Die rund 200 neuen Wohnungen auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände in Etwashausen werden wohl kommen, auch wenn das Projekt umstritten bleibt und ein dauerhafter Kompromiss sein wird. Am Donnerstag stellte die Stadtverwaltung dem Stadtrat die Ergebnisse einer öffentlichen Auslegung vor. Eine Vielzahl von Behörden und Privatpersonen hatten Stellung genommen. Und eine Reihe von Gutachten musste erstellt werden, um unter anderem die Auswirkungen auf Verkehr, Klima, Lärm, Artenschutz zu bewerten.
Diese Erkenntnisse und auch die Diskussionen mit Nachbarn und dem Stadtrat sind in die bisherigen Planentwürfe eingeflossen. So werden manche Gebäudeeinheiten ein Geschoss niedriger als in den ersten Entwürfen. Aus Sicht der Stadtverwaltung soll die Berücksichtigung von Behördeneinwendungen und Nachbarschaftsinteressen dazu dienen, dass "gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse" möglich sind, wie Bianca Buck vom Stadtbauamt sagte.
Lärm und Verkehr bleiben Knackpunkte der Bebauung
Ein Knackpunkt bleibt der Verkehrslärm, der einerseits von der benachbarten Nordtangente auf die neuen Gebäude einwirkt und andererseits von den neuen Bewohnern samt ihren Fahrzeugen ausgeht und damit die bestehende Nachbarschaft beeinträchtigt. Um dem Verkehrslärm Herr zu werden, sollen die Gebäude entsprechend ausgerüstet werden. Außerdem werden die Schlafräume auf die von der Nordtangente aus gesehen abgewandte Gebäudeseite, also nach Süden, gelegt. Den Anwohnern will die Verwaltung das Projekt schmackhaft machen, indem sie argumentiert, die sogenannte Riegelbebauung werde sie vor dem Lärm der Nordtangente schützen.
Der zweite wesentliche Knackpunkt, die Verkehrsführung, hängt mit dem ersten zusammen. Weil die Anwohner deutlich mehr Autolärm durch ihre neuen Nachbarn befürchten, wird es mehrere Zu- und Abfahrten zum und vom Gelände geben. So bleibt die Richthofenstraße eine Erschließungsmöglichkeit.
Ampel und Kreisverkehr wird es für das Wohngelände nicht geben
Zusätzlich hat ein Verkehrsgutachten, das das Staatliche Bauamt – nicht der Bauinvestor Wolfgang Rosentritt – in Auftrag gegeben hatte, ergeben, dass im ersten Schritt per Rechtsabbiegerspur von der Nordtangente die Zufahrt ins Wohngebiet ermöglicht werden soll. Ebenso ist eine Rechtsabbiegerspur vom Gelände auf die Nordtangente vorgesehen nach dem Motto: rechts rein – rechts raus.
Nach Worten des Immobilienunternehmers Rosentritt sei die Option vorhanden, in beiden Fällen nachträglich auch Linksabbieger-Spuren nachzurüsten, sollte die Praxis zeigen, dass sie erforderlich seien. Eine Ampel- oder Kreisverkehr-Anbindung werde es dagegen nicht geben.
In der Stadtratsdiskussion zeigten sich schnell die bekannten Fronten zwischen den politischen Gruppierungen: Während das bürgerliche Lager aus CSU, ProKT, FW/FBW, UsW die erforderliche Mehrheit für die Weiterverfolgung des Projekts erbrachte, stimmten Grüne, SPD und KIK dagegen.
Fundamental- und Detailkritik im Stadtrat
Die Grünen übten sich in Fundamentalkritik. Sie bezweifelten den Bedarf für diese Anzahl neuer Wohnungen in Kitzingen oder hätten sich wenigstens Sozialwohnungen gewünscht. Sie stellten gar infrage, ob das Projekt für den privaten Investor lukrativ sei. Dem entgegneten Verwaltung und Befürworter im Stadtrat, dass der Wohnraumbedarf groß sei und in der Stadt durch weiteren Zuzug noch wachsen werde. Außerdem trage der Investor das wirtschaftliche Risiko, nicht die Stadt. Unterm Strich sah die Pro-Seite mehr Chancen durch eine Entwicklung des brachliegenden Areals.
Die SPD störte sich dagegen an Details wie dem Abstand der Gebäude zu den Nachbarn, der Dimensionierung der Entwässerung, dem Lärm der Nordtangente und der Anbindung des Geländes über die Richthofenstraße. Hierzu verwies die Verwaltung auf die Aussagen der Gutachten.
Können sich Betriebe in der Nachbarschaft weiterentwickeln?
Einen dritten Knackpunkt sprach Uwe Hartmann (Bayernpartei) an, als er eine Zukunftssicherung für die angrenzenden Betriebe wie Partyservice, Dachdecker und Gärtner verlangte. Tatsächlich sorgen sich die Firmen im Umfeld, die neuen Bewohner könnten sie verklagen, wenn sie sich durch den Betriebsablauf gestört fühlen könnten. Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) lehnte sich in diesem Punkt aus dem Fenster, als er zwei Mal sagte: "Daran werde ich mich messen lassen." Der Standpunkt der Verwaltung: Da die Unternehmen zuerst da waren, genießen sie Bestandsschutz, was auch für die von ihnen ausgehenden Emissionen , also Lärm- oder Geruchsbelästigungen, gelte.
Das so rechtssicher zu formulieren, dass die künftigen neuen Nachbarn selbst bei Klagen vor Gericht keinen Erfolg haben würden, gehört zu den Aufgaben für Verwaltung und Investor. Allerdings, das stellte Bauamtsleiter Oliver Graumann auch fest, müssten die Betriebe bei ihrer künftigen Entwicklung die neuen Wohnhäuser in der Nachbarschaft berücksichtigen.
Für eine erneute Auslegung der Pläne und damit eine Beteiligung von Behörden und Öffentlichkeit stimmte am Ende eine Mehrheit von 21:10 Stadträtinnen und Stadträten.