Der altbabylonische Codex Hammurabi aus Susa im heutigen Iran oder der ptolemäische Stein von Rosette. Geschichte wird im Iphöfer Knauf-Museum greifbar und erlebbar. Und das auf engstem Raum, ohne in die Museen nach Berlin, München, Trier, Paris, London, New York oder gar nach Kambodscha oder Guatemala reisen zu müssen.
Als die Museumsgründer Alfons Knauf und Karl Knauf sich für die Idee begeisterten, bedeutende Funde der Geschichte originalgetreu in Gips abzugießen und auszustellen, war in den ersten Gedanken nicht daran gedacht, dieses der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Es sollte vielmehr ein privates Wissenschaftszentrum sein, erläutert der heutige Museumsleiter Markus Mergenthaler. "Mit Wissenschaftlern bei einem Glas Wein über die Dinge reden", sei die Vorstellung gewesen. Als ein reines Privatmuseum, das den "Baustoff Gips in seiner schönsten Form zeigt".
Aus Gips wurde Kunst gemacht. Die Idee sei in der Museumslandschaft umstritten gewesen, weiß Mergenthaler. Denn ein Museum sei eigentlich nur für Originale konzipiert gewesen. "Eigentlich war unser Museum eine Zeit lang illegal", sagt der Leiter und schmunzelt. Später hätten sich die Vorgaben geändert.
Vorreiter in den 1980er-Jahren
Auch von einer anderen Seite sei das Museum von Anfang an besonders gewesen, denn "welches Museum hatte damals schon Räume ausgemalt oder beschallt?" fragt Mergenthaler. "Die Art der Darstellung in den 1980er-Jahren war gewagt", meint er.
Das Privatmuseum wurde dann doch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Den Besuchern und Besucherinnen sollte eine "erlebbare Gesamtschau als Weltkunst gezeigt werden". Das Relief sei dabei die geeignetste Darstellung gewesen, erinnert sich Schirmherrin Ingrid Knauf, Schwiegertochter von Alfons Knauf. Doch solche seien nicht zu erwerben gewesen, "also machen wir nur ein Museum mit Repliken", erläutert Ingrid Knauf.
Dann seien die schwierigen Verhandlungen gekommen mit allen Museen. Die meisten hätten Angst gehabt, ihre wertvollen Reliefs könnten durch Abdrücke beschädigt werden. "Viele waren nachher überrascht, wie sauber ihre Reliefs wieder geworden waren." Das seien die ersten Eindrücke gewesen, die sie mit ihrem Schwiegervater erlebt habe. Viel Arbeit habe es auch gemacht, für die Reliefs die richtige Beleuchtung zu finden. "Nur das Relief hat man ausgeleuchtet", ergänzte Mergenthaler.
243 Gipsabgüsse bedeutender Kunstwerke der Menschheit
Was der erste Abguss war, ist nicht überliefert. 243 Exponate gibt es insgesamt, 201 Objekte sind ausgestellt. Das Museum zeigt Reliefs der großen Kulturepochen aus Mesopotamien, Ägypten, Griechenland, Rom, Alt-Amerika, Südostasien, Osterinsel, Irland und Franken.
Kurz nach der Eröffnung des Museums übernahm Kurt Schmitt die Leitung des Knauf-Museums. Er stand mit vielen Museen in regem Kontakt. "Dies öffnete viele Türen, wenn es darum ging, weitere, für die Sammlung wichtige Reliefs zu kopieren und als Replik in den Museumsbestand zu integrieren oder bedeutende Stücke für spätere Sonderausstellungen als Leihgaben zu erhalten", steht im aktuellen Knauf-Journal. Im Jahr 2000 übergab Kurt Schmitt die Leitung des Museums an Mergenthaler.
Stichwort Sonderausstellung: Rasch war klar, dass die Repliken nicht auf Dauer die Besuchermassen locken würden. So kam die Idee, Sonderausstellungen zu machen, sogar eine Verkaufsausstellung gab es am Anfang.
Sonderausstellung ziehen Besuchermassen an
Die erste war "Die Steine der Pharaonen" die nächste wird "Das Gold der Akan" (Westafrika) mit Exponaten der Sammlung Liaunig sein. Für Ingrid Knauf ist es immer ein spannendes Erlebnis, wenn die Objekte für die Ausstellungen, die alle selbst konzipiert werden, ankommen und ausgepackt werden. Mit 60.565 Besuchern führt "Das Gold der Meroe" das Ranking der Sonderausstellungen an.
Am Anfang machten Sonderausstellungen viel Arbeit, denn die Reliefs mussten verhangen oder abgehängt werden. Dann kam der Erweiterungsneubau, was vieles vereinfachte.
Was das Museum auch besonders macht: Es wurden keine Objekte angekauft. "Wir standen nie in Konkurrenz zu anderen Museen", betont Ingrid Knauf. Auch die Sonderausstellungen bestehen aus Leihgaben. "Wir verleihen aber auch viel", weiß Mergenthaler. Zum Beispiel wurde eine Replik an das Nationalmuseum in Athen gegeben.
Tag der offenen Tür zum Jubiläum
Zu jeder Tageszeit präsentiert sich die Dauerausstellung in einem anderen Licht. "Immer wieder weisen Besucher und Besucherinnen auch nach 40 Jahren auf neue Details hin", freut sich der Museumsleiter, der sich an nette Begebenheiten erinnert.
Einmal fand eine Ausstellung zu "Fruchtbarkeit? Erotik? Sex?" statt. Da eine Ehefrau ihren Mann nicht in diese Ausstellung gelassen hatte, hatte sich dieser später den Katalog dazu bestellt, verriet Mergenthaler. Weitere Geschichten zum Museum, das bislang fast eine Million Besucher hatte, gibt es beim Tag der offenen Tür am Sonntag, 24. September.