Wenn auf der Tagesordnung des Stadtrates Prichsenstadt das Thema "Baugebiet" auftaucht, bedeutet das in der Regel eine emotionale Debatte mit vielen Argumenten, die sich ständig wiederholen und der Rat am Ende doch nicht vorwärtskommt. Immerhin war in der Sitzung am Dienstagabend der Umgangston nach dem Empfinden unabhängiger Beobachter zivilisiert, auch wenn der Punkt nach einer einstündigen Debatte und nach einem Antrag von Martin Krapf mit 10:6 wieder von der Tagesordnung abgesetzt wurde.
Ausgangspunkt war ein Antrag von Stefan Deppisch. Er hatte beantragt, die Baugebiete in Altenschönbach (Kleinschönbacher Straße), Kirchschönbach (Krautäcker) und Prichsenstadt (Ziegelgärten VII) zu erweitern und die dafür notwendigen Gelder in den Haushalt einzustellen. Denn verkaufter Baugrund sei die Zukunft der Großgemeinde und würde Einnahmen auf die nächsten Jahrzehnte sichern. Außerdem bat er die Stadt, die mit den neuen Baugebieten verbundene Erweiterung der Kindergärten zu sichern, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen.
Grundsätzlich fand die Idee Deppischs, die Baugebiete voranzutreiben, Gefallen im Stadtrat. Zumal Deppisch auch keine konkreten Angaben gemacht hatte, bis wann er gern welche Baugebiete erweitert sehen möchte. Und er wollte ihn so verstanden haben, dass nicht nur die drei genannten Baugebiete erweitert oder, wie im Fall Ziegelgärten VII, der vorhandene Bebauungsplan mit einer Erschließungsplanung fortgeführt wird. Er hat wie alle anderen Ratsmitglieder auch vor Augen, dass in möglichst jedem der zehn Ortsteile Baugebiete entstehen oder erweitert werden sollen.
Zu große Unterschiede bei der Bewertung
Einen Vorwurf konnte sich Ratsmitglied Harald Rückert nicht ersparen: in seinen Augen habe Bürgermeister René Schlehr in den letzten Jahren keinen Baugrund gekauft. Das, so Schlehr, läge vor allem an den finanziellen Vorstellungen der Grundstücksinhaber, die in den seltensten Fällen mit dem Angebot der Verwaltung übereinstimmen würden. Und: bevor Baugrund entstehen kann, muss der auch im Flächennutzungsplan entsprechend hinterlegt sein. "Noch davor muss die Schmutzfrachtsimulation abgeschlossen sein, dann wissen wir, wo neues Bauland entstehen könnte", so Schlehr weiter.
Alexander Schöpfel brachte das Stichwort eines Erschließungsträger ins Spiel, wovon sich Wolfgang Brosche wenig begeistert zeigte. Und ob für einen Träger die Vermarktung von den zwölf Grundstücken im Bebauungsplan "Am Gehäg" in Stadelschwarzach überhaupt interessant sei, bezweifelte der Bürgermeister.
Auch mal Mut zum "Nein" zeigen
Nach einiger Debatte schlug Schlehr vor, der Rat möge erstmal die Rahmenbedingungen für Baugebiete schaffen, bevor über irgendwelche Erschließungsträger diskutiert werden solle. Das betreffe insbesondere die Haushaltslage, stimmte ihm Ratskollege Helmut Hümmer zu. "Wir schaffen es leider nicht, Prioritäten zu setzen und wollen gleich alles auf einmal erledigen", sagte er, "wir sollten den Mut haben, auch mal zu sagen: nein, das geht nicht." Letztlich setzte der Rat auf Antrag Krapfs das Thema mehrheitlich ab. Nach der Haushaltsdebatte wird es aber wieder auftauchen, war sich der Rat einig.