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Geiselwind
Ahrtal-Hilfe: Noch heute erleben die Freiwilligen Unvorstellbares
Freitags-Fragen: Die Initiative "Paten für Katastrophenopfer" hilft den Menschen im Ahrtal. Aktuell wird ein Fußball-Camp organisiert – samt einem Abstecher ins Freizeitland Geiselwind.
Sandra Ehrenthaler (links) hilft Flutopfern im Ahrtal.
Foto: Ehrenthaler | Sandra Ehrenthaler (links) hilft Flutopfern im Ahrtal.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 09.02.2024 00:27 Uhr

Kurz vor der Flutkatastrophe Mitte vergangenen Juli war Sandra Ehrenthaler noch im Ahrtal im Urlaub. Als die Gaimersheimerin aus dem oberbayerischen Landkreis Eichstätt wenige Tage später im Fernsehen sah, was da passiert war, stand für sie sofort fest: Hier muss ich helfen! Wenig später war der Verein „Paten für Katastrophenopfer“ geboren. Seither wird geholfen, wo es nur geht.

Es fehlt weiterhin an fast allem. Aktuell wird für Nachwuchskicker des SC Rhein-Ahr Sinzig vom 6. bis 8. Mai ein Fußball-Camp in Ingolstadt samt eines Heimspiels des SC Ingolstadt gegen Hansa Rostock organisiert. Auf der Heimfahrt zurück ins Ahrtal steht am Sonntag ein Abstecher ins Geiselwinder Freizeitland an. Dazu Fragen an die Organisatorin.

Frage: Wie kam es zur Gründung der Paten für Katastrophenopfer?

Sandra Ehrenthaler: Zu Beginn der Flut habe ich Vanessa Schoon über Facebook kennengelernt. Wir hatten das gleiche Ziel: Nicht 'blind' Spenden in Lager zu fahren, sondern sie dorthin zu bringen, wo sie benötigt werden. Anfangs haben wir Schulen mit Schulbedarf ausgestattet. Schnell war klar: Die Hilfe vor Ort wird länger benötigt. Daher haben wir ein Zeichen gesetzt und aus der Facebook-Gruppe 'Paten für Katastrophenopfer' wurde ein Verein.

Wie wird genau geholfen?

Ehrenthaler: Wir helfen beim Wiederaufbau, beim Begleichen von Rechnungen, reden mit Handwerkern, bringen Lebensmittel zu den Menschen nach Hause. Wir unterstützen auch ein Mädchen mit einer Reittherapie. Kürzlich haben wir 24 Fahrräder organisiert. Von einem Klaviergeschäft aus Ingolstadt haben wir fünf Klaviere gespendet bekommen, die wir von Aachen bis Bad Neuenahr verteilt haben. Für Instrumente wird derzeit niemand Geld ausgeben, dennoch sind sie Balsam für die Seele. Wir haben auch schon Laptops verteilt. Es gibt unzählige Projekte, bei denen uns Firmen geholfen haben.

Wie groß ist der Verein?

Ehrenthaler: Hinter unserem Verein stecken Vanessa Schoon, Allessa Decker und ich.

Wie würden Sie aktuell die Lage vor Ort beschreiben?

Ehrenthaler:  Die Menschen, die ich dort kenne, jammern nicht. Sie versuchen, stark zu sein. Manchmal kann man nicht glauben, dass die Katastrophe fast ein Jahr zurück liegt. Was mir besonders weh tut: Die Familien, die wir betreuen, können noch immer nicht in ihr Zuhause zurück. Die finanzielle Unterstützung des Staates ist nach wie vor bei unseren Betroffenen nicht angekommen, somit können auch die Handwerker nicht bezahlt werden. Gerade die Rentner sind absolut am Limit. Unvorstellbar, dass es hier oft sogar an Lebensmitteln fehlt.

Woher kommt Ihr Engagement?

Ehrenthaler: Am  Wochenende vor der Flut bin ich durchs Ahrtal gefahren. Ich habe viele Menschen dort in mein Herz geschlossen: eine 83 Jahre alt Frau, die vor Jahren für ihr soziales Engagement sogar das Bundesverdienstkreuz bekommen hatte. Sie hat in der Flut alles verloren. Wenn man die Geschichten hört, wie die Menschen zuvor gelebt haben und wie von heute auf morgen ihr komplettes Leben, das ganze Umfeld, alles einfach, auf den Kopf gestellt wird, da kann man nicht aufhören, da muss man kämpfen. Eine weitere Frau, 60 Jahre alt, hat ihren Mann in der Flut verloren. Dann ist da noch eine Oma, die mit ihrer Enkelin in einem Tiny House lebt, die sich nicht unterkriegen lässt. Ich habe diese Menschen in mein Herz geschlossen und möchte mehr bewegen.

Was hat es jetzt mit dem Fußball-Camp auf sich? Wie läuft das Wochenende in Bayern ab?

Ehrenthaler: Am Freitag um 14 Uhr geht es los. Der SC Rhein-Ahr Sinzig ist auf die Unterstützung von anderen Vereinen angewiesen, die ihnen ihre Spielstätten zur Verfügung stellen. Das ist nicht einfach. Das Fußball-Camp in Ingolstadt ist für die B- und C-Jugend. Am Samstag wird zudem das Spiel des FC Ingolstadt gegen Hansa Rostock besucht.

Wie kam es zum Kontakt mit dem Freizeitland Geiselwind?

Ehrenthaler: Ich hatte das Freizeitland schon länger im Kopf. Die Marketing-Leiterin, Iris Sasse, kommt wie ich ursprünglich aus Rheinland Pfalz. Sie hat sich der Sache angenommen und ihr Chef hat direkt zugesagt, uns einzuladen – was für ein schönes Geschenk!

Wie groß ist die Gruppe?

Ehrenthaler: Die Gruppe besteht aus 17 Jungs und sieben Betreuern, also Eltern und Trainer. Alle freuen sich schon auf Geiselwind.

Welche Hilfe ist weiterhin vor Ort wichtig?

Ehrenthaler: Tatsächlich ist derzeit mit am Wichtigsten, dass die Menschen mit Lebensmitteln und Lebensmittelgutscheinen unterstützt werden.

Ist ein Ende Ihrer Unterstützung überhaupt absehbar?

Ehrenthaler: Ich denke, hier kann man keinen Endpunkt festsetzen. Wir machen das, was wir machen, mit Herzblut. Die Hilfe vor Ort wird noch sehr lange benötigt. Selbst wenn die Häuser wieder hergestellt worden sind, brauchen die Menschen noch lange Unterstützung.

Weitere Infos unter https://paten-fuer-katastrophenopfer.de

 
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