Der Boden ist nass vom Gewitterschauer, der am frühen Abend über die Haßberge gefegt ist. Inzwischen ist es stockdunkel, noch immer regnet es leicht. Eine kleine Gruppe Menschen bahnt sich ungeachtet des Wetters ihren Weg entlang des Fahrbahnrands neben der Staatsstraße zwischen Eichelsdorf und Stöckach. Ausgestattet mit Warnwesten, Taschenlampen und Stirnleuchten sowie weißen Plastikeimern geht es Meter um Meter voran, den Blick auf den Boden gerichtet.
"Da ist noch eine", macht ein Mitglied der Gruppe die anderen mit einem Fingerzeig auf den jüngsten Fund aufmerksam. Zwischen Blättern, Gras und einem grünen Kunststoffzaun ist am Boden ein kleines Lebewesen auszumachen. "Das ist jetzt ein Männchen", sagt Armin Manietta mit Blick auf die eben entdeckte Erdkröte. Sie ist nicht das einzige Exemplar, das die Gruppe bei ihrem abendlichen Einsatz noch finden, aufsammeln und sicher auf die andere Straßenseite bringen wird.
Für Frösche und Kröten engagiert sich Armin Manietta seit seiner Jugend
"Seit 40 Jahren bin ich immer wieder auf der Suche nach Fröschen oder Kröten", erzählt Manietta, der in Eichelsdorf lebt und die Sammel-Aktion organisiert hat, zu seinem persönlichen Hintergrund. Die Tiere hätten ihm schon immer irgendwie gefallen. Bereits als Jugendlicher sei er mit dem Mofa zu Stellen gefahren, an denen Froschlaich abgelegt war, dort aber ausgetrocknet wäre. "Ich habe ihn dann woanders hingebracht, wo ich wusste, dort haben die Tiere eine Chance."
Bei der jährlichen Krötenwanderung im Frühjahr ist Armin Manietta inzwischen seit gut 20 Jahren als ehrenamtlicher Helfer im Einsatz. Zunächst gemeinsam mit seiner Frau im Ebelsbach-Tal, dann rund um seinen Wohnort, wo er unter anderem kurz vor Stöckach auf eine entsprechende Querungsstelle gestoßen ist. "Dort waren wirklich zum Teil viele tote Kröten auf der Straße", erinnert er sich. In der ersten Corona-Zeit habe er sich dann jeden Abend zwischen 20 und 21 Uhr dorthin aufgemacht.
Manietta zählte dabei auch die Kröten, Lebende wie Tote. "Dadurch wusste ich, da oben ist eine gute Population." Auch im Folgejahr kontrollierte er die Stelle und besprach anschließend seine Ergebnisse mit der Kreisgruppe Haßberge des Bund Naturschutz (BN). "Es wäre interessant, da mal einen Zaun hinzumachen", habe er damals erklärt. 2022 wurde dieser an der besagten Stelle aufgebaut. Und während im Vorjahr noch 93 Kröten überfahren worden waren, standen mit Schutzzaun noch 25 Tote zu Buche, und 297 gerettete Tiere.
Wenn es warm und feucht wird, beginnt im Frühjahr die Krötenwanderung
Der Eichelsdorfer führt genau Protokoll. Auch bei der Sammel-Aktion am Montagabend dieser Woche. 50 gerettete Kröten sind es am Ende. "Einwandfrei", bilanziert Manietta. Zum ersten Mal in diesem Jahr habe das Wetter genau gepasst. Verhältnismäßig warm und feucht, sodass sich viele der Tiere auf den Weg zu ihrem Laichgewässer machten. "Bei gutem Wetter wird gesammelt", sagt Manietta. Da gehe er, wenn nötig, auch um 22, 23 oder 24 Uhr noch los.
Die Querungsstelle und den Schutzzaun bei Stöckach betreut der Eichelsdorfer indes nicht ganz alleine. Eine der weiteren Ehrenamtlichen ist Julia Kurz. Die 18-jährige Schülerin war eines Nachts mit einer Freundin auf dem Nachhauseweg, als sie die Tiere entdeckte. "Die ganze Straße war voller Kröten." Sie habe sich gedacht: "Wir können da doch jetzt nicht einfach weiterfahren, die sterben doch alle." Als sie mit ihrer Schwester daraufhin noch einmal zu der Stelle fahren wollte, trafen die beiden auf Armin Manietta. Seitdem hilft Kurz regelmäßig bei der Krötenwanderung.
Dass die Tiere aufgrund des Straßenverkehrs auf menschliche Hilfe angewiesen sind, zeigt sich auch an diesem Abend. Die Gruppe ist schon ein gutes Stück dem Zaun gefolgt, ehe dieser von einem Weg unterbrochen wird. Manietta macht sich dort in Richtung der Straße auf, denn wo der Schutzzaun endet, gelangen die Tiere ungehindert auf diese. Zwei Kröten liegen auf der Fahrbahn. "Die ist Matsch", konstatiert er mit Blick auf das Krötenweibchen. Das Männchen lebt noch, aber "die Füße sind gebrochen".
Schon eine Geschwindigkeit von 50 km/h ist für die Kröten oft zu viel
Zwei Warnschilder machen Autofahrerinnen und Autofahrer auf Höhe des Schutzzaunes auf die Kröten aufmerksam. Der Streckenabschnitt liegt jedoch an einer Kurve, was nicht nur für die Kröten gefährlich ist. Auch die Ehrenamtlichen müssen gut aufpassen, wenn sie die Straße überqueren, um die Tiere auf der anderen Seite wieder auszusetzen. Denn die meisten Vorbeifahrenden reduzieren ihre Geschwindigkeit kaum.
"Es wäre schön, wenn die Autofahrer die Geschwindigkeit reduzieren, um für die Kröten etwas zu machen", sagt Manietta. "Langsam fahren, speziell vor und nach dem Zaun, da gibt's noch welche, die einfach über die Straße laufen." Die Tiere müssen dabei nicht einmal direkt von den Reifen erfasst werden. Bei normaler Geschwindigkeit reiche schon alleine der Strömungsdruck, dass die Kröten Schaden nehmen. Selbst Tempo 50 sei da bereits meist zu viel, heißt es im Internet zum Beispiel auf der Website des Naturschutzbunds (NABU).
Über 10.000 Kröten und andere Amphibien haben ehrenamtliche Helferinnen und Helfer alleine im vergangenen Jahr im und angrenzend an den Landkreis Haßberge gerettet, wie Geschäftsstellenleiter Christian Raehse von der BN-Kreisgruppe Haßberge berichtet. 14 Standorte mit Schutzzäunen gebe es im Kreisgebiet. Den Aufbau und die Kosten dafür übernimmt in der Regel das Landratsamt, die Betreuung der BN beziehungsweise die Ehrenamtlichen.
Raehse selbst hat vor zwei Jahren zum ersten Mal mitgemacht, wie er berichtet. "Dieses Quietschen ist echt lustig, echt goldig", sagt er mit einem Schmunzeln. Gemeint sind die quäkenden Töne, die von den Tieren in den Sammeleimern zu hören sind. Zum Zaun bei Stöckach hat der Geschäftsstellenleiter auch seine Töchter, Clara und Josefine, mitgebracht. Die beiden Mädchen sind zum ersten Mal dabei und sammeln voller Begeisterung eifrig Kröte um Kröte ein.
Für die Krötenwanderung sind immer weitere Helfer gesucht
"Die Populationen sind so rückläufig, das ist einfach dramatisch", sagt Raehse. Jedes Tier zähle. Während vielfach der Klimawandel im Fokus steht, sei es immens wichtig, die Biodiversität zu erhalten, ergänzt er. Diese sei, bei aller gerechtfertigten Bedeutung des Klimaschutzes, "der fast noch wichtigere Bereich". Mit Blick auf die Krötenwanderung berichtet der BN-Geschäftsstellenleiter, dass die Helferinnen und Helfer zunehmend wegbrechen. Daher sein Appell: "Es wäre ganz toll, wenn da mehr helfen."
Menschen wie Armin Manietta und Julia Kurz zum Beispiel. "Mein Ziel ist es, hier in vier oder fünf Jahren auf 500 Stück zu kommen", sagt der Eichelsdorfer zur Krötenpopulation bei Stöckach. Dann wisse er, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Für eine Querungsstelle bei Schweinshaupten hat er indes schon den nächsten möglichen Schutzzaun, mit dem jedoch immer "Kosten, Verantwortung und Arbeit" verbunden sind, ins Auge gefasst.
Es sei schön, die Tiere über die Straße zu tragen und sie so zu retten, sagt Kurz zu ihrem persönlichen Antrieb. Wie die Kröte etwa, die auf der Heimfahrt im Licht der Auto-Scheinwerfer auftaucht. Das Tier hatte Glück. Manietta hält an und trägt es auf die andere Seite. Weit genug weg vom Straßenrand, damit die Kröte sich orientieren kann und nicht wieder zurück auf die Fahrbahn läuft. Die Bilanz des Abends lautet somit: 50 plus 1.
Interessierte, die bei der Krötenwanderung mithelfen möchten, können sich bei der Kreisgruppe Haßberge des Bund Naturschutz melden, unter Tel.: (09531) 9443566 oder per E-Mail: hassberge@bund-naturschutz.de.
Anders als viele "Damit-die-Wertschöpfung-in-der-Region-bleibt-Verfechter", die doch nur auf den eigenen finanziellen Vorteil bedacht sind, und das Grün gerne als netten Vorwand mitnehmen!
Natürlich bleibt die "Wertschöpfung" nicht in der Region, sondern in der Tasche der Investoren, die lieber ganze Betriebe stilllegen, weil sie mit Wind und Sonne (sollte eigentlich besonders günstig sein) mehr Wert abschöpfen!
Hoffentlich nutzt die Wahlreform was, damit nicht mehr so viele Amigos und Amiginnen in den Bundestag kommen!
was haben die von ihnen genannten "Klimaspinner" überhaupt im Kommentar verloren? Was hat das auch nur ansatzweise mit Krötensammeln zu tun? Thema komplett verfehlt würde ich sagen!
Zum Thema Krötensammeln: in erster Linie ist das ein tolles ehrenamtliches Engagement! Daran könnten sich viele ein Beispiel nehmen und sich auch für die Gemeinschaft engagieren oder für eine gute Sache! Hut ab bei Wind und Wetter und zu umöglichen Uhrzeiten im Dreck herumzustiefeln. Die Kröten und somit die Natur danken es!