Seit wenigen Tagen hat die Filiale der Fürstlich Castell'schen Bank in der Marktstraße in Gerolzhofen geschlossen. Ein weißer Zettel an der zugesperrten Eingangstür verweist die Kundinnen und Kunden auf die neulich erst eröffnete Filiale im gut 50 Kilometer entfernten Bamberg, wenn sie nicht andere Möglichkeiten der Kontaktaufnahme bevorzugen.
Dass die Bank-Filiale Mitte Dezember das letzte Mal ihre Türen geöffnet hatte, kommt nicht überraschend. Die Bank hatte ihren Rückzug vom Standort in Gerolzhofen bereits Mitte vergangenen Jahres bekannt gegeben. Letztlich hatte die hiesige Filiale dann sogar länger geöffnet, als ursprünglich vorgesehen.
Denn im Juni 2021 hieß es noch, dass die Castell-Bank-Filiale in Gerolzhofen – wie auch diejenigen in Lohr, Kitzingen, Neustadt/Aisch und Schlüsselfeld – bis spätestens März 2022 geschlossen würden. Gerolzhofen ging als einzige der genannten Filialen in die Verlängerung. Der Grund hierfür liegt darin, dass das private Bankhaus abwarten wollte, bis seine neue Filiale in Bamberg betriebsbereit ist, was mittlerweile der Fall ist, wie Harald Dürr, Teamleiter Marketing und Öffentlichkeitsarbeit bei der Castell-Bank, auf Nachfrage dieser Redaktion erklärte. Das achtköpfige Team, das in der Gerolzhöfer Filiale beschäftigt war, arbeite jetzt komplett in Bamberg.
Castell-Bank seit den 1930er Jahren in der Stadt
An die Filiale in Gerolzhofen war die Castell-Bank einst mit der Übernahme des in Konkurs gegangenen Bankhauses Johann Michael Meyer in den Jahren 1936/37 geraten. Diese lag noch gegenüber des letzten Standorts der Castell-Bank, im Eckhaus von der Marktstraße zur Salzstraße, wo heute im Erdgeschoss die Filiale der Bäckerei Oppel untergebracht ist. Später übernahm die Castell-Bank das bisherige Hotel "Stern" auf der anderen Straßenseite, riss dieses ab und ließ dort das Gebäude errichten, in dem die Bank bis zuletzt ihren Gerolzhöfer Sitz hatte.
Mit der Schließung mehrerer kleiner Filialen in Franken sowie der Etablierung neuer Standorte, auch in den süddeutschen Zentren Heilbronn, Ulm und München, hat die älteste Privatbank Bayerns sich eigenen Angaben nach neu aufstellen und ihr Geschäftsfeld neu ausrichten wollen.
Die Bank mit Sitz im kleinen Castell (Lkr. Kitzingen) und in Würzburg verzeichnet wie die meisten Geldhäuser seit Jahren weniger Laufkundschaft. Dafür habe die Beratung wohlhabender Privat- und Firmenkunden an Gewicht gewonnen, heißt es. Doch von diesem Image, "die Bank der Superreichen" zu sein, möchte sich die Bank gerne verabschieden, hatte Vorstandssprecher Ingo Mandt vor wenigen Wochen angekündigt. Man wolle künftig den Blick auch zunehmend auf die Gruppe der Kleinsparer richten.
Radikalkur nach wirtschaftlicher Talfahrt
Ganz freiwillig war dieses Umsteuern freilich nicht. Denn die Castell-Bank ist in den vergangenen Jahren in wirtschaftlich schwieriges Fahrwasser geraten. Mit einer selbst verordneten Radikalkur sollten Fehler der Vergangenheit korrigiert und das Ruder herumgerissen werden. Hierzu zählte auch das Auswechseln des vormaligen Führungspersonals und die Neuausrichtung des Verbreitungsgebiets. Die Schließung der Gerolzhöfer Filiale ist eine unmittelbare Folge davon.
Im Gegenzug zu den Filialschließungen hat die Castell-Bank ihren Kundinnen und Kunden die Möglichkeit geschaffen, sich an Bankautomaten anderer Institute kostenlos mit Bargeld zu versorgen. Zudem wurde eine "Dialog-Filiale" eröffnet, die laut Harald Dürr "gut ankommt und funktioniert". Dahinter verbirgt sich nach Angaben der Bank nicht der klassische Kundenservice per Telefon, sondern der Einsatz von ausgebildeten Bankberatern, die mit ihrer Kundschaft wahlweise persönlich, digital oder telefonisch in Kontakt treten.