Es hätte eine lange Hauptverhandlung mit ziemlichem Aufwand werden können. Es ging um Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Dafür hatten zwei Männer Strafbefehle mit einer Geldstrafe von je 6300 Euro bekommen und Einspruch eingelegt. Damit kam es zu der Hauptverhandlung in Kitzingen. Und die endete schnell und überraschend.
17 Zeugen, die allermeisten von der Polizei, hatte Richterin Patricia Finkenberger geladen, um die in den Strafbefehlen erhobenen Vorwürfe zu klären. Die Polizisten, die, wie es im Gericht hieß, offensichtlich nicht zur Freude ihrer Vorgesetzen teilweise vom Einsatz aus Oberbayern anrücken mussten, konnten gleich wieder zum Einsatz in die Alpen fahren. Das Verfahren war nach einen halben Stunde vorbei – ohne dass ein Zeuge gebraucht wurde.
Druck der Gerichtsverhandlung bringt Angeklagte zur Einsicht
Das lag an beiden Angeklagten. Die 25 und 30 Jahre alten Männer ließen ihre Verteidiger gleich zu Beginn den Einspruch auf die Höhe der Tagessätze beschränken. Das ist in einem Strafbefehlsverfahren immer möglich, auch während der Verhandlung noch.
Die Frage des Gerichts mit Blick auf den im Vorfeld getriebenen Aufwand, ob man das nicht auch früher hätte haben können, blieb offen. "Manche Mandanten brauchen den Druck der Hauptverhandlung, um sich zu einem Rückzug zu entscheiden", sagte einer der Verteidiger.
Feier artete aus: Uneinsichtig auf Polizeibeamte reagiert
Nach der Erklärung war jedenfalls klar: Die beiden Männer haben den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte eingeräumt. Dafür hatten die Strafbefehle je 6300 Euro (90 Tagessätze zu 70 Euro) vorgesehen. Nach der Beschränkung des Einspruchs blieb es bei den 90 Tagessätzen. Die Höhe des Tagessatzes (Monats-Nettoeinkommen, geteilt durch 30) passte Finkenberger der derzeitigen Einkommenssituation an. Damit zahlt der derzeit von Hartz IV lebende 25-Jährige einen Tagessatz von zehn Euro, also 900 Euro. Der als Altenpfleger arbeitende 30-Jährige 35 Euro (3150 Euro). Dazu kommen die Kosten des Verfahrens.
Damit werden die beiden noch länger an den frühen Morgen des 13. Juni 2021 erinnert, als sie gegen 1.30 Uhr ihren Auftritt am Bleichwasen in Kitzingen hatten. Am Mainufer war in der Nacht zum Samstag eine Feier von rund hundert jungen Leuten ausgeartet. "Nur durch ein größeres Aufgebot der Kitzinger Polizei, mit Unterstützung von benachbarten Dienststellen, habe man die aufgeheizte Stimmung beruhigen und weitere Sicherheitsstörungen verhindern können", stand im Polizeibericht.
Anwohner beschwerten sich über laute Musik, mehrere Streifen rückten an
Und weiter: Nach Beschwerden der Anwohner über laute Musik war die Polizei mit mehreren Streifen angerückt. Während die Mehrheit der Feiernden die polizeilichen Anweisungen befolgte und den Bleichwasen verließ, hat eine "rund zehnköpfige Personengruppe" den Platzverweis ignoriert. Gegenüber den polizeilichen Maßnahmen hätten sie sich "völlig uneinsichtig und provokativ" gezeigt. Die Einsatzkräfte seien verbal angegangen worden.
Dabei ist es aber nicht geblieben. Es kam zu körperlichen Auseinandersetzungen und zu den Widerstandshandlungen, für die sich die beiden Männer jetzt verantworten mussten. Der 30-Jährige wehrte sich massiv gegen eine vorläufige Festnahme und soll fünf Beamte beschäftigt haben, bis die ihn in einem Streifenwagen zur Wache bringen konnten.
Polizeieinsatz auf dem Bleichwasen mit dem Handy gefilmt
Der Jüngere soll die Szenen trotz Verbots per Handy gefilmt haben. Er war zu Boden gebracht worden und nur durch den Einsatz von Reizgas zu bremsen. Danach hatten die Anklagen wegen Widerstands am Hals. Das Verfahren nahm seinen Gang, bis zu seinem schnellen Ende vor dem Amtsgericht in der Friedenstraße.
Wie die umsonst geladenen Zeugen dort reagiert haben, ist übrigens nicht überliefert. Die waren zu Terminen geladen, als das Verfahren schon längst vorbei war. Der Tipp der Richterin an die Angeklagten, den womöglich genervten Zeugen möglichst nicht in die Hände zu laufen, dürfte am Ende nicht ganz ernst gemeint gewesen sein.
Zwar haben auch Polizisten Persönlichkeitsrechte, doch zur Dokumentation eines Polizeieinsatzes ist es durchaus legitim davon Videoaufzeichnungen anzufertigen, das wollen Polizisten aber nicht wirklich gerne hören und akzeptieren.
Abgesehen davon zumindest für einen der beteiligten eine absolut gerechtfertigte Strafe. Bei dem anderen, welcher Aufzeichnen wollte, schwer zu sagen. Kommt auch stark darauf an wie dieser sich in der Situation verhalten hat und was alles geschehen ist um sagen zu können ob das wirklich gerechtfertigt war oder nicht.
"eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,"