zurück
Haßfurt
Unentschieden: Bauausschuss Haßfurt lehnt den Bau einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete ab
Mit 6 zu 6 Stimmen gab es keine Mehrheit für die geplante Einrichtung. Mehrfach musste Bürgermeister Werner in der Sitzung Zuschauer zur Ordnung rufen.
Auf dieser Fläche am Moosanger soll eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete entstehen. Doch dagegen regt sich Widerstand.
Foto: Peter Schmieder | Auf dieser Fläche am Moosanger soll eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete entstehen. Doch dagegen regt sich Widerstand.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:10 Uhr

Die Stimmung war aufgeladen, als am Donnerstagabend der Bauausschuss der Stadt Haßfurt im kleinen Saal der Stadthalle zusammentrat. Denn auf der Tagesordnung stand der geplante Neubau einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete am Moosanger. Rund 40 Besucherinnen und Besucher waren gekommen, um die Debatte zu hören und ihren eigenen Unmut zum Ausdruck zu bringen. Vor dem Gebäude zeigte eine Polizeistreife Präsenz. Eingreifen mussten die Beamten letztlich nicht, doch in der Sitzung mussten Bürgermeister Günther Werner (Wählergemeinschaft) und Mitarbeiter der Stadt mehrfach gegen unerlaubte Zwischenrufe vorgehen.

Stadtverwaltung muss nach klaren Vorgaben handeln

Das Paradoxe: Auf die Frage, ob die Flüchtlingsunterkunft letztlich kommt oder nicht, dürfte der Beschluss des städtischen Bauausschusses gar keinen Einfluss haben. Letztlich liegt die Entscheidung beim Landratsamt, das wiederum von der Regierung den Auftrag hat, für die Unterbringung der Menschen zu sorgen. Aufgabe der Stadtverwaltung war daher lediglich, zu überprüfen, ob es bauplanungstechnische Gründe gibt, die gegen die Errichtung der Unterkunft sprechen. Alle weiteren Belange, von den Sorgen der Anwohnerinnen und Anwohner bis hin zur großen politischen Frage, wie viele Geflüchtete ein Land überhaupt aufnehmen kann, durften dabei – zumindest für die Stadtverwaltung – keine Rolle spielen.

Bürgermeister erinnert Stadträte an ihren Amtseid

So empfahl Bernhard Leuner von der Bauverwaltung, dem Bauantrag zuzustimmen und betonte: "Wir können nichts anderes vorschlagen, die Rechtslage ist klar." Bürgermeister Werner und später auch Stadtrat Reiner Greich (SPD) erinnerten ihre Ratskolleginnen und Ratskollegen an ihren Amtseid. "Wir haben einen Eid abgelegt. Wir müssen uns an Gesetze halten", betonte der Bürgermeister. Sprich: Unabhängig davon, ob man die Gemeinschaftsunterkunft an dieser Stelle für eine gute Idee hält, dürfe es bei der Entscheidung nur um baurechtliche Themen gehen. Und aus denen ergebe sich kein Grund, den Bau abzulehnen.

"Wir haben einen Eid abgelegt. Wir müssen uns an Gesetze halten."
Günther Werner (Wählergemeinschaft), Bürgermeister Haßfurt

Widerspruch kam von den Stadträten der CSU und der Jungen Liste. Zwar waren sie sich darüber bewusst, dass das letzte Wort in dieser Sache beim Landratsamt liegt, doch sie wollten die Abstimmung im Stadtrat zumindest nutzen, um ein Zeichen zu setzen. Michael Schlegelmilch und Ilker Martin Özalp (beide CSU) kritisierten vor allem die Informationslage. Zu wenig sei darüber bekannt, wer letztlich in die Einrichtung einziehen soll. Bürgermeister Werner hielt dagegen: "Das fällt nicht ins Baurecht. Das ist Sache des Landratsamtes, da sind wir nicht zuständig."

CSU befürchtet eine Art "Ankerzentrum light" in Haßfurt

Doch das wollte Schlegelmilch nicht gelten lassen: "Wir wissen noch gar nicht, was wir da beschließen", betonte er. Er habe gehört, dass vor allem junge Männer kommen sollen, deren Asylanträge noch nicht genehmigt sind. "Schaffen wir hier ein Ankerzentrum? Dafür ist Haßfurt zu klein", so Schlegelmilch.

"Schaffen wir hier ein Ankerzentrum? Dafür ist Haßfurt zu klein."
Michael Schlegelmilch (CSU), Stadtrat

Bürgermeister Werner betonte daraufhin, es gehe um Menschen, die zumindest geduldet seien und daher die Ankerzentren verlassen dürfen. Jürgen Kehrlein (CSU) bezeichnete die in Haßfurt geplante Einrichtung daraufhin als "Ankerzentrum light". "Wir bekommen hier keine Familien, wir bekommen Männer." Die Rückführung von Menschen, die letztlich nicht in Deutschland bleiben dürfen, misslinge der Politik mittlerweile seit Jahren.

Unentschieden: Bauausschuss Haßfurt lehnt den Bau einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete ab

Adrian Ort (Junge Liste) sprach von einer schwierigen Entscheidung. Er verwies darauf, dass die Ablehnung gegenüber der Flüchtlingsaufnahme in Deutschland allgemein zunehme. "Man sieht die Wahlergebnisse. Wir können so nicht weitermachen."

Anders sah das unter anderem Peter Giessegi (Grüne). "Ich sehe keine Alternative", sagte er und erklärte, der Platz am Moosanger sei noch "einer der besseren Standorte". Dem schloss sich auch Reiner Greich an: "Lieber so, als wenn wieder Schulsporthallen zweckentfremdet werden." Außerdem betonte er, die ganze Art, wie mit dem Thema umgegangen werde, werfe auch ein schlechtes Licht auf die Stadt Haßfurt.

"Asylstadt nein danke": Bürgermeister bringt Schmiererei zur Anzeige

In diesem Zusammenhang kritisierten einige Ratsmitglieder auch das Verhalten von Bürgerinnen und Bürgern, die sowohl im Vorfeld als auch während der Sitzung ihren Unmut über die geplante Flüchtlingsunterbringung zum Ausdruck brachten – teilweise auch mit illegalen Methoden. So betonte unter anderem Peter Giessegi, er werde sich "auch von Schmierereien an Ortseingängen" nicht von seiner Meinung abbringen lassen.

"Lieber so, als wenn wieder Schulsporthallen zweckentfremdet werden."
Reiner Greich (SPD), Stadtrat

Das bezog sich wohl darauf, dass in den vergangenen Tagen eine bislang unbekannte Person an einer Augsfelder Ortseinfahrt ein Schild mit der Aufschrift "Asylstadt nein danke" angebracht hatte. Im Gespräch mit der Redaktion berichtet Bürgermeister Werner, er habe das Schild durch den Bauhof entfernen lassen und den Vorfall zur Anzeige gebracht.

Über das Internet und WhatsApp hatten Gegnerinnen und Gegner der Gemeinschaftsunterkunft im Vorfeld dazu aufgerufen, die Sitzung zu besuchen und dort ihrem Unmut Luft zu machen. So mussten Bürgermeister, einzelne Ratsmitglieder und Vertreter des Bauamtes während der Sitzung mehrfach darauf hinweisen, dass Besucherinnen und Besucher in einer Sitzung kein Rederecht haben. Dennoch gab es immer wieder Zwischenrufe, eine Person schrie von der Empore "Wir werden entmündigt!" Lautstarken Applaus gab es für die Ratsmitglieder, die sich gegen das Projekt aussprachen.

Am Ende entscheidet das Landratsamt

Die Abstimmung endete schließlich mit einem Unentschieden: Neben den Vertretern von CSU und Junger Liste stimmten auch Berthold Albert (Wählergemeinschaft) und Hachem Farmand (parteilos) gegen den Bauantrag, damit stand es schließlich 6 zu 6. In diesem Fall gilt der Antrag als abgelehnt.

Dieses Ergebnis wird nun ans Landratsamt übermittelt. Sollte die Kreisbehörde jedoch zum Ergebnis kommen, dass es keine baurechtlichen Argumente gegen die Unterkunft gibt, müsste der Bauausschuss der Kreisstadt die Frage erneut behandeln. Sollte es dann wieder zu einer Ablehnung kommen, müsste das Landratsamt diese als rechtswidrig betrachten und in eine Zustimmung umwandeln.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Haßfurt
Peter Schmieder
Bauanträge
Baubehörden
Bürgermeister und Oberbürgermeister
CSU
Günther Werner
Landratsamt Schweinfurt
Stadt Hofheim
Stadthalle Schweinfurt
Stadträte und Gemeinderäte
Stadtverwaltung Haßfurt
Tagesordnungen
Wählergemeinschaft Marktsteinach
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Michael Appel
    Das Landratsamt sollte lieber ehrenamtliche suchen die deutsche alte und gebrechliche Menschen helfen und ihr Rest des Lebens ehrvoll verbringen können.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gabi Hofmann
    Wäre jedenfalls auch eine Alternative...

    Aber ich sehe unter Umständen auch, daß Landratsamt unter Handlungsbedarf steht...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Mike Rösler-Fischer
    Die überfremdung ist nicht mehr auf zuhalten. In haßfurt sieht man fast nur junge Männer. Das landratsamt sucht immer ehrenamtliche für die Flüchtlinge. Sollen die sich melden die dies gut heißen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten