Ein Bahnhof im Dornröschenschlaf – das war einmal und soll nur ein unrühmliches Kapitel in der langen Geschichte des immer noch stattlichen Kitzinger Bahnhofsgebäudes gewesen sein. Die Botschaft, die der Stadtrat am Donnerstagabend in die dunkle Nacht sendet, kündet von Aufbruch. Die Weichen für den Umbau des großzügigen Umfelds sind gestellt, nicht ganz so geräuschlos und geschmeidig, wie zu Jahresanfang der Ankauf des Bahnhofs über die Bühne gegangen ist. Aber immerhin: Die Signale stehen auf grün, man hat sich auf ein paar grundlegende Dinge verständigt: einen zentralen Busbahnhof (ZOB), zusätzliche Parkplätze, eine öffentliche Toilette, Fahrradstellplätze, verkehrsberuhigte Zonen.
Das klingt nicht sonderlich spektakulär, schafft aber die Infrastruktur für ein neues Zeitalter und wird das Bild rund um den Bahnhof deutlich verändern. „Sie sehen heute einen glücklichen Stadtentwicklungsreferenten“, sagte Thomas Rank (CSU). "Die Never Ending Story am Bahnhof neigt sich dem glücklichen Ende zu.“ Noch handelt es sich um einen Vorentwurf ohne Kostenrechnung. Hier die wichtigsten fünf Fragen und Antworten zu dem Projekt.
1. Was ist in nächster Zeit rund um den Bahnhof geplant?
Nicht nur Stadtentwicklungsreferent Rank spricht mit Blick auf den Bahnhof von einem „bedauernswerten Zustand“ und einer „Schotterwüste“. Die beauftragte Architektengemeinschaft aus München und Würzburg hat sich zum Ziel gesetzt, den Bahnhof samt Umfeld deutlich attraktiver und sicherer zu machen.
Auf der Seite der bisherigen Kleingärten im Süden soll es neben zusätzlichen Parkplätzen eine Gaststätte mit Biergarten geben. Den Vorplatz stellen sich die Planer als verkehrsberuhigten Bereich mit Brunnen und kleinen Wasserspielen vor. Dazu wird das durchgängige Stein- und Asphaltband aufgebrochen, wie Architekt Manfred Ring im Stadtrat sagte. Das kommt vor allem der Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern zugute. Bis zu 80 Fahrräder können künftig in einem überdachten Bereich untergestellt werden. Auch eine öffentliche Toilette wird es geben.
Prägendes Element im Norden wird der neue Busbahnhof sein, ein Drehkreuz des ÖPNV. In acht Parkbuchten sollen sich dort bis zu 18 Meter lange Busse aufstellen. Ihre Aufgabe: Zugreisende im Stundentakt vom Bahnhof abholen und in acht Linien zum gewünschten Ziel befördern. Der Landkreis hat dafür das schöne Wort „Rendezvous-Verkehr“ erfunden.
18 Meter lange Busse? Wenn der Landkreis schon auf einen Ausbau mit solchen Längen bestehe, sagte Stadtrat Jens Pauluhn (ÖDP) in der Sitzung am Donnerstag, dann solle er sich auch an den Kosten beteiligen. Er vertraue da zwar dem Landratsamt, habe aber „nicht immer Vertrauen in die Kreisräte, wenn es darum geht, auch mal der Stadt Kitzingen etwas Gutes zu tun“.
2. Schön und gut, aber geht es auch im Bahnhof voran?
Im Juni hat die Stadt den Bahnhof nach zwei Jahren Stillstand wieder geöffnet. Reisende können sich jetzt wieder geschützt vor Wind und Wetter dort aufhalten, finden eine Toilette und bald auch ein Video-Reisecenter sowie einen Imbiss. Mit der weiteren Entwicklung des Gebäudes dürfte es jetzt etwas länger dauern. Wie Bauamtsleiter Oliver Graumann sagt, bespricht sich die Stadt gerade mit Denkmalbehörde und Stadtheimatpfleger Harald Knobling.
Bei diesen Gesprächen geht es um die Frage: Wie viel Umbau verträgt das denkmalgeschützte Gebäude? So gut wie sicher ist: Das Vordach, das weit nach der Eröffnung 1865 angebaut wurde, soll verschwinden. Die Treppe wird künftig von drei Seiten zugänglich sein und mit einem Lift ausgestattet. Und auf der Rückseite könnte das durchgängige Vordach am Bahnsteig eine Renaissance erfahren. Das Gebäude soll möglichst wieder in seinen historischen Zustand versetzt werden.
3. Der Bahnhof wird attraktiver, aber wo sollen Reisende und Pendler parken?
Werden die Pläne so umgesetzt wie im Vorentwurf dargestellt, wird es rund um den Bahnhof etwa 200 Parkplätze geben, die meisten davon auf der nördlichen Seite der bisherigen Kleingärten. Noch 45 Parkplätze mehr könnten es werden, wenn der Stadtrat sich entschließen könnte, die ebenerdige Stellplatzanlage im Süden zu überdachen und so ein zusätzliches Parkdeck zu schaffen.
Jens Pauluhn (ÖDP) verwies auf die Flächenspar-Initiative der bayerischen Staatsregierung und sah das Parkdeck als zwingend. Er konnte sich mit seiner Forderung im Stadtrat aber nicht durchsetzen. Thomas Rank (CSU) verwies auf die Herstellungs- und die Folgekosten. Ein solches Parkdeck unterliege hohem Verschleiß und müsse ständig gewartet werden. Letztlich stimmten nur 13 Ratsmitglieder dafür, aber 16 dagegen.
4. Was passiert mit den vertrauten Kleingärten?
Über die Kleingärten wurde in der jüngsten Sitzung am emotionalsten gestritten. Sind sie erhaltenswert, oder können sie dem Fortschritt geopfert werden? Gisela Kramer-Grünwald (Grüne) stellte mit Verweis auf Stadtheimatpfleger Knobling fest, dass die Gärten zum historischen Bahnhofsensemble gehörten. Für die schlecht bezahlten Bahnbediensteten seien sie früher Teil ihres Auskommens gewesen.
Von den 16 Parzellen wird laut Tobias Volk (FBW) aber nur noch ein kleiner Teil gepflegt. Stephan Küntzer (CSU) sagte: „Schön sind sie nicht. Das ist häufig nur noch Erdwüste.“ Für Umweltreferent Uwe Hartmann (Bayernpartei) ist es die „ordentliche Unordnung, die uns die Artenvielfalt beschert“. Er plädierte für den Erhalt. Siegfried Müller (UsW) warf die Frage auf: „Werden die Gärten überhaupt noch genutzt?“ Ja, sagte Stadtkämmerin Elisa Dietenberger. Im Rathaus existiere sogar eine Warteliste mit 50 Bewerbungen.
Dann verlor man sich vollends im Dickicht: Klaus Christof (KIK) verwies auf einen Stadtratsbeschluss, wonach die Kleingärten „nicht angerührt“ werden sollen. Dietenberger hat bei der Recherche nach eigenen Worten keinen solchen Beschluss gefunden. Für Christof eine „Schlamperei“ der Verwaltung. Am Ende sprach sich der Stadtrat mit 18:11-Stimmen dafür aus, die Gärten zu opfern und an anderer Stelle, etwa am Eselsberg, neue Parzellen zu schaffen.
5. Kommt die Einbahnregelung für Autos und Schulbusse?
Noch beobachtet Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) am Bahnhof mitunter „völliges Verkehrschaos“. Aber das soll mit der Umgestaltung vorbei sein. Zur Entlastung könnte beitragen, den Amalienweg nur noch einseitig zu befahren. Er gilt als wichtige (Bus-)Verbindung des Bahnhofs mit dem Schulzentrum in der Kanzler-Stürtzel-Straße. Geplant ist dort eine Einbahnregelung und zwar – nach Rücksprache mit dem Landratsamt – in Richtung Schulzentrum.
Dann wäre ausreichend Platz, um parallel zur Fahrbahn auch noch Parkplätze sowie einen Fahrrad- und Fußweg zu schaffen. Ob es von der Parkanlage des Bahnhofs im Süden eine weitere Ausfahrt auf die Innere Sulzfelder Straße geben wird, will die Stadt noch prüfen. Der Stadtrat stimmte aus praktischen Gründen mehrheitlich (19:10) für diese Ausfahrt. Aber nicht nur Manfred Paul (SPD) warnte vor einem Nadelöhr an der Stelle der dortigen Bahnunterführung.
Eine Unterstützung des Investors Blum (ConneKT) wäre zielführend gewesen. An zukünftig denkbare Entwicklungen hat man im Kitzinger Rathaus nicht gedacht. Traurig.