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Aidhausen
Wie hoch sind die Trinkwasserverluste in Kerbfeld? Die Gemeinde Aidhausen nennt keine Zahlen
Seit dem Anschluss an die Stadt Hofheim kämpft der Ortsteil von Aidhausen mit Frischwasserverlusten – und zahlt einen hohen Wasserpreis. Das Rathaus scheint ratlos.
Ein schwarzes Loch bei der Wasserversorgung? Im Leitungsnetz des Aidhäuser Ortsteils Kerbfeld sollen erhebliche Trinkwassermengen verschwinden.
Foto: Gudrun Klopf, Getty; Fotomontage: MP | Ein schwarzes Loch bei der Wasserversorgung? Im Leitungsnetz des Aidhäuser Ortsteils Kerbfeld sollen erhebliche Trinkwassermengen verschwinden.
Martin Sage
 |  aktualisiert: 15.07.2024 17:57 Uhr

Schon heute zahlen die Bürgerinnen und Bürger von Kerbfeld den mit Abstand höchsten Trinkwasserpreis innerhalb der Gemeinde Aidhausen. Mit 3,70 Euro kostet der Kubikmeter Wasser hier aktuell drei- bis viereinhalbmal so viel wie in den anderen Gemeindeteilen. Dementsprechend geschockt reagierten die Kerbfelder Ende letzten Jahres auf die Nachricht, dass ihr Wasser alsbald über 6 Euro kosten könnte. 

Dazu ist es nicht gekommen. Der Gemeinderat hat im Februar die neuen Wasserpreise für Aidhausen beschlossen: Ab April kostet das Kerbfelder Wasser 4,80 Euro je Kubikmeter. Für Nassach gilt ab dann der Preis von 3,52 Euro, in allen anderen Ortsteilen schlägt der Kubikmeter mit 1,46 Euro zu Buche. Zum Vergleich: Der bayerische Durchschnitt für den Kubikmeter Frischwasser liegt bei rund 1,80 Euro.

Seit 2001 gibt es ein Problem

In der Ratssitzung am 29. Februar hatte Bürgermeister Dieter Möhring (Freie Wähler) von zwei harmonischen Bürgerversammlungen in Kerbfeld und Nassach zum Thema Wasser in der Woche zuvor gesprochen. Schöne heile Wasserwelt also in Kerbfeld, dem Gemeindeteil mit dem teuersten Wasser?  Wohl kaum, wenn man sieht, mit welchem Problem die Wasserversorgung hier seit bald einem Vierteljahrhundert zu kämpfen hat und wie hilf- und ratlos die Gemeinde dem Thema gegenüber erscheint.

Kerbfeld ist der einzige Gemeindeteil, der sein Wasser von außerhalb bezieht, nämlich seit 2001 von der Stadt Hofheim (Lendershäuser Gruppe). Dass eingekauftes Wasser teurer ist als selbst gefördertes, dürfte nicht überraschen. Die Hofheimer Haushalte zahlen 2,60 Euro pro Kubikmeter Trinkwasser, was 54 Prozent des Wasserpreises ihrer Kerbfelder Kundschaft entspricht. Nassach hat eigene Brunnen, alle anderen Aidhäuser Ortsteile sind an den Hochbehälter Rottenstein angeschlossen. 

Kerbfeld hängt am Tropf von Hofheim

Doch seit Kerbfeld am Tropf von Hofheim hängt, "tropft es": Es kommt zu enormen Wasserverlusten im Leitungsnetz. Und zwar auf Aidhäuser Seite, nicht auf Hofheimer Seite. Das scheinen die Wasseruhren an der Übergabestation zu belegen. Bis zu einem Drittel des Wassers soll verloren gehen. Das wäre ein Vielfaches der üblichen Verluste. Bundesweit verschwinden auf dem Weg vom Wasserwerk zu den Bürgerinnen und Bürgern etwa fünf Prozent des Trinkwassers, berichtete das Nachrichtenmagazin Fokus im letzten August. Grund: Marode Leitungen und Wasserrohrbrüche.  

Schon 2005 stand in der Main-Post, dass Kerbfeld bezüglich der Wasserversorgung das Sorgenkind der Gemeinde sei. Bis dato seien 15.000 Kubikmeter Wasser verloren gegangen, für die Aidhausen 25.000 Euro an Hofheim habe zahlen müssen, heißt es in dem Bericht von damals.

Finanzielle Einbußen in sechsstelliger Höhe?

Doch knapp 20 Jahre später vermag Bürgermeister Dieter Möhring, im Amt seit 2002, weder zu sagen, wie groß die Wasserverluste in Kerbfeld seit 2001 tatsächlich gewesen sind noch welcher finanzielle Verlust der Gemeinde dadurch entstanden ist. Kritiker hingegen behaupten, das Defizit habe sich seit 2001 auf rund 200.000 Euro aufsummiert. Diese Zahl taucht in einem Papier auf, das der Redaktion vorliegt. "Die Aussage dürfte nicht zutreffen", meint Bürgermeister Möhring, der keine Zahlen nennt, weil dazu nötigen Daten "teilweise noch nicht digital erfasst" seien und die Jahresberichte erst noch gesichtet würden.

Das Gemeindeoberhaupt bestätigt, dass die Kerbfelder Wasserverluste "hoch" sind; ob sie tatsächlich ein Drittel der gesamten Trinkwassermenge betragen oder in welcher Größenordnung sie sonst liegen, dazu äußerst sich Möhring nicht. Dem Bürgermeister zufolge sind es rund 7500 Kubikmeter Wasser pro Jahr, die die Lendershäuser Gruppe nach Kerbfeld liefert, wo knapp 300 Menschen leben. 

Dem besagten Main-Post-Bericht von 2005 mit dem Titel "In Kerbfeld und Nassach kommt Wasser abhanden" ist zu entnehmen, dass die Gemeinde schon damals ihren Wasserwart angewiesen hat, hinsichtlich der Wasserverluste Ursachenforschung zu betreiben. Zwei Jahrzehnte später ist mancher im Dorf davon überzeugt, dass die Gemeinde dem Problem immer noch nicht auf die Spur gekommen ist. 

Bereits im Januar hatte Bürgermeister Dieter Möhring auf Anfrage der Redaktion erklärt, es sei "Unsinn und an den Haaren herbeigezogen", dass die Gemeinde die Kerbfelder Wasserverluste nicht eindämmen könne. Damals hatte Möhring behauptet, der Wasserschwund liege "statistisch in der Norm". Auf eine weitere Anfrage, welche konkreten Maßnahmen die Gemeinde ergriffen habe und wie sich die Maßnahmen auf die Kerbfelder Wasserbilanz auswirkten, antwortete der Bürgermeister im Februar schriftlich: "Es wurden immer wieder Firmen beauftragt, die nach Leckagen suchten und suchen werden." Die Kosten seien erheblich und müssten mit den Verlusten abgewogen werden. Zur Wasserbilanz kein Wort.

Sollte der Verlust beim teuersten Wasser in der Gemeinde Aidhausen tatsächlich bei einem Drittel liegen, entspräche dies einem Jahresdefizit von über 10.000 Euro - quasi für nichts und wieder nichts. Es bleibt abzuwarten, ob und wann die Verwaltung genaue Zahlen vorlegt und welche Schlüsse das Rathaus daraus zieht.

 
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