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LANDKREIS KITZINGEN
Wiederaufbau im Ahrtal: Vom Nothelfer zum Freund
team franken       -  Mit einem Selfie verewigte Frank Dominik (2. von rechts) das „Team Franken“. Nach dem Aufruf in der Zeitung   packten zusammen mit dem Weigenheimer auch Franz, Gerhard, Gottfried und Agatha  im Ahrtal tatkräftig mit an.
| Mit einem Selfie verewigte Frank Dominik (2. von rechts) das „Team Franken“. Nach dem Aufruf in der Zeitung packten zusammen mit dem Weigenheimer auch Franz, Gerhard, Gottfried und Agatha im Ahrtal ...
Thomas Feiler
 |  aktualisiert: 06.12.2022 16:35 Uhr

Während wir die vergleichsweise ruhige Zeit „zwischen den Jahren“ genießen, sind Frank Dominiks Gedanken bei Familie Jakobs im Ahrtal. Als im Juli eine Flutkatastrophe das Ahrtal verwüstete, fuhr der 49-jährige Franke hin, um zu helfen. Er wurde Sylvia Jakobs zugeteilt. Ihr eigenes Haus, das ihrer Eltern und ein Mietshaus waren stark beschädigt. Das Haus ihrer Schwester konnte nur noch abgerissen werden.

Dominik war da, half, startete bei sich zuhause Spenden- und Hilfsaufrufe, informierte mit Bildern der Zerstörung im Ahrtal in den Filialen seines Goldankaufs in Weigenheim, Neustadt an der Aisch und Kitzingen seine Kunden über die Not. Was hat sich seitdem getan?

Es gab viele Spenden, wofür Dominik sehr dankbar ist: Sachspenden im Wert von 37.000 Euro und insgesamt über 16.000 Euro Geldspenden. Die größte Einzelspende betrug 3.000 Euro und kam von einer Frau, die von Dominiks Vorhaben in der Zeitung gelesen hatte. Mit dem Geld kaufte der Franke vor allem Materialien und Gerätschaften, die er und ein Freund abwechselnd bei mehreren Fahrten ins über 300 Kilometer entfernte Ahrtal transportierten.

Handwerker sind heiß begehrt

Jeweils 500 Euro übergab er den Verantwortlichen zweier Kindertagesstätten in der Gegend, deren Räumlichkeiten so sehr von der Flut getroffen worden waren, dass sie nicht mehr nutzbar waren und man in Provisorien ausweichen musste. Man habe sich sehr über die Spende gefreut und sei unglaublich dankbar, sagt Cara Küpper von der Kita-GmbH auf Anfrage; man wolle das Geld nutzen, um Bücher, CDs und weitere Medien zu kaufen.

Und bei Familie Jakobs? Neben Hilfe bei der Arbeit und Materialspenden erhielten die Jakobs 5.000 Euro, um Rechnungen zu bezahlen – davon kamen und kommen einige, denn die Versicherung trägt längst nicht alle Schäden und Anträge auf finanzielle Hilfe kommen nur schleppend voran. Das liegt unter anderem auch daran, dass viele wichtige Unterlagen verloren gegangen sind. Das bedeutet: Behördengänge, Anträge für neue Dokumente, zusätzliche Kosten und mehr Zeit, die verstreicht.

Dazu kommt: Im Ahrtal herrscht enormer Fachkräftemangel. 40.000 Menschen sollen von den Hochwasserfolgen betroffen sein; Handwerker sind nun gefragt. Eine fränkische Malermeisterin meldete sich bei Dominik, sie wolle helfen; demnächst wird auch sie vorbeischauen und bei den Jakobs die Häuser streichen.

Zurzeit wartet Sylvia Jakobs auf Heizungsmonteure und Fliesenleger. Sie schätzt, dass die Heizung frühestens im Januar funktionieren wird. Im Elternhaus liegt jetzt schon der Estrich, der muss noch trocknen. Die Außenarbeiten sind bereits erledigt, die Bäder aber noch kaputt. Das Mietshaus hingegen sieht noch „sehr traurig“ aus, sagt Jakobs. Wenn sie bei sich zuhause etwas kochen will, muss sie raus und mit einem provisorischen Gaskocher arbeiten – denn: Die Küche ist noch nicht fertig. Und doch, sagt sie, gehe es ihr im Vergleich zu anderen recht gut.

„Er ist ein Goldstück“

Wenn Leute von außerhalb bei ihr vorbeischauen, sind sie überrascht davon, wie es hier noch aussieht, erzählt Jakobs. Für viele sei die Flut bereits Geschichte. Jakobs selbst hat seit der Flut keinen Fernsehanschluss, sieht also nicht, dass das Ahrtal in Nachrichtensendungen kaum noch Thema ist. „Die Aufmerksamkeit ist weg“, sagt Dominik. „Und das ist schlimm für die Leute.“

Umso dankbarer ist Jakobs ihrem Helfer, Frank Dominik, der die Leute über Social Media und in seinen Geschäften daran erinnert, dass es bei der Flutkatastrophe im Ahrtal ursprünglich um etwas anderes und mehr ging als das Lachen eines Politikers. „Wenn wir ihn nicht gehabt hätten, wären wir nicht da, wo wir jetzt stehen – auch emotional“, sagt Jakobs über Dominik. „Haltet durch“, habe er immer wieder zu ihr gesagt – und: „Ihr werdet nicht vergessen.“ Sie schreiben per WhatsApp miteinander, telefonieren. Kürzlich erhielt Dominik einen Brief von Jakobs – darin stand: „Du kamst als Fremder, gingst als Freund und wurdest Familie.“

Weihnachten, das Fest, an dem Familien zusammenrücken, war bei den Jakobs lange kein Thema: die Arbeiten an den Häusern, zudem zwei Coronafälle in der Familie, die aber zum Glück glimpflich verliefen. Erst danach kam die Frage nach Weihnachten auf. Die Jakobs stellten draußen eine Garnitur auf – und improvisierten Weihnachten.

Sylvia Jakobs hatte ein Geschenk für Frank Dominik: ein Foto von ihm, Sylvia und ihrem Mann Uwe in einem goldenen Rahmen. Passt ja zu einem Goldhändler, dachte sie sich und sagt: „Er ist ein Goldstück.“ Das Geschenk habe ihn sehr gefreut, sagt Dominik. Es steht bei ihm zuhause neben den Fotos seiner anderen Familienmitglieder.

Kontakt: Frank Dominik wird sich weiterhin im Ahrtal engagieren. Wer seine Arbeit unterstützen möchte, kann Geld spenden: Spendenkonto Flutopfer Ahrweiler z. Hd. Erich Wendler, IBAN: DE1 776 069 559 010 591 9819, BIC: GENODEF1NEA, Kunden-Referenznummer: Spende Flutopfer Ahrweiler. Bei Nachfragen kann man Frank Dominik erreichen unter: 0171/ 571 6020.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version wurde Diana Fuchs als Autorin genannt. Das ist falsch. Thomas Feiler hat den Artikel über den Wiederaufbau geschrieben. 

dominikaufraeum       -  Bloß nicht auch noch das Lachen verlieren: Dieses Foto von Sylvia Jakobs (oben rechts) und anderen Helfern entstand bei einer Pause während der Aufräumarbeiten. FotoS: Frank Dominik
| Bloß nicht auch noch das Lachen verlieren: Dieses Foto von Sylvia Jakobs (oben rechts) und anderen Helfern entstand bei einer Pause während der Aufräumarbeiten. FotoS: Frank Dominik
frankdominik       -  Vom Helfer zum Freund: Die von der Flut schwer getroffenen Jakobs nehmen Frank Dominik in die Mitte.
Foto: JAKOBS | Vom Helfer zum Freund: Die von der Flut schwer getroffenen Jakobs nehmen Frank Dominik in die Mitte.
uwejakobshisstdorffahnealszeichennichtaufzugeben       -  „Ein Zeichen, dass wir nicht aufgeben“: Uwe Jakobs hisst die Ahrweiler Flagge.
Foto: JAKOBS | „Ein Zeichen, dass wir nicht aufgeben“: Uwe Jakobs hisst die Ahrweiler Flagge.
herr wendler       -  Der Franke Erich Wendler streicht bei Familie Jakobs eine Wand.
| Der Franke Erich Wendler streicht bei Familie Jakobs eine Wand.
 
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