zurück
Haßfurt
Zwei Jahre nach Beginn des Kriegs in der Ukraine: So gelingt die Integration im Landkreis Haßberge
Unterbringung, Sprachkurse und Vermittlung in den Arbeitsmarkt: Im Sozialausschuss sprachen Vertreter von Jobcenter und Landratsamt über die aktuelle Lage.
Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine musste auch der Landkreis Haßberge zahlreiche Geflüchtete aufnehmen (Symbolfoto). Um die aktuelle Situation ging es in der Sitzung des Sozialausschusses.
Foto: Henning Kaiser, dpa | Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine musste auch der Landkreis Haßberge zahlreiche Geflüchtete aufnehmen (Symbolfoto). Um die aktuelle Situation ging es in der Sitzung des Sozialausschusses.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 20.04.2024 02:40 Uhr

Am 24. Februar 2022 begann der Krieg in der Ukraine. Zu den ersten Auswirkungen, durch die der Angriff Russlands auf sein Nachbarland auch in anderen Teilen der Welt sichtbar wurde, gehörte die Ankunft von Geflüchteten. "Wir hatten die Flüchtlingsbewegung schon wenige Tage nach Kriegsbeginn", berichtete Sozialamtsleiter Dieter Sauer am Montag im Landratsamt Haßberge. Ende Februar 2022 seien die ersten Ukrainer im Landkreis angekommen. Einen Monat später seien es bereits rund 600 Personen gewesen.

Etwas mehr als zwei Jahre dauert der Krieg mittlerweile an. Auch für deutsche Landkreise bringt das zahlreiche Herausforderungen mit sich. Dabei geht es nicht nur um die Unterbringung der Geflüchteten, sondern auch darum, sie zu integrieren und in Arbeit zu vermitteln. Darüber, wie es um die Umsetzung dieser Aufgaben im Landkreis Haßberge derzeit steht, ging es am Montag im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Dort präsentierte Dieter Sauer zusammen mit Werner Mahr vom Jobcenter und Peter Friedrich vom Kreishochbau aktuelle Zahlen und Daten.

Wie viele geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer leben derzeit im Landkreis Haßberge?

Laut Angaben der Ausländerbehörde vom 8. April haben im Haßbergkreis 444 volljährige und 193 minderjährige Personen eine Aufenthaltserlaubnis. 162 Geflüchtete aus der Ukraine seien in Asylunterkünften des Landratsamtes untergebracht, die übrigen in von den Betroffenen selbst angemieteten Wohnungen. Wie Sauer berichtete, ist die Zahl an "Neuzugängen" zuletzt wieder gestiegen: In der ersten Aprilhälfte habe der Landkreis 13 Personen aus der Ukraine aufgenommen.

Gibt es Fälle, in denen Menschen versuchen, sich Leistungen zu erschleichen?

Geflüchtete haben kurzzeitig Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Nach der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis können sie vom Jobcenter Bürgergeld erhalten.

Dieter Sauer berichtete, dass es dabei in Einzelfällen missbräuchliches Verhalten gebe – auch wenn diese sehr selten seien. So gebe es Leistungsempfänger, die sich nicht in Arbeit vermitteln lassen wollen, sowie Personen mit "zweifelhafter ukrainischer Identität". Zwar können auch Geflüchtete, die in der Ukraine lebten, ohne die dortige Staatsbürgerschaft zu haben, in Deutschland Asyl bekommen. Somit sind auch mangelnde Ukrainisch-Kenntnisse kein eindeutiger Beweis dafür, dass jemand nicht von dort geflüchtet sein kann. Aber gerade, wenn in einer Familie auch die Kinder nicht Ukrainisch sprechen, erhärte sich der Verdacht, dass die Familie nicht in der Ukraine gelebt hatte.

Wie gut gelingt die Integration in den Arbeitsmarkt?

"Unsere Kundenstruktur hat sich geändert", sagte Werner Mahr vom Jobcenter und verglich Zahlen aus den Jahren 2010 und 2023. Seitdem sind viele Geflüchtete nach Deutschland gekommen, nicht nur aus der Ukraine, sondern bereits ab 2015 aus Ländern wie Syrien oder dem Irak. Im Oktober 2010 waren unter den insgesamt 2093 Leistungsempfängern des Jobcenters 154 Ausländer. 13 Jahre später war die Gesamtzahl der Leistungsempfänger auf 1824 zurückgegangen, doch darunter waren nun 818 Ausländer. 415 davon, also etwas mehr als die Hälfte, seien Geflüchtete aus der Ukraine, berichtete Werner Mahr.

Als "Mutmachfolie" bezeichnete er allerdings den Teil seiner Präsentation, in dem es um die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ging. Die ist zwischen Juni 2010 und Juni 2023 von 23.431 auf 27.941 gestiegen. Der Anteil an ausländischen Berufstätigen stieg in dieser Zeit von 410 auf 1877. Es gelinge also insgesamt gut, auch die Neuankömmlinge in Arbeit zu vermitteln.

Gibt es genug Integrations- und Sprachkurse?

Mittlerweile könne das Angebot an Integrations- und Sprachkursen im Landkreis Haßberge als gut bezeichnet werden. Hier lobte Werner Mahr vor allem die Volkshochschule (Vhs): "Die Vhs hat sehr gut reagiert und schnell ein Angebot organisiert." So arbeite das Jobcenter gut mit der Volkshochschule zusammen, ebenso wie mit einigen anderen Bildungseinrichtungen, um die Geflüchteten für den Arbeitsmarkt fit zu machen.

Gut sei auch, dass es ein gewisses Angebot an Sprachkursen gebe, an denen eine Online-Teilnahme möglich ist, sagte Mahr. Gerade für Geflüchtete, die fernab der gut angebundenen Städte untergebracht sind, sei das wichtig. Ein Problemfall seien aktuell noch Alphabetisierungskurse, für die es lange Wartezeiten gebe.

Gibt es auch Arbeit für Geflüchtete mit schlechten Sprachkenntnissen?

Hier stellte Werner Mahr die Initiative "Job-Turbo" der Bundesregierung vor, die es seit Ende 2023 gibt. Die Initiative soll dabei helfen, Geflüchtete schon nach dem Integrationssprachkurs schneller in eine Arbeit oder eine Ausbildung zu bringen. Der Fokus liege dabei auf dem Sprach- und Kompetenzerwerb im Job. Dafür soll es am 30. April in Haßfurt eine "Workbörse" mit Arbeitgebern, Verbänden und Geflüchteten geben.

In der Sitzung meldete sich Kreisrätin Anita Amend (Grüne) zu Wort, bezeichnete den Job-Turbo als eine "gute Sache" und forderte Arbeitgeber dazu auf, sich zu beteiligen und auch Menschen mit schlechteren Sprachkenntissen eine Chance zu geben.

Auch bei Geflüchteten mit einem noch niedrigeren Sprachniveau wollen die Behörden zu einer geregelten Tagesstruktur beitragen, indem sie Arbeitsgelegenheiten für sie schaffen. Kooperationspartner dabei sei das ZAK-Projekt der Vhs.

Wie steht es um den Wohnraum für Geflüchtete?

"Wir sind auf jeden Wohnraum angewiesen, den wir akquirieren können", sagte Peter Friedrich vom Kreishochbau. Aufgrund der anhaltenden wöchentlichen Zuweisungen sei das Landratsamt weiterhin auf der Suche nach geeigneten Objekten für die Unterbringung. Aktuell sind laut Landratsamt 1064 Wohnplätze in 95 Objekten belegt, 162 davon durch Ukrainerinnen und Ukrainer. In diesem Monat wird auch die Notunterkunft "Das Ding" erstmals genutzt.

Im März sind die ersten Personen in die neue Gemeinschaftsunterkunft in Obertheres mit 60 Plätzen eingezogen. Die neue Gemeinschaftsunterkunft in Haßfurt, die Platz für 100 Personen bietet, soll im Herbst in Betrieb gehen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Haßfurt
Peter Schmieder
Arbeitgeber
Ausländerbehörden
Jobcenter
Kriegsbeginn
Landratsamt Haßberge
Landratsamt Schweinfurt
Peter Friedrich
Volkshochschule Gerolzhofen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top