zurück
Kitzingen
"Ich werde nicht mehr lange leben": Mann wegen 22 Cannabispflanzen vor Gericht
Weil er einen Gehirntumor hat, aber kein medizinisches Cannabis verschrieben bekam, hat ein Mann zur Selbsthilfe gegriffen. Das brachte ihn auf die Anklagebank.
Wegen des 'unerlaubten Anbaus von Cannabis' musste sich ein von Bürgergeld lebender Landkreisbewohner am Kitzinger Amtsgericht verantworten.
Foto: Christian Charisius, dpa | Wegen des "unerlaubten Anbaus von Cannabis" musste sich ein von Bürgergeld lebender Landkreisbewohner am Kitzinger Amtsgericht verantworten.
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 30.12.2024 02:31 Uhr

Seit das noch relativ neue Konsumcannabisgesetz gilt, sind die Strafverfahren wegen des unerlaubten Anbaus von Cannabis eher weniger geworden. Sie tauchen aber immer wieder in der Sitzungsliste des Amtsgerichts in Kitzingen auf. Diesmal hatte es ein 42-Jähriger mit dem Anbau der Pflanzen übertrieben. Statt der erlaubten drei Pflanzen hat die Polizei 22 im Gang vor der Wohnung des Mannes in Marktbreit gefunden.

Wegen des "unerlaubten Anbaus von Cannabis" musste der derzeit von Bürgergeld lebende Mann sich vor Gericht verantworten. Dazu kam eine Anklage wegen Körperverletzung, die allerdings schnell eingestellt wurde. Der angeblich bei einem handgreiflichen Streit geschädigte Nachbar des gelernten Mechanikers hatte kein Interesse an einer Strafverfolgung gezeigt und seinen Strafantrag zurückgenommen.

Der 42-Jährige habe lediglich einen "sehr lauten Streit" zwischen ihm und seiner Ex-Freundin schlichten wollen, sagte er dem Gericht. Danach wurde der Teil der Anklage eingestellt.

"Ich werde nicht mehr lange leben"

Damit blieb die Geschichte mit den Cannabispflanzen. Und da zeigte sich, dass der – wie er mehrfach betonte – in der ehemaligen DDR geborenen Mann seine eigene Ansicht zu dem Thema hat. "Ich werde nicht mehr lange leben", sagte der 42-Jährige dem Gericht, ohne das belegen zu können. Seit er 13 Jahre alt sei, habe er einen Gehirntumor. Das einzige, was ihm helfe, sei Cannabis – und das nehme er seit vielen Jahren.

Sein Versuch, an medizinisches Cannabis zu kommen, sei gescheitert, erzählte er. "Weil die Ärzte in dieser gottverdammten Gegend nichts verschreiben", wetterte der "Tumorpatient in den letzten Tagen". Also habe er die Pflanzen selbst angebaut. "Ich halte das nicht für strafbar", sagte er. Außerdem sei er sterbenskrank, habe vor kurzem Eltern und Schwester verloren und wisse überhaupt nicht, was das ganze Verfahren in der letzten Phase seines Lebens eigentlich solle.

Auch das Cannabisgesetz hat Regeln

Das erklärte ihm der Staatsanwalt. Auch das neue Konsumcannabisgesetz habe Regeln. Und danach seien drei Pflanzen erlaubt, nicht aber 22. Im konkreten Fall handele sich um unerlaubten Anbau und damit um eine Straftat. Und dafür sehe das Gesetz Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren vor.

Auch wenn Einsicht und Reue nicht zu erkennen seien, hielt er im konkreten Fall eine Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro (120 Tagessätze zu zehn Euro) für noch angemessen. Die Richterin würdigte die "schwierigen Gesamtumstände" und hielt 1000 Euro (100 Tagessätze zu zehn Euro) für tat- und schuldangemessen. "Wir haben es hier nicht mit einem Otto-Normal-Kiffer zu tun", sagte sie am Ende. Was alle Beteiligten nach dem Aufritt des Mannes wohl unterschreiben würden.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Kitzingen
Siegfried Sebelka
Instagram-Inhalte
Körperverletzung und Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit
Marihuana
Polizei
Strafanträge
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Kai Hofstetter
    Jeden Tag einen Kasten Bier saufen dürfte er aber?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Roland Albert
    Bier ist Grundnahrungsmittel in Bayern.
    Das ist kein Argument.
    Ironie aus…
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten