Es ist der wohl härteste Schnitt, den die Fürstlich Castell'sche Bank gerade vollzieht: Sie trennt sich von den Vorstandsmitgliedern, schließt kleine Filialen, definiert ihr Verbreitungsgebiet neu und setzt auch bei der Kundenbetreuung sowie bei den Bankprodukten neue Schwerpunkte.
Die selbst verordnete Radikalkur ist die Konsequenz aus Fehlentwicklungen der Vergangenheit. Seit Jahren kehren immer wieder Mitarbeiter der Privatbank mit Sitz in Castell (Lkr. Kitzingen) und Zentrale in Würzburg den Rücken – vom Berater über Abteilungsleiter bis zum Chef. Das gravierendste Problem: Das Bankhaus mit der langen Geschichte ist irgendwann in der Vergangenheit stehen geblieben.
Nicht nur die Räumlichkeiten wirken mancherorts altbacken, auch das Konzept scheint antiquiert. Die Führung vergangener Tage hat es versäumt, das Haus mit der großen Tradition fit für die Moderne zu machen: Bei der Geschäftsstrategie oder der Digitalisierung ist die älteste Bank Bayerns mitunter aus der Zeit gefallen. Nach Darstellung des Interims-Vorstandssprechers Ingo Mandt habe man zwar an einzelnen Problemfeldern herumgedoktert, aber nicht das Haus insgesamt kuriert. Ein klares Konzept, eine langfristige Strategie zum Überleben im hart umkämpften Bankensektor habe gefehlt.
Die Eigentümer, Ferdinand Fürst zu Castell-Castell und Otto Fürst zu Castell-Rüdenhausen, hätten daher sogar die Möglichkeit erwogen, diesen Geschäftszweig aufzugeben, erklärt Mandt im Exklusiv-Gespräch mit dieser Redaktion. Ihre Leidenschaft gilt eher den Forst- und Weinbaubetrieben. Doch am Ende hätten die beiden Besitzer den mutigen Schritt gewagt, die Castell-Bank von Grund auf zu erneuern – und das radikal.
"Bessere Eigentümer als die beiden kann man sich nicht vorstellen", sagt dazu Ingo Mandt, derzeit Vorstandssprecher, der künftig wieder Aufsichtsratsvorsitzender werden soll und die Neuausrichtung maßgeblich vorantreibt. Nach dem Abschied der bisherigen Vorstandsmitglieder wird ein neues Führungstrio das Ruder übernehmen. Alle drei, Thomas Rosenfeld (designierter Vorstandssprecher), Stephan Wycisk und Christian Hille, kommen von außerhalb. Und sie haben sich ein Mammutprogramm vorgenommen. Sinnbildlich steht dafür der Umbau der Bankgebäude in Würzburg und in Castell, für den allein die Eigentümer einen zweistelligen Millionenbetrag investieren.
Die Hauptgeschäftsstelle Würzburg soll zur Zentrale für die Kunden in Unterfranken werden. Mit einem "Dialog-Center" will man für die Klientel in Person und auf verschiedenen Multimedia-Kanälen werktäglich von 8 bis 20 Uhr erreichbar sein. Castell wird zum "Begegnungsforum", in dem Kundenveranstaltungen stattfinden und die Verbindung zum Stammhaus mit seinen Wein- und Forstbetrieben greifbar wird.
Die Zentren in Franken besetzen
Ähnliche Zentren wie Würzburg werden die bestehenden Geschäftsstellen in Nürnberg und Heilbronn werden. Zum "Regionalkonzept" für Franken gehört auch eine neue Filiale in Bamberg, die nächstes Jahr eröffnen soll. Damit würde die Bank die drei fränkischen Regierungsbezirke in Bayern sowie mit Heilbronn die fränkischen Teile in Baden-Württemberg abdecken.
Im Gegenzug schließt das Traditionshaus seine Standorte in Lohr, Kitzingen, Gerolzhofen, Neustadt an der Aisch und Schlüsselfeld bis spätestens 31. März 2022. Die Kunden dort hätten die Geschäftsstellen immer weniger persönlich frequentiert, lautet die Begründung. Erhalten bleiben außerhalb Frankens die Standorte München und Ulm.
Für die Kunden jenseits der Metropolen hat die Bank die Möglichkeit geschaffen, dass sie sich mit ihren Karten an Automaten anderer Banken kostenlos mit Geld versorgen können. Die Mitarbeiter der von den Schließungen betroffenen Filialen könnten den Standort wechseln und zugleich verstärkt im Homeoffice arbeiten. Betriebsbedingte Kündigungen, so verspricht der designierte Vorstandsvorsitzende Thomas Rosenfeld, werde es nicht geben.
Parallel zum Umbau der Organisation hat sich die Castell-Bank auch eine Erneuerung ihrer Digitalangebote verordnet. Auch hier, so fordert es der Interims-Vorstandssprecher Mandt, müsse die Bank moderner und der Zugang für die Kunden bequemer werden.
Individuelle Produkte für die Kunden
Inhaltlich setzt die Bank auf eine erweiterte Produktpalette für ihre Klientel. Dem voraus ging eine Bedarfsanalyse bei der Kundschaft. Das Ergebnis: Mann/Frau, Jung/Alt haben unterschiedliche Erwartungen an ihre Bank. Die Produkte wollen die Casteller nun individuell auf den Kunden zuschneiden.
Auch wenn die Privatbank traditionell vermögende Firmen- und wohlhabende Privatkunden zu ihrer Klientel zählt, so betonen die Führungskräfte inzwischen ausdrücklich, dass jedermann willkommen sei, der für die Zukunft sparen und Vermögen aufbauen will.
Die Fürstlich Castell'sche Bank will sich mit der Modernisierung bis 2024 Zeit lassen. Dann feiert die älteste Bank Bayerns ihren 250. Geburtstag. Bisher hat die Geschichte ihrer Eigentümer gelehrt, dass sie einen langen Atem haben.