
Das wichtigste Transformationsziel ist erreicht: In der Fürstlich Castell'schen Bank (Würzburg) stimmen die Zahlen wieder. Pünktlich zum Jubiläum ihres 250 -jährigen Bestehens ist die älteste Bank Bayerns wieder aus eigener Kraft profitabel. In den Vorjahren war das Plus in der Bilanz vor allem durch eine gewinnträchtige Beteiligung an der Schweinfurter Mercator Leasing erreicht worden.
Als die Bank 1774 gegründet wurde, wollte sie Kaufleute, Handwerker und Bauern mit Kleinkrediten unterstützen. Es waren Zeiten schlechter Ernten und großer Hungersnot. Aus kleinen Anfängen entwickelte sich ein Erfolgsmodell, das lange Bestand hatte.
Erstarrte Strukturen hatten Reformen bei der Bank verhindert
Doch die Zeiten ändern sich: Ein Vierteljahrtausend später waren die Nothelfer von damals selbst in Not geraten. Das Erbe der jahrhundertealten Tradition hatte lange die nötigen Reformen verhindert. In den Gebäuden und auf dem Geschäftsmodell hatte sich viel Staub angesammelt. Flexible, schnelle, ortsunabhängige Internet-Banken waren zu einer ernsten Bedrohung für die kleine, regionale, in ihren Strukturen erstarrte Bank geworden.
Bald drehte sich das Personalkarussell in der Vorstandsetage immer schneller und auch Abteilungsleiter und Berater wechselten zur Konkurrenz. Schließlich stand sogar der Fortbestand der Castell-Bank, so der verkürzte Name, im Eigentum der beiden Fürstenhäuser Castell-Castell und Castell-Rüdenhausen (beide Lkr. Kitzingen) auf dem Spiel. Weiter machen, wie bisher, war keine Option. Die Bank verordnete sich ein Rosskur.
"Heute", so sagt Miteigentümer Ferdinand Fürst zu Castell-Castell, "macht die Bank wieder richtig Spaß: den Kunden, den Mitarbeitern und mir." Den Weg der Transformation vorangetrieben hat maßgeblich Ingo Mandt, zunächst als Aufsichtsratsvorsitzender, inzwischen als Vorstandssprecher.
Überzeugungsarbeit bei den Mitarbeitenden geleistet

Es blieb kein Stein auf dem anderen. Das gilt fast wörtlich, denn derzeit wird die Zentrale am Würzburger Marktplatz von Grund auf renoviert. Und der Vorstand selbst hat sich verändert: Führungskräfte, mit denen der Umbau nicht zu machen war, verließen das Haus. An ihre Stelle rückten erfahrene Experten aus anderen Banken.
Auch die rund 200 Mitarbeitenden mussten erst in Schulungen und Gesprächen für die Veränderungen gewonnen werden – oder sie gingen. Inzwischen ist ein Drittel von ihnen noch nicht länger als drei Jahre an Bord.
Filialen in Unterfranken geschlossen, aber in Oberfranken und Frankfurt eröffnet
Damit nicht genug: Die Castell-Bank schloss auch ihre Filialen auf dem Land. Nicht einmal der Stammsitz Castell blieb davon verschont. Nach Worten Mandts hielt sich allerdings die Aufregung darüber in Grenzen: "Wir haben kaum Kunden verloren", sagt er rückblickend.
Was der Vorstand in der Region aufgegeben hat, entstand dafür zentral in Franken und Frankfurt neu: Für Oberfranken hat die Castell-Bank eine Anlaufstelle in Bamberg geschaffen. Und mit einer Vertretung in Frankfurt wagt man sich im Schatten der Großbanken-Wolkenkratzer gar in die wichtigste deutsche Finanzmetropole.

Doch der entscheidende Schritt, berichtet Ingo Mandt, vollzieht sich hinter diesen Kulissen: Die Stärken gilt es auszubauen; auf schwache Geschäftsfelder verzichtet man oder lagert sie an Partner aus. Produktgruppen wurden ausgemistet und vereinfacht. Das Kernstück: Mit der Umstellung auf ein beraterbasiertes Online-Banking – im Castell-Bank-Jargon: die "Dialog-Filiale" – erreicht man Kunden deutschlandweit übers Telefon oder Internet, unabhängig von Banköffnungszeiten oder Standorten.
Damit hat die Bank laut Mandt unerwartet großen Erfolg: Bis aus Hamburg kommen mittlerweile Anfragen. 78 Prozent der Kundinnen und Kunden seien neu. Diese breitere wirtschaftliche Basis braucht die Bank, um profitabel arbeiten zu können. Das Potenzial lässt sich allein aus der Stammregion nicht generieren. Oder wie Mandt sagt: "Wir müssen auch die Auswärtsspiele gewinnen, um erfolgreich zu sein."
Neue Kundschaft sucht nach sicheren Häfen in unsicherer Zeit
Die neue Kundschaft interessiere sich nach den Worten des Vorstandssprechers vor allem für die werteorientierte, eigentümergeführte Traditionsbank. Sie gilt ihnen in unsicheren Zeiten als sicherer Hafen. Werte wie Verlässlichkeit und Nachhaltigkeit, die die Eigentümer schon seit Jahrhunderten in ihren Forst- und Weinbaubetrieben verwirklichten, strahlten auch auf die Bank aus und erzeugten eine emotionale Anziehungskraft. Das erzählt Mandt aus Gesprächen der Berater mit der Kundschaft.

Dazu betont Fürst zu Castell-Castell: "Wir waren nie die Bank der Superreichen." Und auch Mandt stellt klar, dass die Fürstlich Castell'sche Bank Vermögensaufbau und -verwaltung auch für den kleinen Geldbeutel anbietet.
Diesen Schwerpunkt des Geschäftsmodells will man noch ausbauen, somit mehr Kundschaft und mehr Einnahmen generieren. Die steigenden Zinsen haben diesen Aufwärtstrend unterstützt: Im Bilanzjahr 2023 durfte sich die Bank über einen warmen Geldregen freuen. Die Zahlen stimmen, und damit hat das geschichtsträchtige Haus wieder eine Zukunft.
Umstruktierungen waren sicher zuweilen schmerzlich, aber auch nötig, wie auch die deutliche Erweiterung des auswärtigen Kundenkreises.
Auf zu neuen Ufern unter Beibehaltung und sorgfältiger Pflege des Bewährten.
Wie heißt es doch so treffend, wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.