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Volkach
Feuerwehr Volkach in Altenahr: Bombenfund und bestialischer Gestank
Nach der Flutkatastrophe im Landkreis Ahrweiler sind unterfränkische Helfer dort im Einsatz. Moritz Hornung erlebt Horrorgeschichten – und schreibt darüber online Tagebuch.
Während am Ortseingang von Altenahr die Häuser zerstört sind und wenn überhaupt, nur noch Ruinen übrig geblieben sind, sind im Ortskern oberhalb der Brücke immerhin die Grundmauern erhalten geblieben.
Foto: Moritz Hornung | Während am Ortseingang von Altenahr die Häuser zerstört sind und wenn überhaupt, nur noch Ruinen übrig geblieben sind, sind im Ortskern oberhalb der Brücke immerhin die Grundmauern erhalten geblieben.
Barbara Herrmann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:45 Uhr

Jeden Abend, wenn die sechs Männer der Feuerwehr Volkach (Lkr. Kitzingen) aus dem Katastrophengebiet im Ahrtal zurückkommen in das Lager am Nürburgring, sprechen sie über das Erlebte. Über kriegsähnliche Zustände einer vom Hochwasser zerstörten Region, über hochgiftigen Staub, einen Bombenalarm und Schicksale, die sprachlos machen. Moritz Hornung, der Pressesprecher der Volkacher Feuerwehr, schreibt es auf – und gibt all seinen Kameradinnen und Kameraden damit eine Stimme. Sein Online-Tagebuch auf der Seite der Feuerwehr Volkach hat mittlerweile über 65 000 Zugriffe pro Tag, Tendenz steigend.

Feuerwehrmann Moritz Hornung schreibt zusammen mit seinen Kameraden ein Online-Tagebuch über den Einsatz im Katastrophengebiet Ahrtal.
Foto: Ralf Dieter | Feuerwehrmann Moritz Hornung schreibt zusammen mit seinen Kameraden ein Online-Tagebuch über den Einsatz im Katastrophengebiet Ahrtal.

Die Volkacher sind Teil eines 38-köpfigen Ölwehr-Kontingents aus Unterfranken, das seit Donnerstag in Rheinland-Pfalz im Einsatz ist. Am Montag wurden sie abgelöst von neuen Feuerwehrleuten, die den Rest der Woche Öltanks auspumpen und zerstörte Häuser ausräumen werden. Zeit für eine Zwischenbilanz mit Moritz Hornung, kurz bevor er sich aus dem Lager am Nürburgring auf den Heimweg machte.

Frage: Wie ist die Lage in Altenahr?

Moritz Hornung: Als wir am ersten Tag in Altenahr angekommen sind, standen wir in dort in der Ruinenlandschaft. Da ist uns ein 85-jähriger Mann begegnet, der uns von der Flut erzählt hat. Was er Schreckliches erlebt hat, ist kaum wiederzugeben. Die ganze Nacht saß er auf seinem Hausdach, während um ihn herum seine Nachbarn nacheinander ertrunken sind und die Häuser weggeschwommen. Wir versuchen, Trost zu spenden, sind aber oft selbst sprachlos. Ich habe vorher viele gelesen und Bilder gesehen, aber es ist nicht vergleichbar mit dem, was man hier vor Ort wirklich erlebt.

Inwiefern?

Hornung: Schon der Gestank ist bestialisch. Der Schlamm hat hier alles überzogen, ist jetzt größtenteils getrocknet und enthält alles: Öle, Chemikalien, Fäkalien. Jedes Fahrzeug wirbelt den Staub auf und es brennt fürchterlich, wenn du ihn in die Augen bekommst. Darum tragen wir den ganzen Tag Schutzbrillen und Mundschutz. An manchen Tagen bekommst Du kaum Luft, weil der Staub so in diesem Tal hängt. Ständig fliegen zudem Hubschrauber darüber und wirbeln ihn auf.

Welche Aufgabe haben die unterfränkischen Feuerwehrleute zwei Wochen nach der Flut?

Hornung: Das unterfränkische Kontingent war erst in Altenahr, dann in Altenburg eingeteilt. Der Zustand der Gebäude in Altenahr ist total unterschiedlich, manche sind völlig zerstört, im Ortskern oberhalb der Brücke hingegen sind immerhin die Grundmauern stehen geblieben. Da in der Region hauptsächlich mit Öl geheizt wird, befindet sich eigentlich in fast jedem Keller ein Öltank. Sie wurden durch die Flutwelle größtenteils aufgeschwemmt und sind in neuer Position gelandet. Diese Tanks öffnen die Ölwehrkräfte und saugen das Öl ab. Zudem pumpen wir Keller aus, die mit einem Gemisch aus Öl und Wasser vollstehen.

Mit Kettensägen und unter Vollschutz werden die Öltanks aufgeschnitten, damit sie abgepumpt werden können.
Foto: Moritz Hornung | Mit Kettensägen und unter Vollschutz werden die Öltanks aufgeschnitten, damit sie abgepumpt werden können.
Was ist dabei die größte Herausforderung?

Hornung: Die Arbeit hier ist nicht nur psychisch, sondern auch physisch sehr belastend. Wir steigen den ganzen Tag durch Trümmer und Schlamm, und das mit Maske und Vollschutzanzug. Du musst da wirklich körperlich hart arbeiten. Wir waren in der Altstadt von Altenahr, da sind solch enge und verwinkelte Keller, solche sieht man selbst in der Volkacher Altstadt ganz selten.

Sind Sie auf einen solchen Einsatz gut vorbereitet?

Hornung: Grundsätzlich schon, aber es ist trotzdem ganz anders, als wir es von zuhause kennen. Die Lage hier ist so dynamisch, teilweise ändert sich die Situation minütlich. Bestes Beispiel dafür ist der Bombenfund am Samstag. Wir hatten die Info bekommen, uns in der Tunnelstraße um Öltanks zu kümmern. Wir sind gerade ausgestiegen und wollten erkunden gehen, da kam über Funk die Warnung, dass wir sofort flüchten sollen, weil eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden wurde. Autos mussten stehen bleiben, wir einfach losrennen. Für Angst war da aber keine Zeit, da macht man einfach, das kommt erst im Nachhinein.

Ein Blick auf die Zeltstadt für die Helfer am Nürburgring, die Hornung als sehr gut organisiert beschreibt. 
Foto: Moritz Hornung | Ein Blick auf die Zeltstadt für die Helfer am Nürburgring, die Hornung als sehr gut organisiert beschreibt. 
Und dann haben Sie abends noch Zeit und Energie, ein Online-Tagebuch zu führen?

Hornung: Abends, bevor wir ins Bett gehen, setzen wir uns gemeinsam hin und reden darüber, wie der Tag war, und verfassen den Bericht. Am nächsten Tag nach dem Frühstück und in der Stunde der Fahrt vom Nürburgring zur Einsatzstelle wird der Text nochmal Korrektur gelesen, bevor wir ihn gegen 9 Uhr online stellen. Das ist eine Art der Aufarbeitung für uns, aber es geht vor allem darum, was hier alles geleistet wird. Die Menschen müssen mitbekommen, welches Engagement hier im Team geleistet wird. Ich bin nur derjenige, der es nach außen transportiert.

Unterfränkische Hilfe in Rheinland-Pfalz

Team: Auf Anforderung des bayerischen Innenministeriums hat die Regierung von Unterfranken das Ölwehrkontingent mit 38 Feuerwehrleuten aus den Landkreisen Bad Kissingen, Haßberge, Kitzingen, Miltenberg und Würzburg in das Katastrophengebiet nach nach Rheinland-Pfalz entsandt. Die Meldung hierfür kam erst am Mittwoch um 17 Uhr, am Donnerstag um 11 Uhr sind die Einsatzkräfte losgefahren. Aus Volkach sind sechs Spezialisten für Ölwehreinsätze mit zwei Einsatzfahrzeugen unterwegs. Am Montag wurden die Feuerwehrler durch neue Kräfte abgelöst.
Flutkatastrophe: In Rheinland-Pfalz wird bislang von 135 Toten ausgegangen, 59 weitere Menschen werden noch vermisst. In Nordrhein-Westfalen gab es 47 Todesopfer. Die verheerenden Überschwemmungen am 14. und 15. Juli haben das Ahrtal besonders hart getroffen.
Quelle: bh, dpa
 
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Kommentare
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  • A. K.
    Hut ab!!! Alle Achtung für ALLE Helfer vor Ort !!!
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • R. B.
    Sie haben meinen größten Respekt. Nur das lesen macht mich bedrückt. Wie muss es da den Helfern gehen.

    Vielen Dank, dass sie mit ihren Kollegen mit anpacken!
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  • A. S.
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  • K. W.
    Unseren allergrößten Respekt!
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