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Seltene Einblicke: Wie Marie-Louise Fürstin zu Castell-Castell Weihnachten feiert und was sie sich wünscht
Heiligabend im Schloss: Marie-Louise zu Castell-Castell erzählt von Liebe, Tod und Leben, einem brennenden Kreuz und einer uralten Tradition.
Ihr tiefer Glaube hat Marie-Louise Fürstin zu Castell-Castell auch durch dunkle Zeiten ihres Lebens getragen.
Foto: Diana Fuchs | Ihr tiefer Glaube hat Marie-Louise Fürstin zu Castell-Castell auch durch dunkle Zeiten ihres Lebens getragen.
Diana Fuchs
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:29 Uhr

Weihnachten im Schloss – was ist das für ein Erlebnis? Wer könnte diese Frage besser beantworten als Marie-Louise Fürstin zu Castell-Castell? Die geborene Prinzessin zu Waldeck und Pyrmont – achtfache Mutter, 32-fache Großmutter und 68-fache Uroma – erlebt in diesen Tagen ihr 93. Weihnachtsfest. Seit dem 1. Advent zelebriert sie im Casteller Schlösschen, ihrem Alterssitz, um einen großen Kranz aus Nadelzweigen eine Familientradition. Im Interview verrät sie, was es mit den über zwei Dutzend Kerzen auf dem Kranz auf sich hat und warum man drumherum auch krächzen darf.

Jeden Tag im Advent eine Kerze mehr: Marie-Louise zu Castell-Castell führt im 'Schlössle' eine 300 Jahre alte Tradition fort. Die Mitarbeiterinnen Annegret und  Anna sind gerne dabei. 
Foto: Diana Fuchs | Jeden Tag im Advent eine Kerze mehr: Marie-Louise zu Castell-Castell führt im "Schlössle" eine 300 Jahre alte Tradition fort. Die Mitarbeiterinnen Annegret und  Anna sind gerne dabei. 
Was ist das für eine Tradition, die Sie da pflegen?

Marie-Louise zu Castell-Castell: Die Tradition ist schon 300 Jahre alt. Alle, die gerade da sind – Familienmitglieder, Mitarbeiter oder auch Menschen aus dem Ort –, treffen sich immer morgens um halb zehn zu einer kurzen Andacht. Im Advent ist diese besonders schön, da sitzen wir in meinem Arbeitszimmer um einen großen Kranz aus Fichten- oder Tannenzweigen. Am 1. Advent wird die erste Kerze auf dem Kranz angezündet, an jedem Folgetag eine weitere. An jeder Kerze hängt ein Bibelspruch. Die Anwesenden lesen die Sprüche abwechselnd vor; früher mussten die Kinder sie auswendig lernen. Wir lesen dazu ein Kapitel aus dem Losungskalender und beten gemeinsam. Außerdem werden Lieder angestimmt.

"Wenn man mal alle 32 Enkel zusammenbekäme, das wäre was."
Marie-Louise zu Castell-Castell
Was sind das für Sprüche und Lieder?

Marie-Louise zu Castell-Castell: Die Lieder suche ich nach Gefallen aus. Wenn gerade keine begnadeten Sänger da sind, sage ich immer: Einfach los, Gott hört es auch, wenn wir krächzen (lacht). Die Sprüche stammen aus dem Alten Testament. Unsere Vorfahren haben sie vor Jahrhunderten zusammengetragen. Eine Tante hat sie in 1947 einmal fein-säuberlich abgeschrieben. Anfangs war die Hausandacht für mich eine ererbte Pflichtübung – heute liebe ich sie. Für mich sind die Bibelworte wertvolle Begleiter im Leben. Das Wort Gottes trägt mich auch durch dunkle Zeiten.

An jeder Kerze hängt ein Adventsspruch aus dem Alten Testament. 
Foto: Diana Fuchs | An jeder Kerze hängt ein Adventsspruch aus dem Alten Testament. 
Meinen Sie die Zeit nach dem Tod Ihres Mannes Albrecht Fürst zu Castell-Castell im Jahr 2016?

Marie-Louise zu Castell-Castell: Nicht nur. Zwei meiner acht Kinder leben nicht mehr auf dieser Welt. Unsere Tochter Christina ist schon mit zweieinhalb Jahren gestorben, unser ältester Sohn ist mit 21 Jahren tödlich verunglückt. Er war damals bei der Bundeswehr und fuhr gerade zum Weihnachtsfest nach Hause.

Haben Sie da nicht an Gott gezweifelt?

Marie-Louise zu Castell-Castell: Nicht Gott hat den Unfall verursacht, sondern ein Betrunkener. Ohne meinen Glauben und die Gewissheit, dass meine Kinder bei Gott sind und ihnen da nichts Böses mehr widerfährt, wäre alles noch viel schlimmer gewesen. Mein Herzensspruch ist "Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit". Das soll auch mal auf meinem Grabstein stehen.

Marie-Louise zu Castell-Castell hat auch an ihrem Christbaum echte Kerzen. Allerdings gibt es auch eine elektrische Lichterkette, 'weil ich es sehr mag, wenn der Baum schon leuchtet, wenn man ins Zimmer kommt'. 
Foto: Diana Fuchs | Marie-Louise zu Castell-Castell hat auch an ihrem Christbaum echte Kerzen. Allerdings gibt es auch eine elektrische Lichterkette, "weil ich es sehr mag, wenn der Baum schon leuchtet, wenn man ins Zimmer kommt". 
Haben Sie einen Herzenswunsch zu Weihnachten?

Marie-Louise zu Castell-Castell: Dass Frieden in die Welt kommt und Versöhnung. Die Juden sind Gottes auserwähltes Volk. Ich wünsche mir, dass der Frieden Gottes, den er uns und der ganzen Welt durch Jesus Christus angeboten hat, in alle Herzen kommt.

Und für Sie selbst, ganz privat?

Marie-Louise zu Castell-Castell: Wenn man mal alle 32 Enkel zusammenbekäme, das wäre was…

Bei so einer riesigen Familie kann man nicht mehr jedem Kind etwas schenken, oder?

Marie-Louise zu Castell-Castell: Nein, das schaffe ich nicht mehr, es sind einfach zu viele. Ich habe inzwischen ja auch 68 Urenkel.

Jeden Tag im Advent eine Kerze mehr: Marie-Louise zu Castell-Castell führt eine 300 Jahre alte Tradition fort. 
Foto: Diana Fuchs | Jeden Tag im Advent eine Kerze mehr: Marie-Louise zu Castell-Castell führt eine 300 Jahre alte Tradition fort. 
Wie feiern Sie den Heiligen Abend?

Marie-Louise zu Castell-Castell: Ich bin von der Familie meines Sohnes Ferdinand und seiner Frau Gabrielle ins Casteller Schloss eingeladen. Dort läuft vieles noch nach alter Tradition ab. Schon früher haben sich die Fürstenfamilie und die Mitarbeiter an Heiligabend in einem dunklen Nebenzimmer getroffen und sind dann, als der Hausherr im Weihnachtszimmer die Kerzen angezündet hatte, singend zum hell erleuchteten Christbaum und zur Krippe gezogen.

"Es wurde nicht groß übers Essen gesprochen. Man aß, was auf den Tisch kam."
Marie-Louise zu Castell-Castell
Gibt oder gab es im Weihnachtszimmer ein Ritual?

Marie-Louise zu Castell-Castell: Heute ist alles lockerer, und anders als früher feiern ja auch die Mitarbeiter nicht mehr im Schloss mit. Als ich jung war, gab es in der Mitte des Weihnachtszimmers einen großen Tisch, an dem die Mitarbeiter ihre Geschenke bekamen. Außenrum lagen die Gaben für die Kinder. Besonders erinnere ich mich an ein Weihnachtsfest, an dem es bei uns gebrannt hat. Hinter der Krippe stand ein großes, mit Wedeln umwickeltes Holzkreuz. Auf dem Querbalken standen sechs Kerzen. Irgendwie fing das Holz Feuer. Einem unserer Söhne gelang es, das Kreuz durchs Fenster in den Hof zu werfen, bevor es lichterloh brannte – es passte gerade so durch den Fensterrahmen.

Marie-Louise und Albrecht zu Castell-Castell gingen jahrelang voran und führten das Haus Castell-Castell in alter Tradition und neuem Mut. Hier ein Archivbild von 2015: Nach dem Dankgottesdienst zum 90. Geburtstag von Fürst Albrecht führte das Paar einen Festzug an.
Foto: (Archiv) Andreas Stöckinger | Marie-Louise und Albrecht zu Castell-Castell gingen jahrelang voran und führten das Haus Castell-Castell in alter Tradition und neuem Mut. Hier ein Archivbild von 2015: Nach dem Dankgottesdienst zum 90.
Welche Rolle spielt ein fürstliches Essen im Fürstenhaus?

Marie-Louise zu Castell-Castell: In meiner Kindheit gab es oft Gans, bei meiner Schwiegermutter dann immer Karpfen. Ich mochte das nicht so gern, aber es wurde nicht groß übers Essen gesprochen. Das gehörte sich nicht. Man aß, was auf den Tisch kam.

Gänsebraten kam in frühen Jahren oft auf den Weihnachts-Esstisch, erinnert sich Marie-Louise zu Castell-Castell.
Foto: Restaurant Jolesch | Gänsebraten kam in frühen Jahren oft auf den Weihnachts-Esstisch, erinnert sich Marie-Louise zu Castell-Castell.
Nun steht Ihr 93. Weihnachtsfest bevor. Empfinden Sie noch eine besondere Freude, ein Kribbeln vor Heiligabend?

Marie-Louise zu Castell-Castell: Das Alter ist eine gute Phase im Leben – sofern wir nicht ständig jammern, sondern uns entschließen, das, was uns bleibt, mit Dankbarkeit zu genießen. Es ist schön und befriedigend, im Alter eigenen Interessen nachzugehen oder sogar neue auszubilden. Wenn wir neugierig bleiben, viel lesen, uns interessieren, Fragen stellen, dann hält uns das jung im Geist und interessant für die junge Generation. In diesem Sinn freue ich mich sehr auf die Weihnachtszeit mit meiner großen Familie.

Marie-Louise zu Castell-Castell

Als Prinzessin zu Waldeck und Pyrmont kam sie 1930 in Kiel zur Welt, wuchs in Holstein und Mecklenburg auf. Nach der Mittleren Reife absolvierte sie eine land- und hauswirtschaftliche Ausbildung: "Ich habe Dinge wie Ställe-Ausmisten, Hühner-Tasten – ob sie bald Eier legen – und Eintopf-Kochen gelernt und die wichtige Erfahrung gemacht, was es heißt, in einer abhängigen Stellung tätig zu sein", erzählt sie. Mit 21 Jahren heiratete sie Albrecht Fürst zu Castell-Castell.
Quelle: ldk
 
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