Jeden Tag gehen bei der Stadt Kitzingen 258.411,50 Euro über den Kassentisch – zumindest theoretisch. Auf diese Summe kommt, wer die rund 94,32 Millionen Euro des städtischen Haushalts aufspaltet. Etwa 68 Millionen Euro sind es im Verwaltungshaushalt, der die Pflichtkosten für Personal, Schulen, Kitas oder soziale Sicherung abdeckt. 26 Millionen Euro umfasst der Vermögenshaushalt, in dem die geplanten Investitionen abgebildet sind. Nach intensiver Vorberatung hat der Stadtrat den Haushalt am Donnerstagabend auf den Weg gebracht – gegen die Stimmen der zwei KIK-Vertreter, die auf eine Stellungnahme verzichteten. Auch von der ÖDP gab es keine offizielle Äußerung zum Etat, weil ihre beiden Mitglieder bei der Verabschiedung fehlten. Zusammengefasst hier die wichtigsten Positionen:
1. OB Stefan Güntner (CSU): Die Euphorie eines Buchhalters
Eine klassische Haushaltsrede hielt der Oberbürgermeister nicht. Sachlich-nüchtern wie ein Buchhalter blickte er auf das umfangreiche Zahlenwerk, von Euphorie keine Spur. Aber vielleicht passt Euphorie auch nicht in die Zeit, in der viel von Inne- und Maßhalten die Rede ist. Wenn man von Wohltaten der Stadt an ihre Bürger reden möchte, dann sind es die 2,6 Millionen an Eigenmitteln, die sie in "vernünftige Bildung" steckt, wie es Güntner nannte, also in die beiden Grundschulen, die Mittelschule und die Wirtschaftsschule; dann sind es jene 460.000 Euro Zuschuss an die Musikschule oder die 310.000 Euro für Stadt- und Weinfest, Konzerte und Kirchweihen. Die großen Projekte im Investitionshaushalt der Stadt streifte der OB eher am Rande. Sein Fazit: "Es läuft sehr viel in Kitzingen, es wird sich einiges tun."
2. Stephan Küntzer (CSU): Engpässe eher beim Personal als beim Geld
Das Geld? Küntzer würde nicht so weit gehen, zu sagen, es spiele keine Rolle, aber er sieht die Grenzen der Stadt eher an anderer Stelle: "Wir würden das Bauamt überfordern, wenn wir alle Projekte gleichzeitig machten." Deshalb sei nicht die Frage, ob viele der geplanten Maßnahmen umgesetzt würden, sondern eher wann. Die Schwerpunkte sieht Küntzer in der Entwicklung der Innenstadt und des Bahnhofs. Das seien Projekte, die die Stadt "maßgeblich" weiterbrächten. Von der Erneuerung der Infrastruktur, so sein Credo, gehe ein "Mehrwert" für die Bürgerinnen und Bürger aus. Küntzer lobte die Verwaltung und die an diesem Abend erkrankte Kämmerin Elisa Müller, der Haushalt sei "so flott wie nie" erstellt worden. Der Stadtrat habe "sehr konstruktiv" gearbeitet und "am Schluss gute Kompromisse" gefunden.
3. Andrea Schmidt (Grüne): Von Nachhaltigkeit wenig zu sehen
Von "guten Kompromissen" hörte man die Grünen-Fraktionschefin nicht sprechen. Im Gegenteil: Sie kritisierte, die "versprochene Einbindung" des Stadtrats in die Priorisierung von Projekten sei "leider nicht erfolgt", Prioritäten würden "allein durch die Verwaltung" gesetzt. Dass die Stadt nun "endlich" einen Klimaschutzmanager eingestellt habe, sei positiv zu sehen, doch im Stadtrat habe die Klimapolitik noch längst nicht die angemessene Bedeutung. "Die Nachhaltigkeit ist an vielen Entscheidungen nicht erkennbar." Dazu gehöre auch der Bau der Einkaufsgalerie unterhalb der Marshall Heights. Mit dem geplanten Abzug der bestehenden Lebensmittelmärkte von Aldi und Rewe werde eine "optimale Nahversorgung zerstört". Das Ganze sei ein "Irrweg" und Ergebnis einer "völlig fehlgeleiteten Stadtentwicklung".
4. Manfred Paul (SPD): Projekte nicht schieben, sondern streichen
Pragmatisch erinnerte der SPD-Fraktionschef die "werten Kolleginnen und Kollegen" an ihren Auftrag: "Wir wurden nicht gewählt, um Wolkenschlösser zu bauen, wir wurden gewählt, um die Stadt mit Ziel, Maß und Vernunft in die richtige Richtung zu entwickeln." Dazu brauche es jedoch ein "Umdenken". Von der Absicht des OB, finanziell "auf Sicht zu fahren", sei man weiter entfernt denn je. Wer Wünsche äußere und Anträge stelle, müsse sich gleichzeitig Gedanken um die Finanzierung machen. Es brauche jetzt einen Kassensturz und den Mut, Projekte nicht zu schieben, sondern komplett zu streichen. Welche Projekte das sein könnten, sagte Paul nicht. Nur so viel: "Wir sollten die nächsten drei Jahre auf weitere Großprojekte verzichten." Bei allen Ausgaben habe man noch keinen Euro für Klimaschutz oder für Bau städtischer Wohnungen eingeplant. "Verantwortungsvolles Handeln", so Paul, "sieht anders aus."
5. Uwe Pfeiffle (FW-FBW): Die Pflichten erfüllen, auf die Kür verzichten
Manchmal sind es kurze Wege von der großen in die kleine Politik – so wie für Uwe Pfeiffle an diesem Abend. Dem Bund würden demnächst riesige Einnahmen fehlen, und das gebe man nach unten an die Gemeinden weiter. Seine Folgerung: "Die kommenden Jahre werden für die Stadt schwer werden." Pfeiffles dringender Appell lautete daher, zu sparen und sich den Pflichtaufgaben zu widmen. "Mit Kür-Leistungen sollten wir vorsichtig sein." Die Stadt habe "so viele Dinge angefangen. Lassen Sie sie uns zu Ende bringen und nicht neue Fässer aufmachen." Die Strategie der nächsten Jahre kann aus Pfeiffles Sicht nur lauten: "Umsichtig handeln und dann investieren, wenn sich Chancen auftun."
6. Werner May (UsW): Viele Studien, aber zu wenig Ergebnisse
Dass diese "wunderschöne Stadt" sich in den letzten Jahren "sehr zum Positiven entwickelt" habe, ist aus Werner Mays Sicht auch den rund 800 Gewerbesteuerzahlern in Kitzingen zu verdanken. Vorrangiges Ziel müsse es sein, weitere Gewerbeflächen zu erschließen. Derzeit hat die Stadt in dieser Hinsicht nichts zu bieten, sondern muss auf die (privaten) Technologieparks verweisen. Bei aller positiven Entwicklung kritisierte May das schleppende Tempo an anderer Stelle. "Wir erstellen so viele Konzepte und Studien, aber bei der Umsetzung von Maßnahmen kommen wir nicht weiter." Nur ein Beispiel für May: der Ausbau der Altstadt mit Photovoltaik. Hätte man auf die (nicht einsehbaren) Dächer der Rathaus-Nebengebäude in der Kaiserstraße Solarmodule installiert, hätten sich die Mehrkosten schnell ausgeglichen.
7. Walter Vierrether (Pro KT): Nicht nur Manager bei der Stadt anstellen
Endlich, endlich, so die Botschaft des Kulturreferenten, komme Kitzingen wieder in Stimmung. "Viele Veranstaltungen sind ein kulturelles Muss." Die von der Stadt getragenen Investitionen in Feste und Feiern seien gut angelegtes Geld. Kritisch blickte Vierrether auf die mangelnde Sauberkeit in der Stadt, ein "leidiges Thema", das man "dringend angehen" müsse. Die Stadt solle nicht nur Manager anstellen, sondern auch Arbeiter. Und: Bei der Innenstadtentwicklung dürften wichtige Bereiche wie Falter- oder Ritterstraße nicht vergessen werden. Insgesamt wünschte sich Vierrether, dass der Informationsfluss von der Verwaltung an den Stadtrat besser wird. Hier gebe es ein erhebliches Transparenzproblem.
8. Uwe Hartmann (Bayernpartei): Klimaschutz in den Köpfen verankern
Um das langfristige Ziel des "energieautarken Kitzingen" zu erreichen, wünscht sich der Umweltreferent in nächster Zeit mehr Photovoltaik auf den Dächern in der Altstadt. Leider sei Klimaschutz ebenso wie Biodiversität und Artenschutz noch nicht bei allen verankert. "Wir müssen unsere Anstrengungen in den Bereichen Klimaschutz und Klimaanpassung vermehren." Die Lichtleitlinie zum Schutz der Insekten und das Nachpflanzen von Bäumen könne nur ein Anfang sein.
9. Astrid Glos (fraktionslos): Stadt leidet unter der Wohnungsnot
Bezahlbare Wohnungen? "Absolute Not" beklagt die Bürgermeisterin und Integrationsbeauftragte hier in Kitzingen. Nicht selten kämen auf eine Zweizimmerwohnung 35 bis 40 Bewerber. Dringenden Handlungsbedarf gebe es auch beim Ausbau der Kita-Plätze, "das dauert alles eine gefühlte Ewigkeit". Dazu komme der Personalmangel in den Kitas, der zur zeitweisen Schließung ganzer Gruppen führe. Die Zusammenarbeit mit dem OB sei sehr vertrauensvoll.