Der Hausmeister trug noch rasch Stühle herbei, damit auch alle ihren Platz finden in der Karl-Knauf-Halle. Bürgermeister Dieter Lenzer begrüßte die "vielen Interessierten" und dankte für das "große Interesse": Es ging im Iphöfer Bauausschuss um das Baugebiet Ost IV, 22 Parzellen auf einer bisher grünen Wiese, hart umkämpft wie in vielen Städten, demnächst soll die Erschließung beginnen. Doch das knappe Dutzend, das sich an diesem Montagabend im hinteren Teil der Halle eingerichtet hatte, war nicht wegen der Bauplätze gekommen. Die Leute haben alle schon ihre Häuser, und zwar im benachbarten Gebiet Ost III, das vom neuen, rund 3,7 Hektar großen Gelände nur durch die Einersheimer Straße getrennt sein wird. Um genau diese Trasse ging es ihnen denn auch. Sie ist eine Art Rennstrecke.
Der Stadtrat Matthias Schuhmann wohnt direkt neben der Anlage, die dort seit geraumer Zeit das Tempo der stadteinwärts fahrenden Autos misst. 100 km/h und mehr seien keine Seltenheit – an einer Stelle, die bereits Stadtgebiet ist. Seit Jahren kämpfen Schuhmann und andere Anwohner um eine Entschärfung der Lage – bislang vergebens. Jetzt gibt es neue Hoffnung, und die richtet sich auf die andere Straßenseite. Bislang fühlen sich Autofahrer durch das freie Feld im Westen offenbar zu freier Fahrt inspiriert. Durch die Bebauung der Wiese soll nun eine Art Bremswirkung entstehen. "Man hat dann eher das Gefühl, in die Stadt zu fahren", sagte Sina Schmelz vom Würzburger Ingenieurbüro Auktor.
Die Nachbarn befürchten Lärm durch die Bodenschwellen
Neben dieser optischen Wirkung soll es Eingriffe auf der Fahrbahn geben: zum einen eine größere Insel gleich am Ortseingang, die das Überqueren der Straße erleichtern und den Verkehrsfluss brechen soll, zum anderen farbige Markierungen auf dem Asphalt. Die Planer waren noch weiter gegangen, hatten drei Fahrbahnüberhöhungen angeboten, sanft ansteigende Hügel im Abstand von etwa 70 Metern, die beim Überfahren spürbar sind. Doch bei den Anwohnerinnen und Anwohnern stießen sie damit auf wenig Gegenliebe.
"Ich bin mir sicher", sagte Stadtrat Schuhmann, "dass die Erhöhungen Lärm verursachen. Wir liegen mit unseren Schlafzimmern alle eng an dieser Straße." Stadtrat Otto Kolesch bezweifelte die Wirkung der nur etwa zehn Zentimeter hohen und über zwei Meter gezogenen Kissen. "Das wird gar nichts bringen." Und: Der Schall werde durch den entstehenden Trichter der Bebauung noch zunehmen.
Ingenieurin Sina Schmelz hatte einen schweren Stand. Sie berief sich auf "technische Regelwerke" und den "Stand der Technik", nach Kräften unterstützt von Stadtplaner Franz Ullrich, der vor Fehleinschätzungen warnte und sich dagegen wehrte, "dass hier technische Regelwerke aufgrund individueller Erfahrungen durch den Kakao gezogen werden". Letztlich drang er ebenso wenig durch wie Stadträtin Peggy Knauer, die "15 Jahre Erfahrung" als Bewohnerin des Baugebiets Hündlein mitbringt.
Dort wurden seinerzeit Bodenschwellen eingebaut, sogenannte Berliner Kissen, die sich mit der Zeit abnutzten und teilweise verschwanden. Lärmprobleme beim Überfahren habe es nicht gegeben. Und: An Stellen ohne die Kissen werde heute wieder munter Gas gegeben. Das alles konnte Schuhmann und einen Teil der Zuhörer im Publikum nicht überzeugen. Deshalb will der Bauausschuss zunächst auf den Einbau der Schwellen verzichten.
Zum Hochwasserschutz wird das Gelände aufgeschüttet
Einig war sich das Gremium bei der Erschließung des Baugebietes. Das gesamte Gelände wird aus Gründen des Hochwasserschutzes um einen Meter aufgeschüttet. Auf einer benachbarten Wiese entsteht eine 10.000 Quadratmeter große Sickermulde, die vor den Folgen eines Hundertjährigen Hochwassers schützen soll. Zum ersten Mal wird die Stadt auf einen Kanal für das Oberflächenwasser verzichten und Regenwasser in Sickermulden ableiten. "Wir haben Wert darauf gelegt, der Natur etwas Gutes zu tun", sagte Planerin Schmelz. Der Verkehr soll in zwei ringförmig angelegten Einbahnstraßen kanalisiert werden.
Bürgermeister Lenzer hofft, noch vor der Sommerpause die Aufträge für die Erschließung vergeben zu können. Dann kann vermutlich im Frühjahr 2023 mit dem Bauen begonnen werden. Vieles aber ist noch unklar. Baulandpreise von 120 Euro pro Quadratmeter wie im jüngsten Baugebiet Geiersberg II werden aufgrund der drastisch gestiegenen Preise kaum zu halten sein. Die Nachfrage nach den Bauplätzen ist trotzdem riesig. Nach welchen Kriterien sie vergeben werden, muss der Stadtrat ebenfalls noch bestimmen.