Im Wohnzimmer von Marion Manietta stapeln sich bunte Plakate. Sie liegen ringsum auf der Couch, dem Tisch und dem Boden. Es ist kaum noch Platz zum Stehen oder Sitzen. Auf den Plakaten sind Hunderte von Fotos aufgeklebt – und Konfetti. Die Eichelsdorferin hat sich mithilfe der Bilder auf eine Zeitreise durch den Eichelsdorfer Fasching – oder wie es vor Ort heißt: die Ächelsdorfer Fosenacht – begeben. Am kommenden Samstag, 4. November, sind die Plakate und Bilder in einer Ausstellung im Eichelsdorfer Klosterkeller zu sehen.
Sie sei über ihre Kinder in den Fasching mit reingewachsen, erinnert sich die 54-Jährige, die zu den vielen Aktiven des Eichelsdorfer Faschings zählt. In der Corona-Zeit hat Manietta angefangen, Bilder aus inzwischen über 50 Jahren "Ächelsdorfer Fosenacht" zusammenzutragen. Der eigene Fundus an Bildern sowie zahlreiche Fototaschen, Fotoalben und USB-Sticks, die ihr zur Verfügung gestellt wurden, dienten der Eichelsdorferin als Quelle. In etlichen Stunden Arbeit entstand so eine umfangreiche und bunte Sammlung.
Im Vorfeld der Ausstellung haben Marion Manietta und Claus Haßfurter, der 45 Jahre lang als Aktiver beim Eichelsdorfer Fasching auf der Bühne stand und unter anderem die Bunten Abende moderierte, zusammen mit der Redaktion einen Blick in die Geschichte der "Ächelsdorfer Fosenacht" geworfen. Fünf kuriose Fakten aus 55 Jahren:
1. Die "Ächelsdorfer Fosenacht" haben zwei Frauen ins Leben gerufen
Ursula Bergmann und Lidwina Haßfurter legten im Jahr 1968 den Grundstein für das, was sich in den Folgejahren zu den Bunten Abenden der "Ächelsdorfer Fosenacht" auswuchs. Im örtlichen Gasthaus "Zu den Haßbergen" traten die beiden damals an einem Abend auf. Es war der erste von vielen, die in den kommenden Jahrzehnten – getragen durch das Engagement begeisterter Faschingsnärrinnen und -narren – noch folgen sollten. Dabei nahmen die Aktiven auch regelmäßig das Dorfgeschehen auf die Schippe. "Namen wurden nicht genannt, aber es wusste doch jeder, wer gemeint ist", erzählt Claus Haßfurter, Sohn von Lidwina Haßfurter, mit einem Schmunzeln. Zuletzt fielen die Bunten Abende in Eichelsdorf unter anderem aufgrund der Corona-Pandemie aus.
2. Pferdestärken begleiteten regelmäßig den Faschingsumzug in Eichelsdorf
1992 fand in Eichelsdorf erstmals ein Faschingsumzug statt. Inzwischen gibt es diesen nicht mehr. Den hohen Aufwand, die hohen Kosten, etwa für die Versicherung, und auch das etwas nachlassende Besucherinteresse nennen Manietta und Haßfurter als Gründe hierfür. Als der "Gaudizug" noch durchs Dorf führte, waren nicht nur die kreativen Motivwägen und Kostüme (siehe Punkt 3) ein Blickfang, sondern auch ein historisches Gefährt: Wie Carl Benz anno 1885 kutschierte ein Chauffeur das Eichelsdorfer Prinzenpaar durch den Ort. Auch echte Pferdestärken begleiteten mitunter den Umzug. Bereits im Jahr 1975, also lange vor dem eigentlichen Faschingsumzug, war eine bunt geschmückte Pferdekutsche zur Belustigung der Kinder unterwegs, wie Bilder belegen.
3. Keine Grenzen bei der Kreativität: Eine Skisprungschanze als Motivwagen
An Kreativität mangelt es in den Faschingshochburgen des Landkreises selten. Auch die Eichelsdorfer setzten bei ihrem Umzug die Messlatte jedes Jahr hoch – vom Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Spiel mit eigens geschreinertem Spielbrett und menschlichen Figuren bis hin zum Wasserbecken samt Kanu und Fahrer auf einem der Motivwägen. Ein besonderes Highlight darunter: Der als Skisprungschanze beziehungsweise "Schwedenschanze" gestaltete Wagen des Eichelsdorfers Christian Häpp. Auch ein Skispringer harrte darauf in passender Pose aus – mit entsprechenden Muskelschmerzen hinterher, wie Manietta ergänzt. Auch besonders an der Schanze: Sie ließ sich einklappen und passte so durch das Tor zum Klosterhof, wo die Klosterschwestern jedes Jahr auf den Umzug warteten.
4. Auch eine Schneebar gehört seit Langem zur "Ächelsdorfer Fosenacht"
Neben den Bunten Abenden, dem Faschingsumzug und dem Kinderfasching war und ist seit 1997 eine Schneebar fester Bestandteil der "Ächelsdorfer Fosenacht" – und Gesprächsthema im Vorfeld. "Auch früh beim Einkaufen werde ich gefragt: Habt ihr Schnee?", erzählt Manietta und lacht. Ursprünglich kam dieser aus den Haßbergen, inzwischen meist aber aus Thüringen oder von der Wasserkuppe, wie Haßfurter berichtet. 300 bis 400 Leute zieht es regelmäßig am Faschingssamstag nach Eichelsdorf, um dort an der Schneebar zu feiern. Auch zum Exportschlager wurde diese schon: Mitten im Sommer organisierte einmal ein Team aus Eichelsdorf zum Geburtstag für einen Bekannten aus Oberfranken als Überraschung den Baraufbau. "Meine Gefriertruhe war voller Schnee", erinnert sich Haßfurter.
5. Zur Jahrtausendwende sorgte die Eichelsdorfer Schunkelpolizei für Schlagzeilen
Im Jahr 2000 erregte die "Ächelsdorfer Fosenacht" auch überregional Aufsehen. Grund dafür war eine pfiffige Idee: Eine Schunkelpolizei kontrollierte im Saal die Schunkelbereitschaft des Publikums. Der inzwischen verstorbene Eichelsdorfer Klaus Bergmann schlüpfte in die Rolle des Schunkelpolizisten, kurz "Schupo". Der Clou daran: Gäste hatten vorab weniger zahlen müssen, sofern sie bereit waren mit zu schunkeln. Das wurde während des Abends dann mehrfach durch den "Schupo" überprüft. "Als Schunkler gemeldete Gäste, die aber nicht schunkelten, mussten nachzahlen", hieß es damals in der Zeitung. Und: "Eigentliche Nichtschunkler hingegen, die trotz ihres höheren Eintrittspreises sich von der allgemeinen Heiterkeit anstecken ließen, erhielten ihr zu viel gezahltes Geld zurück."