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Castell
Abschied von Marie-Louise zu Castell-Castell: Die Mutter von Ferdinand Fürst zu Castell-Castell ist mit 94 Jahren gestorben
Ihr unerschütterlicher Glaube half ihr über schwere Lebensphasen hinweg, auch über den Tod von zwei Kindern. Nun trauert Castell um die eindrucksvolle Persönlichkeit.
Offener Blick, freundliches Lächeln, interessierte Gesprächspartnerin: So werden die Casteller ihre Marie-Louise zu Castell-Castell im Gedächtnis behalten. 
Foto: Diana Fuchs | Offener Blick, freundliches Lächeln, interessierte Gesprächspartnerin: So werden die Casteller ihre Marie-Louise zu Castell-Castell im Gedächtnis behalten. 
Diana Fuchs
 |  aktualisiert: 23.12.2024 02:30 Uhr
Jeden Tag im Advent eine Kerze mehr: Marie-Louise zu Castell-Castell führte eine 300 Jahre alte Tradition fort. Unser Bild entstand im Dezember 2023. 
Foto: Diana Fuchs | Jeden Tag im Advent eine Kerze mehr: Marie-Louise zu Castell-Castell führte eine 300 Jahre alte Tradition fort. Unser Bild entstand im Dezember 2023. 

Die Fahne am Casteller Schloss weht auf Halbmast. Mit Marie-Louise zu Castell-Castell geht eine Ära zu Ende; die Todesnachricht berührt viele Menschen. Die Mutter von Ferdinand Fürst zu Castell-Castell war trotz ihrer Herkunft zeitlebens eine nahbare Frau geblieben, die nicht wegsah, wenn Menschen in Not waren. Am 12. Dezember starb sie im Alter von 94 Jahren in ihrem Heimatort Castell.

"Eine bewundernswerte Frau", "Bei ihr habe ich Stärke und Herzenswärme gespürt", "Ich hatte immer Respekt vor ihrer Geradlinigkeit und ihrem festen Glauben": Mit Sätzen wie diesen reagieren Bürgerinnen und Bürger auf ihren Tod. Ihr Humor, ihre Tatkraft, ihre Menschenfreundlichkeit und ihr unerschütterliches Vertrauen zu Gott zeichneten Marie-Louise zu Castell-Castell aus. Ihr Glaube half ihr gerade auch in dunklen Zeiten, von denen sie keineswegs verschont blieb.

Die Prinzessin aus dem hohen Norden heiratet den jungen Casteller Fürsten

Gemeinsam durchs Leben: Fürst Albrecht zu Castell-Castell und seine Frau Marie-Louise waren von 1951 bis zum Tod des Fürsten 2016 ein Ehepaar. 
Foto: Undatiertes Archivbild | Gemeinsam durchs Leben: Fürst Albrecht zu Castell-Castell und seine Frau Marie-Louise waren von 1951 bis zum Tod des Fürsten 2016 ein Ehepaar. 

Als Prinzessin zu Waldeck und Pyrmont kam Marie-Louise 1930 in Kiel zur Welt. Sie wuchs in Holstein und Mecklenburg auf. Nach der Mittleren Reife absolvierte sie eine land- und hauswirtschaftliche Ausbildung. "Ich habe Dinge wie Ställe-Ausmisten, Hühner-Tasten – fühlen, ob sie bald Eier legen – und Eintopf-Kochen gelernt und die wichtige Erfahrung gemacht, was es heißt, in einer abhängigen Stellung tätig zu sein", erzählte sie in einem ihrer letzten Interviews.

Casteller Weinfest im Juli 2019: Beim Festzug durch den Schlosspark geleiteten zwei Enkel Marie-Louise zu Castell-Castell.
Foto: Andreas Stöckinger | Casteller Weinfest im Juli 2019: Beim Festzug durch den Schlosspark geleiteten zwei Enkel Marie-Louise zu Castell-Castell.

Mit 21 Jahren, im Jahr 1951, heiratete die Prinzessin aus dem hohen Norden Albrecht Fürst zu Castell-Castell und zog zu ihm nach Franken, an den Rand des Steigerwalds, wo sie im Casteller Schloss fortan einen großen Haushalt führte. Ihr Mann musste als Kriegsheimkehrer in schwerer Zeit – sein Vater und sein älterer Bruder waren im Krieg gefallen – den Familienbesitz übernehmen. Das hieß, er hatte enorme Verantwortung zu tragen für den Castellschen Weinbau, die Land- und Forstwirtschaft sowie die Fürstlich Castell'sche Bank. Seine Frau hielt ihm stets den Rücken frei.

Der älteste Sohn kam auf dem Weg zum Weihnachtsfest in Castell ums Leben

Acht Kindern schenkte Marie-Louise zu Castell-Castell das Leben. Zwei der Kinder starben früh: Töchterchen Christina mit zweieinhalb Jahren, der älteste Sohn Maximilian mit 21 Jahren auf dem Weg nach Castell zum Weihnachtsfest bei einem Unfall, verursacht von einem Betrunkenen.

Trotz dieser grausamen Erlebnisse haderte die Mutter nie mit ihrem Gott. "Nicht er hat den Unfall verursacht", sagte sie. Ihr Leben lang war sie davon überzeugt, dass die Liebe Gottes alles heilen kann – und dass Gott durch Menschen Gutes auf der Welt bewirkt. In ihrem Buch "Vergebung, Versöhnung, Heilung" erzählt sie von persönlichen Erlebnissen und schildert, wie man Segen empfängt und weiterschenkt, wie man Mitmenschen vergibt und neu anfängt.

Keine Angst vor dem Tod, sondern Vorfreude aufs Wiedersehen mit ihren Lieben

Lady in Red: Marie-Louise zu Castell-Castell begleitete ihren Mann Albrecht (Mitte) gern zu offiziellen Anlässen, wie hier im Januar 2016 bei einem Symposium der Universität Würzburg.
Foto: Norbert Hohler (Archivbild)  | Lady in Red: Marie-Louise zu Castell-Castell begleitete ihren Mann Albrecht (Mitte) gern zu offiziellen Anlässen, wie hier im Januar 2016 bei einem Symposium der Universität Würzburg.

Seit dem Tod ihres Ehemannes Albrecht Fürst zu Castell-Castell im Mai 2016 lebte Marie-Louise allein im sogenannten Casteller Schlösschen. Einsam war sie nie: Mindestens eines ihrer Kinder oder der 32 Enkelkinder war meistens zu Gast, oft mitsamt einem der 68 Urenkel. Auch andere Familienmitglieder, Freunde und Casteller Bürger schätzten ihr offenes Haus.

Kurz vor dem Weihnachtsfest im vergangenen Jahr stellte Marie-Louise zu Castell-Castell fest: "Das Alter ist eine gute Phase im Leben – sofern wir nicht ständig jammern, sondern uns entschließen, das, was uns bleibt, mit Dankbarkeit zu genießen." Sie selbst hielt sich genau an dieses Motto. Angst vor dem Tod hatte sie nicht. Im Gegenteil: Sie freute sich auf ein Wiedersehen mit ihren Lieben. Im Kreis ihrer Familie starb sie am 12. Dezember friedlich und im Vertrauen auf ihren Gott.

An diesem Samstag werden sich viele Casteller und andere Gäste bei der Trauerfeier ab 11 Uhr in der örtlichen Johanneskirche von Marie-Louise Fürstin zu Castell-Castell verneigen. Nicht wegen ihres Titels, sondern wegen ihrer großen Persönlichkeit.

 
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