Es dampft und zischt, der Boden bebt unter den Füßen. Schwerfällig wie eine Schildkröte kriecht die Kolonne den Berg hinauf. Unten spuckt der große Kreisel unentwegt Autos aus, verteilt sie in alle Richtungen; oben arbeitet ein Trupp von Straßenbauern buchstäblich mit Hochdruck daran, dass der Verkehr bald wieder über die zentrale West-Ost-Achse im Landkreis fließen kann. Seit einer Woche ist die Bundesstraße 8 zwischen Kitzingen und Mainbernheim gesperrt, weil die Fahrbahn erneuert wird. Am 19. April soll sie wieder unter die Räder kommen. Aber was tut sich dort eigentlich?
Simon Göpfert steht am Montagmorgen – umhüllt von dampfenden Nebelschwaden – am ausgefransten Rand der Fahrbahn. Dicht hinter seinem Rücken rollen schwere Walzen über schwarzen Asphalt, wuchtig und doch elegant. Kleinere Walzen wuseln wie Ameisen scheinbar ziellos hin und her. Der heiße Asphalt lässt gewaltig Dampf ab. Es ist ein Wimmelbild, in dem nur der Fachmann richtig durchblickt. Brummende, dröhnende, vibrierende, piepsende Baumaschinen, die vorne mit pechschwarzer, klebriger Masse gefüttert werden und hinten eine fertige Straße ausspucken. „Ihr Wegbereiter“, steht auf einem der stählernen Kolosse. Simon Göpfert schaut zufrieden. „Es läuft“, sagt der Bauleiter.
Eineinhalb Tage sind für den reinen Straßenbau angesetzt, ein ambitionierter Zeitplan, zumal der Trupp am Morgen erst mal eine kleine Kunstpause hat einlegen müssen: Es war schlicht zu kalt. Asphalt besteht aus einem Gemisch aus Bitumen und Splitt, das bei der Verarbeitung verdichtet werden muss. Für ein gutes Ergebnis darf die Masse nicht zu schnell abkühlen. „Fünf Grad plus brauchen wir mindestens“, sagt Göpfert. Der Wetterbericht hatte für den Wochenbeginn kühles Schauerwetter angekündigt. Aber obwohl es trocken-kalt ist, erreicht die Temperatur nach kurzer Wartezeit die nötigen Werte.
Göpfert kennt die Gefahr: Wenn der Zeitplan nicht hält, was er verspricht, wenn es an einer Stelle hakt, kommt der ganze Prozess ins Stocken. Straßenbau ist nichts anderes als perfekte Fließbandarbeit, ein Rädchen greift ins andere. Der Asphalt muss rechtzeitig beim Mischwerk geordert und von dort zur Baustelle transportiert werden. Von einem Kipplaster wird die bis zu 170 Grad heiße, kochende Masse über ein Förderlaufband in einen der zwei Beschicker umgefüllt, anschließend wird sie eingebaut und vorverdichtet. Die Nachverdichtung übernehmen Vibrationswalzen. Ein Routineakt für die Hand-in-Handwerker an der B 8. Aber Göpfert weiß: Die Logistikkette darf nicht reißen. Sonst hat er ein Problem.
2100 Meter Fahrbahn sind auf diese Weise zu erneuern: vom Beginn des Kreisels in der Kitzinger Siedlung bis auf Höhe des Rastplatzes kurz vor Mainbernheim. Streng genommen ist es nur die dünne Deckschicht, die mit Wellen und Unebenheiten durchsetzt war und deshalb vom Staatlichen Bauamt Würzburg zur Sanierung ausgeschrieben war. Spuren ständiger Belastung, zu Tausenden donnern Autos und schwere Lastwagen täglich über die Bundesstraße, die an der Grenze zu den Niederlanden beginnt, vier Bundesländer durchquert und nach 689 Kilometern in Passau endet. Immer parallel zur A 3.
Fragt man Göpfert, wie viele Straßen er in seinem Berufsleben schon gebaut habe, sagt er: „Einige.“ Er war nicht immer Straßenbauer, hat nach der Realschule eine Maurerlehre gemacht und diente später bei der Bundeswehr. Aber der Straßenbau sei einfach etwas Besonderes, immer für eine Überraschung gut, so auch an dieser Baustelle. Am Dienstag nach Ostern begann eine zwei Meter breite Fräse damit, die vier Zentimeter hohe Asphaltdeckschicht abzunagen. Eigentlich sollte nach der Ausfahrt aus dem Kreisel Richtung Mainbernheim auf etwa 400 Metern Länge auch die darunterliegende Binderschicht erneuert werden. „Sie war aber noch so gut in Schuss, dass man sich das Geld sparen konnte“, sagt Göpfert. Mit 300 000 Euro war die Maßnahme vom Staatlichen Bauamt veranschlagt, die der Bund als Eigentümer der Straße zahlt.
Auf die Bauzeit hat das keinen Einfluss, weil alles bei diesem Projekt minutiös durchgetaktet ist und in der geplanten Reihenfolge abgearbeitet wird. Nachdem die alte Schicht abgetragen war, kam Haftkleber auf die gesäuberte Fahrbahn. Dann konnten Projektleiter Göpfert und sein Team der Firma Konrad Bau aus dem baden-württembergischen Gerlachsheim mit ihrem Job beginnen. Das Projekt: gut 18 000 Quadratmeter Fahrbahn, die eine neue stabile Decke verlangen. Dafür lassen die Straßenbauer 1900 Tonnen Asphalt herankarren, die in einem kontinuierlichen Prozess verarbeitet werden.
Je näher man dem Hotspot kommt, umso mehr spürt man die Kräfte, die hier walten. Der frische Belag ist heiß wie der Boden eines Vulkans; ständig steckt einer der Arbeiter ein Thermometer in den Asphalt, um die Temperatur zu messen. „100 Grad sind optimal“, ruft Göpfert, der dem Gewusel um sich herum stoisch begegnet. Die Fahrbahn zittert unter den tonnenschweren Walzen, deren Fahrer über GPS-System verfügen und miteinander vernetzt sind. So wissen sie genau, auf welcher Spur sie schon unterwegs waren und wo der Asphalt noch nachverdichtet werden muss.
Wenn Göpfert und sein Team fertig sind, ist die meiste Arbeit getan. Was bleibt, sind Restarbeiten. Fahrbahnränder und Bankette müssen gerichtet, Abdeckschächte nivelliert und Markierungen aufgebracht werden. Auch das dauert noch einige Tage. Der Verkehr fließt bis dahin über die Umleitung Rödelsee. Am kommenden Montag, 19. April, soll die Strecke wieder geöffnet werden. Dann wird sich – von Tausenden getestet – zeigen, wie gut die Arbeit der Straßenbauer war.