige Meinung vertritt. Kittel hat erzählt, dass sie auf dem Weg durch die Stadt immer wieder weggeworfenen Abfall aufsammle und entsorge, das könnten die Mitarbeiter des Bauhofs bei ihrer Tour doch auch tun.

Pauluhn bemerkt, das sei nicht deren Job. "Ein Hauseigentümer oder Mieter lässt seinen Müll herumliegen und mein Mitarbeiter soll ihn aufheben? Damit tue ich mir schwer." Das will Martina Müller, die als Zuhörerin gekommen ist, so nicht stehen lassen. "Von jemandem, der bei der Stadt mit Steuergeld bezahlt wird, kann ich das schon verlangen."

 
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Kommentare
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  • Irene Durak
    Was soll der "Müll -Cent" bringen? Diejenigen die ihren Sperrmüll vor die Türe stellen, beschäftigen sich weder mit dem Thema Mülltrennung noch mit der kommunalen Abgabenordnung. Und selbst wenn mehr Kontrollen eingeführt werden, dann bringen sie ihren Müll halt an den Stadtrand, wo es keine Sau juckt...
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  • Marc Stürmer
    Mit anderen Worten gewisse Leute haben keine Respekt vor dem Gemeinwesen, und die werden immer mehr.

    Solche Leute lernen es nur, wenn es ans Eingemachte geht, also schlage ich vor für die Vermüllung von Straßen Strafen wie in Singapur einzuführen und auch einzutreiben. Natürlich braucht es dafür Personal, aber es wird sicherlich Erfolge zeigen, wenn die ersten Strafen ausgesprochen wurden. Sowas spricht sich sehr schnell herum.
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  • Norbert Meyer
    Richtig ! Mit "Dummen" kann man nur mit dem Stock reden.
    Wie in Singapur : 500 Eu für jed. Kippe u. jed. Kaugummi !
    Nur so ist der Lerneffekt garantiert 👍🏽
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  • Thomas Hemmerich
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Rita Orf
    Die Kitzinger Innenstadt verkommt wirklich immer mehr. Ich bin dankbar, dass ich dort nicht leben muss, sondern mich nur für kurze Erledigungen dort aufhalte. Das Ganze ist ziemlich schade, denn grundsätzlich hat die Innenstadt einiges an Potential.

    Das mit der "grundlegend" anderen Bevölkerungsstruktur Kitzingens im Vergleich zu Iphofen, hat der OB gut formuliert. Vlt. sollte man aber eher da auch nochmal ansetzen, was die Müllentsorgung betrifft bevor man eine Sonderabgabe einführt.

    Wurden (oder werden vlt. noch?) vor Jahren nicht Handzettel mit Informationen zur Müllentsorgung in mehreren Sprachen in den betroffenen Bereichen verteilt? Teilweise wurde es da dann doch besser, v. a. mit den gelben Säcken, oder kam mir das nur so vor, weil ich eben nicht oft in der Stadt bin?

    Ich denke aber, dass hier schon viel versucht wurde und der "Müll-Cent" wegen des verantwortungslosen Verhaltens Mancher für Alle in der Innenstadt kommt bzw. kommen muss.
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