Auf der Tribüne der Alten Synagoge saßen noch einmal zwei Dutzend Mitglieder der Bürgerinitiative, um zu verfolgen, was mit "ihrem" Thema passieren würde. Das Ergebnis hat sie am Donnerstagabend nicht mehr überrascht. Schon vorher hatte sich abgezeichnet, dass die Dynamik der vergangenen Wochen beim Bauvorhaben Steigweg auch Einfluss auf den geplanten Bürgerentscheid haben würde. Und so war es dann auch: Einstimmig hat der Stadtrat die Beschlüsse gefasst, die in der Konsequenz bedeuten, dass die für den 22. Mai vorgesehene Abstimmung hinfällig ist.
Die Kehrtwende brachte ein Schreiben des Projektentwicklers vom 1. März, das zwei Tage später im Rathaus einging. Darin teilt die im Kitzinger Technologiepark ConneKT ansässige J-Werk Kitzingen GmbH in wenigen Sätzen mit, dass sich "durch geänderte Rahmenbedingungen inzwischen andere Entwicklungsinteressen" ergeben hätten. Das ursprünglich geplante Projekt auf dem rund 16.000 Quadratmeter großen Gelände der Schützengesellschaft mit bis zu neun mehrgeschossigen Wohnblocks war damit vom Tisch.
Unklar ist, wie es nun mit dem Vorhaben weitergeht. Seitens des Projektentwicklers heißt es, neue Planungen seien "noch nicht abschließend abgestimmt". Im Gespräch war zwischenzeitlich eine abgespeckte Version der Wohnbebauung mit der Option einer Seniorenwohnanlage. Dadurch ließe sich vermutlich die Zahl der vorgeschriebenen Stellplätze verringern und ein Stück weit die Befürchtung vor einem Verkehrskollaps an dieser Stelle des ohnehin als neuralgisch geltenden Tangentenrings entkräften.
Im Stadtrat gibt es Stimmen, den Investor stärker zu lenken
Im Stadtrat gab es in der Sache am Donnerstag keinerlei Informationen, wohl aber Kritik am Umgang mit dem Projekt. Jens Pauluhn (ÖDP) sagte, die beschlossene Änderung des Bebauungsplans habe zu "sehr viel Unruhe und Unfrieden" geführt. Beides wäre vermeidbar gewesen, so Pauluhn, wenn sich der Stadtrat gleich zu Beginn auf einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan verständigt hätte. Mit diesem Instrument in der Bauleitplanung kann die Stadt ein Projekt sehr viel genauer steuern und kontrollieren. "Wenn wir wieder einen Privatinvestor haben, sollten wir uns intensiver damit auseinandersetzen, was dieser Investor vorhat", sagte Pauluhn an die Adresse des Gremiums. Zu einer Aussprache oder Diskussion kam es an diesem Abend nicht.
Die Bürgerinitiative "Bauen im Einklang von Mensch und Natur" will zunächst die weiteren Pläne des Projektentwicklers abwarten, um ihr weiteres Vorgehen abzustimmen. So oder so wird die BI aber erhalten bleiben, um das Thema, das sie sich bei der Gründung im Sommer 2021 auf die Fahnen geschrieben hat, weiterzuverfolgen.