Auf der Suche nach Unterkünften für Geflüchtete sind die Verantwortlichen in Haßfurt offenbar fündig geworden. Zwei Einrichtungen sollen in der Kreisstadt entstehen, darunter ein in Unterfranken bislang einmaliges Projekt. Das gaben Vertreter der Regierung von Unterfranken, des Landratsamts Haßberge und Bürgermeister Günther Werner am Mittwoch in einer gemeinsamen Pressekonferenz bekannt. "Es ist Fakt, dass die Geflüchteten da sind und dass sie ein Dach über dem Kopf brauchen", erklärte Werner mit Blick auf das weiterhin überfüllte Ankerzentrum in Geldersheim.
In den vergangenen Jahren waren vergleichbare Vorhaben in Haßfurt wiederholt gescheitert. Nun soll neben einer Winternotunterkunft in der Zeiler Straße im Gewerbegebiet Moosanger eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete entstehen. Der Bauantrag liegt bereits vor. Die wichtigsten Fragen auf einen Blick.
Wie viele Menschen sollen in der Gemeinschaftsunterkunft leben?
Die Gemeinschaftsunterkunft im Gewerbegebiet Moosanger soll auf einer Fläche von rund 3500 Quadratmetern entstehen. Auf dem Privatgrund will ein privater Investor zehn Häuser in Modulbauweise errichten, insgesamt 26 Wohneinheiten, zudem ein Verwaltungsgebäude. Betreiberin der Einrichtung wäre die Regierung von Unterfranken, die als Mieterin die Gemeinschaftsunterkunft "schlüsselfertig übernimmt", so Lothar Menzel. " Bis zu 100 Menschen könnten dort untergebracht werden. "Das ganze hat Wohncharakter, wir wollen aktuell keine größeren Unterkünfte, das ist gesellschaftlich nicht gewollt", sagt Menzel.
Wie sieht der Zeitplan für die Einrichtung im Moosanger aus?
Der Bauantrag des Investors liege der Stadtverwaltung bereits vor, so Bürgermeister Werner. In einem nächsten Schritt kann der Haßfurter Bauausschuss, der am 23. November in öffentlicher Sitzung tagt, sein sogenanntes Einvernehmen erteilen oder versagen. Genehmigungsbehörde und damit das Zünglein an der Waage ist das Landratsamt Haßberge.
Geben die Behörden grünes Licht, könnte die Gemeinschaftsunterkunft in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres bezugsfertig sein, heißt es vonseiten der Regierung von Unterfranken. Weil das Grundstück in einem Gewerbegebiet liegt, wäre die Baugenehmigung eine befristete. Das Baugesetzbuch sieht eine Nutzung bis 2027 und eine mögliche Verlängerung um drei Jahre vor. "Wir gehen derzeit von einer Laufzeit bis 2030 aus", so Menzel. Danach müssten die Moduleinheiten zurückgebaut werden.
Warum greift die Regierung auf einen privaten Bauträger zurück?
"Wir beschreiten Neuland", erklärte Lothar Menzel. Die Kapazitäten beim Staatlichen Bauamt seien zu erschöpft, um Vorhaben wie jene in Haßfurt in Eigenregie zu bewerkstelligen. Das Projekt sei in dieser Form zumindest in Unterfranken bislang einmalig. Weitere seien in den Landkreisen Würzburg, Reichenberg, und Main-Spessart, Karlstadt, geplant.
Angesichts der aktuellen Alternativlosigkeit auf dem Wohnungsmarkt werde die Unterbringung im Moosanger den Staat mehr Geld kosten als die üblichen rund 150 bis 200 Euro Kaltmiete pro Platz. Die Mietvorstellungen privater Anbieter seien angesichts fehlender Unterbringungsmöglichkeiten "deutlich nach oben gegangen", so Menzel weiter. Genaue Zahlen könne er nicht nennen. Unterschieben sei der Mietvertrag bislang nicht.
Was sehen die Pläne für die Notunterkunft des Landkreises vor?
Weiter stadteinwärts im Bürotrakt des ehemaligen "Das Ding"-Mitnahmemarkts soll über den Winter eine Notunterkunft für Geflüchtete entstehen. Bei dem 2017 von der Kreisstadt erworbenen Areal handelte es sich lange um den größten Einzelhandelsleerstand Haßfurts.
Für die nötigen Voraussetzungen in dem Gebäude möchte das Landratsamt als Mieter und Betreiber nun sorgen: Dusch- und Sanitärcontainer sollen aufgestellt, ein Küchenbereich geschaffen und Stromleitungen verlegt werden. Bis zu 100 Menschen sollen in der kalten Jahreszeit Platz finden können. "Das ist keine Bleibe für die Dauer", sagte Dieter Sauer Leiter des Amtes für Soziales im Landratsamt Haßberge. Nach maximal sechs Wochen sollen die Menschen in reguläre Unterkünfte ziehen können.
Warum braucht es eine Notunterkunft in der Kreisstadt?
"Wir rechnen damit, dass wir die neue Notunterkunft ab dem 1. Dezember benötigen", so Sauer weiter. Bis dahin reiche der vorhandene Platz vermutlich. Zuletzt seien dem Landkreis innerhalb von drei Wochen 130 Menschen zugeteilt worden, das habe die Kapazitäten erschöpft. Der Bürotrakt in der Zeiler Straße soll bis Ende April 2024 als Notunterkunft dienen, das sehe die vereinbarte Nutzungsdauer vor. "Das ist eine bessere Lösung als die Turnhalle am Schulzentrum", erklärte Dieter Sauer.
Was sagt Bürgermeister Günther Werner zu den Vorhaben?
"Wir wollen uns nicht unterstellen lassen, dass wir etwas verheimlichen", so das Stadtoberhaupt während der Pressekonferenz. Haßfurt sehe er als eine vielfältige Stadt. Er empfehle jedem, mit Geflüchteten ins Gespräch zu kommen. Doch Werner weiß auch: "Die Stimmung ist nicht mehr so wie noch 2015."