
Brötchen vom Bäckerei holen oder zum Aufbacken im Supermarkt mitnehmen? Oder selbst backen, vielleicht mit Emmer und Einkorn? Unsere Kauf- und Ernährungsgewohnheiten ändern sich immer wieder, auch bei Backwaren. Beim Mehl wird mal ein Nischenprodukt zum Standard, mal bleibt es beim kurzen Trend. Was bedeutet das für Mühlen in der Region? Kommt unser Mehl noch von hier?
In Bayern gibt es im Deutschlandvergleich noch erstaunlich viele Mehlproduzenten. Erst ab einer Vermahlungsleistung von mindestens 1000 Tonnen pro Jahr sind die Betriebe beim Müllerbund meldepflichtig, doch es lässt sich sagen: Im Freistaat waren 2019 noch 52 Mühlen gemeldet, in Baden-Württemberg 46. Alle anderen Bundesländer kamen zusammen nur auf 92 meldepflichtige Betriebe. Drei unterfränkische Mühlen – klein, mittelgroß und in Industrie-Größe – erklären, wie sich die Nachfrage verändert und was unser Konsumverhalten für sie bedeutet.
Schaubmühle in Volkach: Der kleine Betrieb setzt auf Vielfalt und geringe Mengen

Waldstauden-Roggen, Durum-Hartweizen, Emmer: Ludwig Lippert hat in der Schaubmühle in Volkach (Lkr. Kitzingen) schon verschiedene Getreidesorten ausprobiert. Nicht für alles ist seine Mühle optimal geeignet. Im Jahr vermahlt Lippert etwa 800 bis 900 Tonnen Getreide – aus einem Einzugsbereich von etwa 30 Kilometern. Seine Abnehmer sind regionale Bäckereien, sagt der Müller. Einen Teil des Mehls vermarktet er direkt.
„Die Lohnvermahlung ist in den letzten Jahren wieder mehr geworden. Hofläden werden wieder mehr", sagt Lippert. Die Landwirte liefern der Mühle nicht mehr nur das Getreide, sie lassen es dort für den eigenen Vertrieb mahlen. "Lange Zeit gab es das nicht mehr, dass der Landwirt Getreide zum Müller gefahren hat und sein Mehl wieder haben wollte", sagt Josef Rampl, der Geschäftsführer des Bayerischen Müllerbunds. "Wir merken jetzt seit zwei, drei Jahren, dass das wiederkommt."
So wandte sich zuletzt ein Landwirt, der selbst Nudeln herstellt, an die kleine Schaubmühle. Doch aus Durum-Hartweizen, sagt Lippert, könne er nur Mehl malen. Für Nudeln bräuchte es klassischerweise Gries. Es lohne sich nicht für alle Getreidesorten, die Mühle darauf einzustellen: "Manchmal gibt es so Modeerscheinungen, die nach ein bis zwei Jahren wieder verschwinden", sagt Lippert. Auch für Traubenkern- oder Hanfmehle wurde der Müller schon angefragt. Er musste ablehnen, fettreiche Körner verschmieren seine Maschinen. Und die sind in der Mühle eine Langzeitinvestition: Für Roggen verwendet Lippert eine Mahlmaschine aus den 1930er Jahren, sein neuestes Stück ist von 2006.

"Kleinere Betriebe müssen sich eine Nische suchen und sich in der Nische behaupten", sagt Lippert. In seiner Mühle kann er Aufträge für kleine Mengen wie bei besonderen Getreidesorten annehmen. "Diese Betriebsgrößen wird es in 20 Jahren vielleicht nicht mehr geben", sagt Lippert zu seiner Mühle. en kleinen Mühlen. Sie hätten nur eine Chance, wenn es auf Zuliefererseite kleine Landwirtschaftsbetriebe und auf Abnehmerseite kleine Bäckereien gebe. Weil die weniger würden, mache der Verkauf in seinem Mühlenladen schon die Hälfte seines Gewinns aus.
Gründleinsmühle in Obervolkach: Der Mittelständler setzt auf Kunden und Verbraucher in der Region

"Im Prinzip gibt uns der Verbraucher vor, was wir verarbeiten", sagt Jürgen Englert, Inhaber der Gründleinsmühlen in Obervolkach (Lkr. Kitzingen) und Scheinfeld (Lkr. Neustadt/Aisch). Seine Abnehmer sind kleinere Bäcker aus der Region, ein großer Kuchenbäcker im Landkreis Kitzingen und größere Bäckereien in Würzburg, Bamberg, Nürnberg und Frankfurt. Für Kunden aus der Großindustrie sei sein Betrieb zu klein, sagt Englert. Dafür hat er noch einen Mühlenladen mit Direktvermarktung.

In seinen Mühlen kann Englert spezielle Getreidesorten vermahlen, macht das allerdings nur für Bäckereien. Für Lohnvermahlung für Landwirte und Direktvermarkter seien seine Betriebe mit insgesamt 20 Beschäftigten und einer Produktion von rund 20.000 Tonnen im Jahr schon zu groß, sagt Englert. Und die angefragten Mengen seien zu gering. Emmer und Einkorn beispielsweise müsse er in Säcke verpacken, statt das Mehl lose mit Tanklastern zu liefern.
"Noch Nischenprodukte", sagt Englert zu Emmer und Einkorn. "Aber Dinkel hat auch einmal so angefangen." Jahrelang belächelt, gehöre Dinkel inzwischen zum Standard im Bäckersortiment. "Wir regionalen Mühlen können uns auf Rohstoffe und Produkte einstellen und auch Sondervermahlungen machen", sagt Englert. "Mit dem Trend der veganen Ernährung wird das definitiv ein Zweig, der wieder aufkommt."

Solche Mehle lassen sich jedoch nicht direkt verbacken, sondern müssen gemischt und speziell verarbeitet werden, sagt der Müller. Bäckereien müssten sich erst darauf einstellen, und neue Produkte zu entwickeln sei sehr kosten- und zeitintensiv. Verbraucherinnen und Verbraucher könnten leichter spontan einen Backversuch starten, sagt Englert. In seinem Mühlenladen zeige sich das: "Wenn wir da neue Produkte haben, wird das immer gleich ausprobiert."
Vor zehn Jahren hat er seinen Betrieb um die Mühle in Scheinfeld erweitert. "Eine gewisse wirtschaftliche Größe ist heute wichtig." Die handwerklichen Bäckereien würden weniger, größere Kunden aber nehmen größere Mengen ab. Der Obervolkacher Müller bezieht das Getreide aus der Region mit einem Radius von 50 Kilometern um die beiden Mühlen. Auch Sonderkulturen wie Hafer, Soja und Mais bezieht er aus dem näheren Umkreis. Für die fettreichen Körner brauche es zwar eine andere Vermahlungstechnik, sagt Englert: "Aber beim Konsumenten ist schon ein gewisser Wandel da, darauf stellen wir uns als Mühle auch ein."
Cramer Mühle in Schweinfurt: Auch Industrieproduktion geht regional

In den Hof der Cramer Mühle biegen Laster und Traktoren ein, um Getreide abzuladen und fertige Mehl-Lieferungen abzuholen. Vor dem Gebäude wirken sie fast wie Spielzeug: 40 Meter ragt die Industriemühle in die Höhe. Über 80 Mitarbeiter arbeiten dort, am Tag werden 600 bis 850 Tonnen Getreide vermahlen. In etwa so viel, wie in der Volkacher Schaubmühle in einem ganzen Jahr.
Etwa 200 Bäckereien und 50 Kunden aus der Großindustrie beliefert die Cramer Mühle in einem Radius von 150 bis 200 Kilometern rund um Schweinfurt. Ein paar kleinere Bäckereien sind auch noch dabei: "Denen wollen wir die Treue halten, auch wenn es vielleicht nicht hundertprozentig kostendeckend ist", sagt Geschäftsführer Philipp Cramer. Die Großindustrie ist für die Schweinfurter Mühle Hauptabnehmer: "Ein Pizzahersteller bekommt dann auch mal 75 Tonnen Mehl pro Tag geliefert", sagt Cramer. Wie ein Hersteller aus Thüringen, dessen Aufbackprodukte bundesweit in Supermärkten verkauft werden.

Das Getreide bezieht Cramer aus der Region, auch wenn mal ein Schiffstransport günstiger sein könne, sagt der Firmenchef. Die Schweinfurter Mühle packt Mehl auch in Tüten und Säcken für Supermärkte ab – als eigene regionale Marke und für die Eigenmarken der Supermarktketten. Beim Mehl aus dem Supermarktregal müssten Verbraucherinnen und Verbraucher genau auf die Herkunft achten, sagt Cramer. Das Mehl könne von weiter her kommen: "Die Mühle, die am günstigsten ist, kriegt den Zuschlag."

Spezialsorten wie Emmer, Einkorn oder Ur-Roggen könnte Cramer zwar technisch in seiner Anlage vermahlen. Das Problem sei die geringe Nachfrage: "Da sind unsere Mühlen hier zu groß." Zehn Tonnen vermahle allein eines der drei Mühlensysteme in 45 Minuten.
Bio-Produktion: Bio-Mehl spielt nur eine marginale Rolle in allen drei Betrieben
Und wie sieht es in der Region mit der Produktion von Bio-Mehl aus? Die Schaubmühle, die Gründleinsmühle und die Cramer Mühle sind alle drei Bio-zertifiziert. Doch zum einen muss die Produktion von Bio-Mehl streng von der Vermahlung konventionellen Mehls getrennt werden. Und zum andern "ist Bio bei uns regional noch verschwindend gering", sagt Müller Jürgen Englert. Da hänge viel von den Bäckereien ab, meint auch Philipp Cramer: Zuerst müssten die großen Abnehmer der Mühlen auf Bio umstellen.
Auch beim Punkt Nachhaltigkeit sind sich alle Betriebe einig: Getreide von weit her zu beziehen, mache vor allem bei kleineren Mühlen wenig Sinn. Vom Getreidekorn müsse in der Mühle übrigens so gut wie kein Abfall übrig bleiben, sagt Müllerbund-Geschäftsführer Josef Rampl. Was beim Mahlen nicht zu Mehl wird, könne zu Futtermittel für Tiere weiterverarbeitet werden: "Nichts ist verloren in der Mühle."