Birklingen ist ein Weiler mit etwa 30 Häusern, einigen Gehöften, zwei Seen und knapp 60 Einwohnern. Die weite Welt macht eher selten Station im mit Abstand kleinsten der sieben Iphöfer Stadtteile. Das könnte sich bald ändern. Wenn die Prognosen stimmen, muss Birklingen damit rechnen, dass sich die Blechlawine, die durch das Dorf rollt, demnächst noch verstärkt. Sogar Teil des militärischen Straßennetzes soll die den Ort durchschneidende Bundesstraße 286 werden. Da sich ihr Zustand seit Jahren verschlechtert, soll sie saniert werden, und das möglichst rasch. Es bestehe "akuter Zeitdruck", musste sich der Iphöfer Stadtrat Anfang der Woche sagen lassen. Zeitdruck? Wieso das denn?
Jahrelang schleppte sich der geplante Ausbau dahin. Die Behörden, so kam es vielen Beteiligten vor, lieferten sich in der Sache ein bemerkenswertes Schneckenrennen. Es gab alles, von A wie Absichtserklärung bis Z wie Zusage. Nur eines gab es nicht: einen fixen Starttermin. Jetzt drückt das Staatliche Bauamt plötzlich aufs Tempo. Iphofens Bürgermeister Dieter Lenzer erklärte am Montag im Stadtrat: "Das Thema bekommt überraschend Fahrt. Wir müssen uns schnell entscheiden, wenn wir das machen wollen." Sonst sei der Zug für die nächsten vier bis fünf Jahre abgefahren. Spätestens im April 2023 soll es mit der Maßnahme losgehen. Der Bereich der B 286 wird dann komplett gesperrt werden.
Die B 286 ist eine beliebte Ausweichstrecke zur Autobahn
Ein sonniger Herbstnachmittag in Birklingen. Binnen weniger Minuten durchqueren den Ort sechs Autos, ein Lieferwagen, drei Sattelschlepper, drei Lastwagen mit Anhänger, ein Tieflader mit Straßenwalze im Gepäck, ein Container-Laster, zwei Muldenkipper und ein großes Baufahrzeug mit oranger Warnleuchte. Viele der schweren Lastwagen tragen ausländische Kennzeichen, sie kommen von oder fahren zur Autobahn. Die Straße steigt zur Ortsmitte deutlich an und macht dann einen Knick. Dort, am höchsten Punkt, thront trutzig eine alte Scheune, die den Verkehr zwingt, sich an ihr vorbeizuschlängeln. Manche im Ort sehen in ihr einen willkommenen Bremsklotz. Einige Fahrer holen allerdings an dieser Stelle bereits neuen Schwung, denn ehe man sich versieht, ist das Dorf schon wieder zu Ende.
Wenn man verstehen will, woher die plötzliche Eile für den Ausbau kommt, muss man von Birklingen ein paar Kilometer nordwärts blicken. Dort befinden sich die Autobahn 3, die zwischen Kitzingen und Nürnberg gerade eine einzige Baustelle ist, und Stadelschwarzach. In dem Prichsenstädter Stadtteil soll 2024 die Dorferneuerung beginnen; die Ortsdurchfahrt der B 22 wird dazu für zweieinhalb Jahre gesperrt und fällt als Umleitung aus, wenn es auf der Autobahn mal wieder brennt oder die Fernstraße ganz dicht ist. Solange in Stadelschwarzach gebaut wird, soll der Verkehr anders geleitet werden.
Unter der Straße liegt haufenweise Teer und verseuchte Erde
Für Birklingen bedeutet das: Die "Bedarfsumleitung" läuft dann durch das Dorf. Doch um der Belastungsprobe gewachsen zu sein, muss die Straße vorher gerichtet werden. Deshalb stand jetzt Matthias Pröstler vom Würzburger Ingenieurbüro Röschert vor dem Stadtrat und stimmte im Schnelldurchlauf auf das Projekt ein. Mit ein bisschen abfräßen und neu asphaltieren ist es in diesem Fall nicht getan. Die Straße ist ziemlich unter die Räder gekommen und völlig kaputt – weniger wegen des Verkehrs, der jeden Tag darüber rollt, sondern wegen des mangelhaften Unterbaus, einem Gemisch aus Teer und verseuchter Erde. Bis zu einem Meter tief müssen die Straßenbauer graben, um alle Schichten zu entfernen und als Sondermüll zu entsorgen. Dann erst kann es an den Neuaufbau gehen.
Zu der reinen Sanierungsmaßnahme kommen an der Einmündung in die Kreisstraße KT 19 Richtung Iphofen eine Linksabbiegespur, zwei Querungshilfen zur Reduzierung der Geschwindigkeit sowie ein zweieinhalb Meter breiter Geh- und Radweg neben der Fahrbahn. Rund 2,8 Millionen Euro soll das Ganze kosten – nach jetzigem staatlichen Preisindex. Bei einer Ausbaulänge von 447 Metern macht das 6264 Euro für den laufenden Meter. Ein "Wahnsinn", wie auch Ingenieur Matthias Pröstler mit Blick auf den anhaltenden Preisauftrieb sagte. Den größten Teil wird der Bund als Eigentümer der Straße tragen, den Rest teilen sich Landkreis, Stadt und – Bundeswehr. Das Militär zahlt den Mehraufwand, der dadurch entsteht, dass die Straße für die schweren Fahrzeuge an manchen Stellen breiter gebaut werden muss.
Für den Bau einer Umgehung passen die Bedingungen nicht
Stadtrat Jürgen Kößler und Birklingens Stadtteilreferent Andreas Müller preschten mit der Frage vor, warum man bei diesen Kosten nicht gleich über eine Ortsumgehung nachdenke. Dafür, so Pröstler, sei die Verkehrsbelastung mit 2500 bis 3000 Fahrzeugen täglich zu gering. Eine Umgehung ergebe "ganz andere Kosten", weil die Straße in einem Bogen um das Dorf geführt werden müsse und dadurch naturgemäß länger werde. Außerdem sei bei einem Neubau auf Schutzgebiete in der Natur sowie auf Bodendenkmäler zu achten, und die Sache mit dem Flächenfraß müsse man auch noch sehen.
Der Ingenieur machte den Birklingerinnen und Birklingern jenseits und diesseits der B 286 Hoffnung, dass mit einer neuen Deckschicht der Lärm von der Straße spürbar geringer werde. Und auch die im Ort vielfach beklagten Geschwindigkeitsprobleme dürften sich dank der Fahrbahnteiler an den Ortseinfahrten ein Stück weit lösen. "Für Birklingen", so sagte Stadtrat Jürgen Adler, "wird das eine erhebliche Verbesserung und ein Riesengewinn."
so richtig schlau, ob es zB ein "Riesengewinn oder deutlich weniger" nach einen Um- bzw. Ausbau ist, weiss * man.n* erst zuverlässig hinterher.
Meines Erachtens wird es glatt mehr Verkehr bringen. Das ist auch nicht der Riesengewinn für Birklingen. Eher für "Mautpreller......