Die Haushaltssitzung des Prichsenstädter Stadtrats vom 23. Februar musste ausfallen, weil sich zehn Ratsmitglieder entschuldigt hatten. Nun, in der Märzsitzung, sollte die Stadt einen Haushalt bekommen, mit dem sie arbeiten kann. Doch es kam anders. Mit zehn gegen sieben Stimmen hat das Gremium bereits den Finanzplan abgelehnt.
Es war eine denkwürdige Sitzung am Donnerstagabend – in mehrfacher Hinsicht. Doch der Reihe nach.
Auf dem Weg zur Sitzung erhielt der Autor dieser Zeilen den Anruf eines CSU-Stadtrats auf seinem Handy. Angekündigt wurde dabei, dass der Haushalt wohl abgelehnt würde, verbunden mit der Frage, ob im Presseartikel nur der Bürgermeister zitiert würde oder ob auch die Aussagen der "Anderen" berücksichtigt würden.
Eine Stadtratssitzung voller Merk- und Denkwürdigkeiten
Die Denk- und Merkwürdigkeiten nahmen ihren Lauf. Gleich zu Beginn der Sitzung fragte Stadtrat Harald Rückert seinen Kollegen Christoph Schmidt, der eine Maske trug, ob jener Corona habe oder ob die Maske für den Eigenschutz bestimmt sei.
Zum Protokoll der Stadtratssitzung vom 12. Januar monierte Stadtrat Alexander Schöpfel Begrifflichkeiten, Details mehr oder weniger. Mit elf gegen sechs Stimmen wurde es aber genehmigt. Dann kam das Protokoll der eigentlich abgesagten Sitzung an die Reihe. Ein Teil der Räte war damals auf einer CSU-Wahlkampfveranstaltung mit Markus Söder in Wiesentheid. Wegen Beschlussunfähigkeit sei die Sitzung um 19.01 Uhr beendet worden, hieß es. Diese Niederschrift wurde mit zehn zu sieben Stimmen nicht gebilligt.
Nach einem einstimmigen Abstecher zum Haus der Kinder – hier ging es um die nun deutlich günstigeren Außenanlagen – kam der Finanzplan an die Reihe. Bürgermeister René Schlehr wies darauf hin, dass es einen defizitären Verwaltungshaushalt gebe, aus dem es keine Zuführung zum Vermögenshaushalt geben könne. Vielmehr gebe es unüblicherweise eine Zuführung aus dem Vermögenshaushalt. Die Mindest- und Pflichtzuführung müssten für 2023 bis 2026 ausgesetzt werden.
Kämmerer Marco Kölln sprach von einem "ganz eng aufgestellten Haushalt". Die Ansätze könnten nicht überschritten werden. Ergebe bei einem Projekt die Ausschreibung höhere Kosten, "dann können wir die Maßnahme nicht machen". So gebe es derzeit auch kein Geld, städtische Wohnungen zu sanieren. Zumal jetzt auch noch die Ausschreibung für den Strom hinzukomme. Viele Projekte, die Zinsen aus Krediten – "das macht die Lage prekär", sagte Kölln.
Der prekären Lage stimmte Stadtrat Alexander Schöpfel zu. "Wir sind im freien Fall", so habe er das Gefühl. Sein Vorschlag lautete, ein tragfähiges Konzept für den Verwaltungshaushalt zu entwickeln. Im Verwaltungshaushalt sehe er den Schlüssel. "Der Verwaltungshaushalt saugt den Vermögenshaushalt leer", sagte Schöpfel. Kölln entgegnete, dass er hier kein Einsparpotenzial sehe. "Was tun, wenn ein Fahrzeug kaputt ist? Was tun, wenn eine Straße repariert werden muss", fragte der Kämmerer.
Bis Ende März sollen alle Projekte und Kosten vorliegen
Schöpfel erklärte, dass der vorliegende Entwurf abzulehnen sei. Vor einer weiteren Abstimmung solle die Verwaltung wirksame Maßnahmen finden, die den Verwaltungshaushalt nachhaltig mit einer Zuführung von 300.000 Euro zum Vermögenshaushalt ausstatten, diktierte Schöpfel seine Notizen dem Kämmerer als Antrag. Die Maßnahmen seien dem Stadtrat rechnerisch darzustellen und zur Entscheidung vorzulegen. Außerdem soll die Verwaltung dem Stadtrat vollständig alle Kosten mit nachvollziehbarer Berechnung derselben für alle Positionen ab 200.000 Euro auflisten – und das alles bis 29. März vorlegen. Dem stimmte der Stadtrat mit zehn gegen sieben Stimmen zu und lehnte so auch die Zustimmung zum Finanzplan ab.
Bürgermeister Schlehr bezeichnete den Antrag als "bodenlose Unverschämtheit". Jetzt so einen Text vorzulegen, wo die Verwaltung seit Dezember gebeten habe, Einsparpotenziale mitzuteilen. Dem hielt Michael Eckhof entgegen, dass die CSU-Fraktion und die Stadelschwarzacher Ortsliste in sieben Stunden 400 Seiten durchgearbeitet hätten und 37 Punkte zu Einsparungen aufgelistet habe. "Es ist eine Frechheit, wenn alles verneint wird", ärgerte sich Eckhof.
Fabian Uhl empörte sich, dass die Stadt eigentlich schon "letztes Jahr handlungsunfähig" gewesen sei. Es seien Kleinigkeiten wie das Bayern-WLAN oder das Läutgeld, aber irgendwo müsse man anfangen zu sparen, sagte Uhl. Dem pflichtete Werner Hillger bei. Überprüft werden solle, ob das Hochwasserkonzept der Dorfschätze nicht ein "Stück weit geschoben werden kann". Bürgermeister Schlehr warf ein, dass das Baugebiet Stadelschwarzach an einen externen Erschließungsträger gegeben werden könnte und damit den Haushalt nicht belasten würde. Darüber will er in der nächsten Sitzung informieren.
Viel Kritik, und mancher fühlt sich nicht ernst genommen
Alfons Saugel erklärte, dass er sich nicht ernst genommen fühle. Schließlich habe er schon vor einem Jahr angefragt, ob nicht der Kindergarten an einen externen Träger abgegeben werden könne. Schlehr konnte ihm aber nicht sagen, ob das finanzielle Vorteile für die Stadt brächte. Harald Rückert sagte, eventuell könnten Bauhofarbeiten auch extern vergeben werden, was Schmidt wiederum als kritisch ansah.
Rückert hinterfragte auch die Notwendigkeit der Brückensanierung in der Schulinstraße. Diese zählte in der Finanzplanung zu den gelb markierten und damit unaufschiebbaren und notwendigen Aufgaben der Stadt. Schöpfel brachte langfristig den Anschluss Prichsenstadts an eine Verwaltungsgemeinschaft ins Spiel. Pascal Zörner schlug vor, die Anschaffung einer Schlammpresse für die Kläranlage zu streichen.
"Ich wünsche mir die Quadratur des Kreises, ich weiß aber nicht wie", erklärte Wolfgang Brosche. Es gebe Pflichtaufgaben, und er forderte von der CSU und den Anderen konkrete Vorschläge. Die könnten jetzt nach Vorliegen der Zahlen in einer Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses erarbeitet werden. Dass dieser Ausschuss noch nicht einberufen worden sei, so Bürgermeister Schlehr, habe nicht an ihm gelegen.
Vor allem die protokollierten Einwände lassen doch erst erkennen wie Entscheidung letztlich zustande gekommen sind.