Franz Pfeuffer ist in mehrfacher Hinsicht ein Exot: Er bereist schon in den 1920er-Jahren die halbe Welt, ist Mühlenbau-Ingenieur und ein unermüdlicher Tüftler und Erfinder. Sein Beruf regt ihn ständig zu technischen Verbesserungen für die Mühlenwirtschaft an. Und nach dem Zweiten Weltkrieg will er mithelfen, die Aussaat und die Getreideverarbeitung zu optimieren, um so die Versorgung der Bevölkerung zu verbessern.
Dafür braucht es Mess- und Prüfgeräte für Getreide, Saatgut und ihre Erzeugnisse. So entwickelt Franz Pfeuffer Teigvolumenschreiber, Schnelltrockenschränke und elektrische Feuchtemesser. Durch seine nationalen und internationalen Kontakte kennt er die Bedürfnisse der Mühlenwirtschaft und nutzt sie für den Absatz seiner Produkte.
Viele seiner präzisen Mess- und Analyseverfahren zur Überprüfung der Qualität von Getreide und Saatgut gibt es vorher so nicht. Im Handwerk der Müller ist auch die Qualitätsprüfung eine aufwendige Handarbeit. Dabei ist es gerade bei der Sichtung des Getreides wichtig, den richtigen Zeitpunkt für Ernte und Verarbeitung herauszufinden und festzustellen, ob dem wertvollen Korn Inhaltsstoffe beigemischt sind, die seine Qualität mindern.
Aus Franz Pfeuffers Patenten entwickelt sich das Unternehmen
Ein Beispiel: Getreide wird nach Gewicht bezahlt. Enthält es viel Feuchtigkeit, zahlt der Käufer viel Geld für Wasser statt für den wertvollen Rohstoff. Somit zahlt es sich in klingender Münze aus, wenn man den Feuchtigkeitsgehalt möglichst genau bestimmen kann. Solche und andere Fragestellungen hat Franz Pfeuffer mit seinen Erfindungen im Blick. Die Patente, die den Grundstock seines 1947 gegründeten Unternehmens liefern, bewahrt die Familie noch heute auf.
Aus den bescheidenen Anfängen in Tiefenstockheim entwickelt sich ein robuster Betrieb, dessen Erzeugnisse die Kunden schätzen. Mühlen, Getreidehändler, Brauereien, landwirtschaftliche Betriebe gehören dazu. Wie oft bei mittelständischen Familienunternehmen steigt die nächste Generation ein: 1976 übernimmt Sohn Klaus Pfeuffer, selbst Müllermeister, mit seiner Ehefrau Rosemarie, die sich um die Buchhaltung kümmert, das Geschäft.
Sie verstetigen die Innovationsleistung, indem sie eine Entwicklungsabteilung etablieren und den wachsenden Betrieb 1981 in der Flugplatzstraße in Kitzingen ansiedeln. Ein wichtiger Grund für die Standortwahl: die Nähe zu Post- und Bahnversand.
Pfeuffer erobert den Weltmarkt mit zwei ungleichen Brüdern an der Spitze
Seit 2000 setzen ihre Söhne, Lothar und Frank-Joachim Pfeuffer, die Familientradition fort. Die Brüder sind nicht nur äußerlich ungleich; auch ihr Werdegang und ihr Denken sind von Unterschieden geprägt. Das ist nicht immer konfliktfrei, wie sie selbst sagen, ergibt aber unterm Strich die passende Symbiose.
Lothar Pfeuffer ist physik- und technikbegeistert; er hat die Leitung von Entwicklung und Produktion inne. Sein Bruder Frank-Joachim kommt von der betriebswirtschaftlichen Seite, ist Finanzchef, Verwaltungs- und Vertriebsleiter. Beide zusammen sind sie seit 2007 Eigentümer und Geschäftsführer in dritter Generation.
Die Pfeuffer-Brüder etablieren ihre Produkte auf dem Weltmarkt und stellen die Apparatetechnik sukzessive von analog auf digital um. Auch hier hält die Automatisierung der Prüfverfahren immer mehr Einzug. In vielen Teilen Handarbeit bleibt allerdings die Herstellung der Produkte: Fließbänder und Großserien-Fertigung sucht man im Kitzinger Werk vergebens. Die Losgrößen einzelner Erzeugnisse liegen bei 100 bis maximal 2000 Stück. "Wir sind eine Manufaktur", sagt Lothar Pfeuffer deshalb beim Betriebsrundgang.
Große Abnehmer sitzen in Osteuropa, auch in Russland und der Ukraine
Abgesehen von den USA, die eine eigene Industrie für den Bedarf ihrer riesigen Kornkammer im mittleren Westen hat, sind Pfeuffer-Geräte weltweit im Einsatz, besonders stark in Osteuropa, wo große Getreide-Anbauflächen liegen, so auch in Russland und der Ukraine. Das Kitzinger Unternehmen darf auch jetzt nach Russland exportieren und unterliegt mit seinen Produkten nicht den Sanktionen des Westens, weil es um die Lebensmittelwirtschaft geht. Und die sei von den Embargo-Listen ausgenommen, versichern Frank-Joachim und Lothar Pfeuffer.
Dennoch betrifft der Krieg auch die beiden Unternehmer: Sie sorgen sich um ihre Kunden in der Ukraine. Leben sie noch? Müssen sie in den Krieg ziehen? Und auch die Frage, ob die Ukraine ihr Getreide zurzeit aussäen kann, treibt die Pfeuffers um. Ihr Hauptgeschäft läuft zwar von Juni bis August, weil in der Erntezeit die meisten Prüfgeräte benötigt werden, aber das Unternehmen versucht, das Geschäft im gesamten Jahr zu verstetigen.
Einkäufer kämpfen mit langen Lieferzeiten von Teilen
Doch auf dem Weg in die Zukunft kämpft die Firma noch mit anderen Schwierigkeiten: Auch wenn Pfeuffer seine Produkte selbst entwickelt und montiert, bezieht das Unternehmen doch viele Teile von seinen Lieferanten. Diese Vorprodukte sind zum Teil nur mit langen Lieferzeiten zu bekommen. Aktuell wartet der Betrieb zum Beispiel 96 Wochen auf ein bestimmtes Bauteil. In der Folge steigen die Preise unaufhörlich. Pfeuffer trotzt dem mit einer umfangreichen Lagerhaltung und versucht damit, Engpässe abzufedern. Das hilft, kann die Probleme aber nur lindern. Den Einkäufern raubt das bisweilen den letzten Nerv.
Dennoch schlägt sich der Betrieb auch im Jubiläumsjahr wacker. Dabei können die Brüder auf einen soliden Umsatz und eine loyale Belegschaft bauen, wie sie berichten. Und letztlich auf die Weiterentwicklung dessen, wofür der Großvater den Grundstein legte: die anerkannten Pfeuffer-Produkte. Im Vergleich zu anderen Herstellern auf dem Weltmarkt sagt Frank-Joachim Pfeuffer: "Unsere Produkte sind nicht die billigsten", aber sie seien robust, langlebig und präzise. "Der Kunde ist bei Pfeuffer bei Mercedes."