Die Liste wird länger. Alleine im August wurden über 120 Schweine in Deutschland positiv auf die Afrikanische Schweinepest (ASP) getestet. Meist waren es Wildschweine, vereinzelt aber auch Tiere aus Zucht und Mast. Und die Seuche kommt Unterfranken näher. Trat sie in den vergangenen Jahren vor allem in Ostdeutschland auf, steht seit Juli auch Hessen im Fokus. Die Schweinehalter im Landkreis Kitzingen beobachten die Situation mit großer Sorge. "Es geht um unsere Existenz", sagt Joachim Mack.
Der Stall der Familie Mack steht außerhalb des Dettelbacher Ortsteils Euerfeld. Nicht mal 100 Kilometer Luftlinie sind es bis zum äußersten Ring der Sperrzone, die rund um Groß-Gerau gezogen wurde. Das ist die Region, in der in jüngster Vergangenheit immer wieder ASP-Fälle gemeldet wurden. "Das ist nicht weit", hat Mack schon Mitte Juli gesagt.
Seitdem sind im Sperrgebiet in Hessen viele weitere Fälle aufgetreten. Dazu kommt einer im ebenfalls an Bayern grenzenden Baden-Württemberg. Und auch aus anderen Bundesländern werden fast täglich neue Fälle im deutschlandweiten Tierseucheninformationssystem veröffentlicht. Aus Brandenburg. Aus Rheinland-Pfalz. Aus Sachsen.
Für Menschen ist ASP ungefährlich, bei Schweinen führt sie oft zum Tod
Die Afrikanische Schweinepest in eine schwere und hochansteckende Viruserkrankung. Sie befällt ausschließlich Schweine und Wildschweine und führt, so ist auf der Infoseite des Bundeslandwirtschaftsministeriums zu lesen, fast immer zum Tod der infizierten Tiere. Für den Menschen ist die ASP ungefährlich. "Das Virus ist nicht auf den Menschen übertragbar", erklärt Dr. Claudia Baldauf, Amtstierärztin im Landkreis Kitzingen.
Die Gefahr einer möglichen Einschleppung der ASP nach Bayern bewertet die Veterinärin als "weiterhin hoch" – wegen der grenznahen Ausbrüche in Hessen, bedingt durch die Übertragung der Tierseuche von Tier zu Tier und durch die Verbreitung kontaminierter Gegenstände oder Lebensmittel aus Schweinefleisch im Reiseverkehr.
Denn auch wenn der Mensch sich nicht anstecken kann, trägt er einen großen Teil zur Ausbreitung der ASP teil. Die Krankheitserreger sind widerstandsfähig, können sich in unbehandeltem Fleisch und Fleischprodukten wie rohem Schinken oder Salami monatelang halten. Weggeworfene Speisereste wie Salamibrötchen werden von Wildschweinen gefressen. Ist die Salami infiziert, stecken die Tiere sich an und tragen den Erreger weiter.
Was Landwirte zur Vorbeugung tun können – und wo sie machtlos sind
Joachim Mack und sein Berufskollege Herbert Schmidt, Gnötzheimer Landwirt und stellvertretender Kitzinger BBV-Kreisobmann, sprechen von einem "Damoklesschwert", das über den Schweinemast- und Zuchtbetrieben schwebe. Die Bauern können ihren Teil dazu beitragen, dass sich ihre Tiere nicht anstecken. Hygiene ist oberstes Gebot. Kein Fremder darf in den Stall, kein Hund, keine Katze, kein anderes Tier. Die Landwirte und ihre Mitarbeiter ziehen sich um, wechseln die Schuhe, achten streng darauf, dass nichts eindringen kann in den Lebensraum ihrer Schweine. "Ein Schwarz-Weiß-Betrieb ist nötig", erklärt Joachim Mack.
Das Risiko, dass das Virus in den Betrieb gelangt, hält Herbert Schmidt, der in Unterickelsheim mit einem Kollegen Schweinemast mit über 1000 Tieren in zwei Ställen betreibt, deshalb für "verhältnismäßig gering". Sehr viel höher – "bestimmt 500-fach" - sei das Risiko, in ein Sperrgebiet zu fallen, das nach einem ASP-Fall festgesetzt wird. "Und dagegen kann ich als Schweinemäster überhaupt nichts machen."
Welche Folgen eine Sperrzone für die Schweine haltenden Betriebe hat
Tritt die ASP in einem Hausschweinbetrieb auf, werden alle Schweine getötet, der Betrieb gründlich gereinigt und desinfiziert, erklärt die Amtstierärztin. Doch auch wenn der Betrieb nur innerhalb einer Sperrzone liegt, sind die Folgen beträchtlich. "Dann habe ich in meinem Betrieb nichts mehr zu sagen", sagt Helmut Schmidt drastisch.
Es dürfen keine Hausschweine oder Fleisch dieser Schweine verbracht werden. Manche Landwirte lassen bereits jetzt freiwillige Untersuchungen machen, damit sie ihre Tiere weiter vermarkten können, sollten sie in ein Sperrgebiet fallen. "Meine Tiere werden alle paar Wochen beprobt", erklärt beispielsweise Joachim Mack.
Auf der sicheren Seite ist er, was sein Haupteinkommen angeht, trotzdem nicht. Denn selbst wenn die Schweine freigetestet sind, muss er erstmal ein Unternehmen finden, das sie schlachtet. Laut Helmut Schmidt gibt es in Deutschland nur zwei Schlachthöfe, die Tiere aus ASP-Sperrzonen schlachten. In Süddeutschland liegt keiner der beiden. Schmidt ist überzeugt: "Schlägt die ASP hier auf, würde das einen drastischen Rückgang der Schweinehaltung im Landkreis Kitzingen bedeuten."
In freier Natur gibt es in der Regel keine Barrieren. Wird ein infiziertes Wildschwein entdeckt – per Blutprobe nach einem Kadaverfund zum Beispiel –, errichten die Behörden Sperrzonen mit unterschiedlichen Vorschriften. Zäune werden aufgestellt. Die Landkreise hätten teilweise eigene Zäune vorrätig, auch das zentrale Tierseuchenlager des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit halte 1700 Kilometer Zaunbaumaterial vor, sagt Baldauf.
Zudem werden befristete Jagdverbote angeordnet sowie "erforderlichenfalls Betretungs- und/oder Nutzungsverbote land- und forstwirtschaftlicher Flächen", so die Amtstierärztin. Die Tiere im Ausbruchsgebiet sollen möglichst nicht gestört werden, so dass sie im begrenzten Raum bleiben, nicht versprengt werden und dadurch das Virus weitertragen. Auch Hundehalter sollten ihre Vierbeiner nicht frei laufen lassen, um eine Beunruhigung zu vermeiden. Kontakt mit einem verendeten Wildschwein sei unbedingt zu vermeiden und das Veterinäramt zu informieren.
Beim Kampf gegen die Schweinepest sind auch die Jäger mit im Boot. Sie sind aufgefordert, die Wildschweinpopulation niedrig zu halten, dürfen laut Klaus Damme, dem Vorsitzenden der Kreisgruppe Kitzingen im Bayerischen Jagdverband, auch mit Nachtsichtgerät jagen, um die nachtaktiven Tiere zu erlegen. Auch über den Einsatz von Drohnen, um Wildschweinkadaver in Sperrgebieten aufzuspüren, gibt es Vorgespräche. "Wir verweigern uns nicht", sagt Damme, "und sind intensiv unterwegs."