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Markt Herrnsheim
Der letzte Camembert: Carola Brunner schließt ihre Hofkäserei und wagt den Sprung in die Zukunft
Carola Brunner schließt ihre Hofkäserei in Markt Herrnsheim. Sie zeigt, wie man mutig Träume lebt und loslässt. Nach Jahrzehnten des Erfolgs fängt sie noch mal neu an.
Carola Brunner betreibt seit 2002 die Hofkäserei Brunner in Markt Herrnsheim. Ende Mai hört sie mit der Käserei auf. 
Foto: Julia Lucia | Carola Brunner betreibt seit 2002 die Hofkäserei Brunner in Markt Herrnsheim. Ende Mai hört sie mit der Käserei auf. 
Julia Lucia
 |  aktualisiert: 20.04.2025 11:33 Uhr

Hart arbeiten, Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen – das kann Carola Brunner. Das hat sie bewiesen, als sie 2002 ihre Hofkäserei in Markt Herrnsheim eröffnete. Das hat sie schon gezeigt, als sie unbedingt ihre Ausbildung zur Molkereifachfrau in einer Hofkäserei machen wollte. Und wenn das eben nicht in Bayern geht – hier ist die Lehre nur in industriellen Molkereien möglich – dann sucht sie so lange, bis sie einen Platz gefunden hat. Da war's eben Hessen. "Ich wäre auch nach Österreich gegangen", sagt Brunner. "Ich wusste ja, dass ich eine Hofkäserei möchte."

Genauso entschieden, aber wohlüberlegt: Das Ende der Käserei. "Manche leben ihren Traum in der zweiten Lebenshälfte", sagt die 47-Jährige. "Ich habe meinen in der ersten gelebt." Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, mit etwas Neuem anzufangen. Und nein, aus finanziellen Gründen höre sie nicht auf, Käse zu machen. "Geld ist nicht alles", sagt die Mutter zweier Töchter. Hätte eine der Töchter Ambitionen gehabt, den Laden weiterzuführen, dann hätte es sich Brunner vielleicht anderes überlegt. "Aber das habe ich zu keiner Zeit erwartet", erklärt sie. 

Die Hofkäserei war Carola Brunners Traum

Die Kühlräume sind schon relativ leer, aber Carola Brunner beruhigt ihre Kundinnen und Kunden: Es gibt auch Ende Mai noch Käse im Hofladen – aber nicht mehr das komplette Sortiment.
Foto: Julia Lucia | Die Kühlräume sind schon relativ leer, aber Carola Brunner beruhigt ihre Kundinnen und Kunden: Es gibt auch Ende Mai noch Käse im Hofladen – aber nicht mehr das komplette Sortiment.

Schon vor ein paar Jahren wollte sie aufhören, hat aber weitergemacht. Als sie vor über 20 Jahren anfing, hatten die Eltern auf dem Bauernhof noch Kühe. Dann kamen Ziegen dazu. Die Arbeit wurde nicht weniger, aber sie war machbar, da auch ihr Mann in der Hofkäserei und auf dem Hof gearbeitet hat. Die Käse-Produktion, der Verkauf, die Stallarbeit, die Kindererziehung – viel Arbeit, aber möglich, weil der Partner half und auch Brunners Eltern immer da waren, wenn sie gebraucht wurden. 

Dann zerbrach vor etwa zehn Jahren die Ehe. Plötzlich stand Carola Brunner allein da. Aufgeben liegt nicht in ihrer Natur. Sie strukturierte um, die Tiere kamen weg, die Milch für den Käse kaufte sie zu. Mit Teilzeitkräften und Mini-Jobbern hielt sie die Käserei am Laufen – und sie lief gut. Aber Carola Brunner ging es nicht mehr gut. Die harte körperliche Arbeit, die alleinige Verantwortung für das Geschäft, die Frage, ob sie ihren Kindern eine gute Mutter ist – das nagte an Brunner. Noch wollte sie ihren großen Traum, die Hofkäserei, weiterträumen. Doch Carola Brunner war nicht glücklich, merkte immer mehr, dass es so nicht weitergehen kann. 

Mitte Mai ist Brunner das letzte Mal am Kitzinger Stadtmarkt

Im Herbst vergangenen Jahres ist die Entscheidung gefallen: Ich höre auf. Seitdem ist sie mit sich im Reinen, auch wenn es ihr schwerfällt, sich von ihrer Käserei zu trennen. Die Reaktion ihrer ältesten Tochter: "Und wo bekomme ich dann einen g'scheiten Käs' her?" Bis Ende Mai verkauft Brunner noch auf ihrem Hofladen, am 16. Mai ist sie zum letzten Mal am Kitzinger Stadtmarkt. Auch ihre Wiederverkäufer und Restaurants wird sie dann nicht beliefern.

Es wird nicht mehr alle 40 Käsesorten geben, Frischkäse und Quark stellt sie noch her. Bei zahlreichen Camemberts, übrigens Brunners Lieblingskäse, bildet sich gerade ein zarter Schimmelflaum, und im Kühlraum liegen noch etliche Käselaibe. "Es braucht also kein Kunde Angst haben, dass er nichts mehr bekommt", sagt sie lachend. 

Carola Brunner will Angestellte werden

Am 16. Mai verkauft Carola Brunner zum letzten Mal Käse auf dem Kitzinger Wochenmarkt. Ende Mai schließt sie dann auch ihre Hofkäserei in Markt Herrnsheim.
Foto: Julia Lucia | Am 16. Mai verkauft Carola Brunner zum letzten Mal Käse auf dem Kitzinger Wochenmarkt. Ende Mai schließt sie dann auch ihre Hofkäserei in Markt Herrnsheim.

Den Juni will sie nutzen, um Maschinen, Geräte und das Marktauto zu verkaufen. Ab Juli würde sie gerne angestellt arbeiten. "Ich schreibe gerade Bewerbungen", sagt Brunner, die auch eine Ausbildung im Bereich Hauswirtschaft hat. Jetzt könne sie sich auch einen Job in der Industrie vorstellen. "Ich bin offen."

Dass sie die Käserei an einen Nachfolger verkauft, das kann sie sich dagegen nicht vorstellen. Eingang, Wasser, Strom – alles läuft über ihren Hof, über ihr Wohnhaus. "Das wäre mir zu nah", erklärt Carole Brunner. Denn leicht gibt man seinen Traum eben nicht auf: "Erst wenn ich zum ersten Mal ohne Schutzkleidung in die Käserei gehe, werde ich verstehen: Das war's jetzt."

Am Freitag, 16. Mai, verkauft Carola Brunner das letzte Mal am Kitzinger Markt. Am Freitag, 30. Mai, hat der Hofladen in Herrnsheim den letzten Tag geöffnet.

 
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