
Dort, wo sich nach Sturzregen und Gewitterschauern teppichgroße Pfützen auftun und knöcheltiefe Schlammlöcher klaffen, wo in einer Ecke ein Haufen mit Bauabfällen und einem alten Feuerlöscher die Blicke von Passanten fängt, sollten eigentlich längst Pflaster und Wege angelegt sein. Ein Regenbogen spannt sich am Montagabend über den 518-Seelen-Ort Nenzenheim, am Friedhof macht eine Frau ein Grab, und direkt gegenüber trifft sich der Bauausschuss, ein Gremium von zehn Stadträten, zum Baustellenbesuch.
Vorne am Zaun empfängt sie der Architekt Mario Gottal. Er hat wenig gute Nachrichten – wieder mal. 28 Wochen ist das von ihm geleitete Projekt in Verzug. Im Mai sollten hier, am Dreiseithof, die Mieterinnen und Mieter einziehen, aber daraus wurde nichts. Auch nicht im Juni, Juli oder August. Man übertreibt nicht, wenn man sagt: Diese Baustelle ist für die Stadt Iphofen so etwas wie ein bisschen Horrorshow geworden.
Dass es aktuell auf vielen Baustellen hakt und klemmt, ist nichts Neues. Aber hier, in der Nenzenheimer Friedhofstraße, scheinen sich Pleiten, Pech und Pannen zu einer unheilvollen Mischung potenziert zu haben. Drei Häuser, ein Projekt, das war 2018 die Idee der Stadt, als es darum ging, günstigen Wohnraum zu schaffen. Ein historisches Gebäude blieb erhalten, die anderen beiden sollten neu entstehen. Aber schon früh gingen die Probleme los.
Die Probleme begannen schon beim Abbruch der Gebäude
Beim Abbruch der alten landwirtschaftlichen Gebäude wurde festgestellt, dass man die Dimension der Güllegrube unterschätzt hatte, sie war größer als gedacht und teils noch mit stinkender Jauche gefüllt. Sechs Wochen Zeit gingen verloren. Bei den Baggerarbeiten stellte sich heraus, dass die Erde mit Asbest verseucht ist. Sie musste aufwändig abgetragen und entsorgt werden.

Viele nachwachsende Rohstoffe sollten bei den Neubauten zum Einsatz kommen, aber dann wurde das Holz knapp und teuer. Massivholzelemente waren eine Zeit lang gar nicht lieferbar, Stadt und Architekt mussten umplanen. Sie stutzten den Anteil von Holz an dem Projekt aufs Nötigste und Machbare zusammen. Als es los ging, war man mit 15 Wochen in Verzug. Mit dem Estrich erging es der Stadt wie mit einem tiefen Sumpf: Er war einfach nicht trocken zu kriegen, obwohl die Firma sogar spezielle Heizlüfter im Einsatz hatte. Wieder vier Wochen Zeitverlust.
Der Maler, so hieß es, kam nicht zur verabredeten Zeit, weil seine Leute mit Corona ausfielen, beim Schlosser kam das Material nicht bei, und als die Maler wieder fit waren, stand plötzlich der Chef auf der Matte, mit "hochrotem Kopf", wie Architekt Gottal sagte. "Er sagte, er braucht 20 Prozent mehr Geld, sonst fängt er gar nicht erst an." Begründung: Tariferhöhungen, Kostensteigerungen und so weiter.
Wenn man heute auf die Baustelle kommt, sieht es dort immer noch übel aus. Stadträte wie Andreas Müller sagen, das gehe gar nicht, so könne sich die Stadt nicht präsentieren. "Man hätte da ja mal ein bisschen Schotter hinwerfen und befestigen können." Ja, sagt Bauamtsleiter Matthias Kurth, das ziehe sich halt wie ein roter Faden durch das Projekt. Kurth musste am Montag Überschuhe austeilen, die sich die Damen und Herren Stadträte über ihre Sohlen streifen sollten, als sie die im Inneren schon weit fortgeschrittenen Wohnungen zur Besichtigung betraten. Viele zogen sich dann lieber die Schuhe aus.
Und dann verstarb auch noch der Bauleiter einer Firma
Dass man hier draußen im Gelände nicht schon viel weiter sei – tja, meinte der Architekt, tragisch. Denn just als die beauftragte Firma die Außenanlagen herstellen sollte, sei der Bauleiter plötzlich verstorben. Dort müsse man sich jetzt erst einmal neu orientieren, was bedeutet, dass sich vor November hier gar nichts tut. Es sei "jedes Mal was Neues", was die Stadt auf die Probe und vor Probleme stelle, so Bürgermeister Dieter Lenzer.

Fast vergessen, dass auch bei der Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes unerwartete Probleme auftraten. Zur Straßenseite hin fiel das mit Fachwerk verzierte Gebäude um 13 Zentimeter ab, es musste aufwändig angehoben werden. Nebenbei stellte man fest, dass es vor 30 oder 40 Jahren im Dachstuhl gebrannt haben muss. Der Giebel war seither nicht mehr mit dem Dachstuhl verbunden und im Lauf der Jahre um acht Zentimeter nach außen gekippt; auch die mittlere Decke hing um mehrere Zentimeter durch. "Statisch nacharbeiten" mussten Architekt und Handwerker.
Bei all diesem Ärger muss es fast verwundern, dass das Ganze nur um 17 Prozent teurer wurde. Aus ursprünglich zwei Millionen Euro, wie man im Februar 2020 geschätzt hatte, werden nun voraussichtlich 2,3 Millionen Euro. Aus dem kommunalen Wohnungsbauförderprogramm erhält die Stadt 700.000 Euro, außerdem ein zinsverbilligtes Darlehen von 1,2 Millionen Euro. Aber noch immer kann sie den Mietinteressenten keinen verbindlichen Einzugstermin nennen.
Für die fünf Neubauwohnungen und eine Altbauwohnung – zwischen 45 und 100 Quadratmeter groß – gibt es laut Bürgermeister Lenzer eine Warteliste, Leute aus Nenzenheim und Umgebung, wie er auf Nachfrage sagte. Im November oder Dezember sollen sie einziehen können. Lenzer bleibt vorsichtig. "Mit den Mietverträgen warten wir lieber noch."
Inzwischen hat sich der im Bericht angesprochene Inhaber der Malerfirma gegenüber der Redaktion geäußert und erklärt, bei ihm im Betrieb habe es keine Corona-Ausfälle gegeben. Die Verzögerung auf der Baustelle sei nicht von ihm verschuldet. Die Arbeiten seien in der Ausschreibung der Stadt von Oktober 2021 bis Februar 2022 geplant gewesen. Wegen Verzögerungen anderer Gewerke habe er aber erst Mitte Mai 2022 anfangen können. In dieser Zeit seien wegen der welt- und geopolitischen Lage sowie durch Tarifabschlüsse sowohl Lohn- als auch Materialkosten für ihn deutlich teurer geworden. Für diese Zuwächse habe er einen Ausgleich verlangt, der von der Stadt Iphofen abgelehnt wurde. "Auf den Mehrkosten werden wir als Betrieb wohl sitzenbleiben. Die Stadt Iphofen ist da wenig kooperationsbereit", sagt der Unternehmer.
ein privater Bauherr möchte ein solches Anwesen "herrichten. Er kann rechnen und überschlägt die Baukosten. Hat dann Anträge gestellt und im Voraus Zusagen erhalten; aber jeder zusätzlicher Euro tut verdammt weh.
Er lernt daraus, von alten Schrott "Denkmal" lass ich die künftig die Finger.
Abreissen und komplett NEU bauen - durchaus an alte Formen angepasst -
ist preiswerter. Leser des Artikels ... die gerne Altes erhalten wollen; aber gar nie bauen wollen und werden, sollten erst nachdenken. Die Wahrheit liegt auf den Zahlteller...!