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Haßfurt
Warum Radfahren in Haßfurt „ein bisschen tricky“ ist
Wer benimmt sich schlimmer? Radfahrer oder Autofahrer? Stefan Scherrer von Polizei in Haßfurt hat dazu eine klare Meinung. Wie das Miteinander im Verkehr derzeit aussieht.
Speziell in der Haßfurter Hauptstraße sollten sich Auto- und Fahrradfahrer mehr Mühe beim tagtäglichen Miteinander geben, meint Verkehrssachbearbeiter Stefan Scherrer von der Polizeiinspektion Haßfurt. 
Foto: René Ruprecht | Speziell in der Haßfurter Hauptstraße sollten sich Auto- und Fahrradfahrer mehr Mühe beim tagtäglichen Miteinander geben, meint Verkehrssachbearbeiter Stefan Scherrer von der Polizeiinspektion Haßfurt. 
Jochen Reitwiesner
Jochen Reitwiesner
 |  aktualisiert: 10.02.2024 13:29 Uhr

Um gefährliche Situationen zwischen Radfahrern und motorisierten Verkehrsteilnehmern zu beobachten, muss Stefan Scherrer nicht einmal sein Büro verlassen. Quasi direkt vom Schreibtisch in seinem Büro in der Haßfurter Polizeiinspektion blickt der Verkehrssachbearbeiter auf einen der kritischen Punkte – den Bereich zwischen Heideloffplatz, „Schwarzer Brücke“ und EZO-Kreisel. „Die Leute fahren kreuz und quer“, sagt Scherrer über die Radfahrer. Gleichzeitig übt er heftige Kritik an den motorisierten Verkehrsteilnehmern. „Es ist prinzipiell ein hohes Potenzial an mangelnder Rücksichtnahme zu beobachten“. Das sei, betont der Polizeihauptkommissar, „auf beiden Seiten gleich“.

Und viel dagegen tun kann die Polizei nicht, bedauert er in einem Gespräch mit dieser Redaktion. Er und seine Kollegen würden sich gerne häufiger einfach mal vor der eigenen Haustür auf die Straße stellen und Aufklärungsarbeit leisten. Dabei gehe es nicht einmal darum, die Menschen wegen ihres Fehlverhaltens kostenpflichtig zu verwarnen, wenn sie beispielsweise widerrechtlich auf zwei Rädern über die Querungshilfe über den Kreisel fahren, auf den Fußgängerwegen fahren, die falsche Seite benutzen oder beim Wechsel vom Radweg auf die Straße ohne auf den fließenden Verkehr zu achten einfahren. Nur: Wann und wie?

Radfahrer ignorieren die Straßenverkehrsordnung

„Uns fehlt einfach die Zeit“, bedauert er. „Da haben wir drei Unfälle, fünf Diebstähle und zwei Einsätze wegen häuslicher Gewalt“, beschreibt er das mehr oder weniger alltägliche „Pflichtprogramm“. Die Kür, freundliche Aufklärung nach dem Motto „Wussten Sie eigentlich...“, muss hinten anstehen, wenngleich es sich die Haßfurter Inspektion gegenüber dem Präsidium in Würzburg klar als Ziel definiert hat, in dem Bereich mehr zu tun. Auf der anderen Seite beobachten er und seine Kollegen im Streifendienst viele bewusste Verstöße. „Radfahrer halten sich sehr wenig an die Vorschriften, was Rotlicht und Stop-Schilder angeht“.

In der Kreisstadt, dem Verkehrsknotenpunkt des Haßbergkreises, treffen Radler und motorisierte Verkehrsteilnehmer geballter aufeinander als das in den Dörfern auf dem noch flacheren Land ist. Und gerade in Haßfurt ist „Radfahren ein bisschen tricky“, sagt Scherrer. „Das würde man heute nicht mehr so planen“. Er denkt da beispielsweise an die obere Hauptstraße, in der die Radler in der Einbahn-Fahrtrichtung rechts auf der Straße fahren müssen, auf dem Radfahr-Angebotsweg links aber gegen die Einbahnstraße fahren dürfen. Dass er überhaupt erlaubt ist, am Oberen Turm vorbei in Richtung Marktplatz zu fahren, ist aus Sicht der Polizei ein „Kompromiss“. Idealerweise würden die Pedalritter beispielsweise über die Promenade durch die Innenstadt geleitet, „aber das funktioniert halt nicht“, weiß auch der Beamte. Der direkte Weg werde einfach immer bevorzugt.

Rücksichtslose Autofahrer in der Oberen Vorstadt

Und auf dem warten speziell in der Haßfurter Hauptstraße Konflikte mit Blechkutschen. Das beginne bereits zwischen der Ritterkapelle und dem Oberen Turm. Autofahrer müssen bei der Post in der Oberen Vorstadt nach rechts Richtung Bahnhof abbiegen. Und das tun sie teilweise „sehr rücksichtslos“, sagt Scherrer. Ob sich da neben dem Fahrzeug noch ein Zweirad befindet, darauf werde ganz selten geschaut. Weiter geht es in der Hauptstraße damit, dass der Radfahr-Angebotsweg zugeparkt wird, „obwohl das verboten ist“, betont der Polizist. Befahren dürften Autos einen solche Fläche, die es auch in der Dr-Ambundi-Straße oder in der Zeiler Hauptstraße gibt, durchaus – aber eben nicht stehenbleiben.

Eine Fahrradfahrerin ist vor dem Oberen Turm in Richtung Altstadt unterwegs. Nicht selten kommt es an dieser Stelle zu gefährlichen Manövern. Denn Autofahrer müssen rechts abbiegen und vergessen oft, auf die rechts fahrenden Zweiräder zu achten. 
Foto: René Ruprecht | Eine Fahrradfahrerin ist vor dem Oberen Turm in Richtung Altstadt unterwegs. Nicht selten kommt es an dieser Stelle zu gefährlichen Manövern.

Nicht nur die (stärkeren) Autofahrer nehmen sich gegenüber (schwächeren) Radfahrern Rechte heraus, das würden aber auch die Biker gegenüber den (noch schwächeren) Fußgängern tun. Die Drahtesel würden kreuz und quer auf dem Gehweg stehen, was ältere oder gehbehinderte Menschen behindere. Oder, wer in einem der Außenbereiche der Gastronomie in der Hauptstraße oder auf dem Marktplatz seinen Kaffee genießen möchte, werde nicht selten von einem durchflitzenden Radfahrer aufgeschreckt.

Die Zahl der Unfälle steigt deutlich

Zumeist gehen die kritischen Situationen im Herzen der Kreisstadt zwar glimpflich aus, aber insgesamt verzeichnet die Polizei im Landkreis Haßberge eine „stark steigende Tendenz“ bei den Unfällen mit Zweirädern. Waren es vor fünf Jahren zwischen Maintal, Haßgau und Steigerwald noch 49, stieg die Zahl im vergangenen Jahr auf 69, ist der entsprechenden Statistik zu entnehmen.

Für 2020 rechnet Stefan Scherrer mit weiter steigenden Zahlen. Das habe auch, aber nicht nur mit der Corona-Pandemie, in deren Zeiten Radeln eine ungeahnte Popularität erfuhr, zu tun. Denn mit in die Statistik fallen auch E-Bikes, Pedelecs und Speed-Pedelecs. Erst in dieser Woche verunglückte eine 69-Jährige im Eltmanner Stadtgebiet beim Versuch, eine Straße zu überqueren, mit ihrem E-Bike schwer.

Speziell an diese Zielgruppe, die Senioren, richtet Scherrer einen eindringlichen Appell. Gerade sie machen den Großteil der Helmverweigerer aus, hat er beobachtet. Immer noch seien geschätzt zwei Drittel der Radler ohne den Kopfschutz unterwegs, dabei würde der im Falle eines Sturzes tatsächlich das Schlimmste verhindern. „Meistens fällt man auf die Seite, bekommt Beine und Arme nicht mehr vom Lenker oder den Pedalen weg. Womit bremst man dann auf dem Boden? Mit dem Kopf!“, sagt der Verkehrsexperte. „Ein Helm ist natürlich nicht der letzte modische Schrei“, sagt er, um aber gleich entgegenzusetzen: „Die eigene Sicherheit sollte einem schon die 80 bis 90 Euro für einen guten Helm wert sein“. Billigprodukte würden ihren Zweck zwar auch einigermaßen erfüllen, um aber etwas Komfort zu genießen, hält er eine etwas größere Investition für durchaus sinnvoll.

Die Jüngsten sind in der Regel sehr gut vorbereitet

Die jüngeren Radler übrigens sind laut Scherrer in der Regel recht gut auf den öffentlichen Verkehr vorbereitet, sei es durch Elternhaus, Kindergarten oder Schule sowie nicht zuletzt die Arbeit der Polizei in der Knetzgauer Jugendverkehrsschule. „Die Kollegen dort leisten eine super Arbeit“, lobt Scherrer. Dieser gesunde Mix sei Garant dafür, dass „wir im Landkreis Haßberge ganz selten Radunfälle mit Kindern haben“.

Damit er das irgendwann für alle Generationen sagen kann, hofft Scherrer darauf, dass sich Autofahrer und Radfahrer mit deutlich mehr Anstand und Rücksichtnahme begegnen. Nur durch ein Miteinander sei ein reibungsloser und sicherer Straßenverkehr zu gewährleisten.



 
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  • Halleluja007
    Ich gebe Herrn Scherrer recht, gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr ist angebracht. Das gelingt jedoch nur, wenn ein Verständnis und ein Einfühlungsvermögen in den jeweils anderen Verkehrsteilnehmer vorhanden ist. Fahrradfahrer und Fußgänger haben keine Knautschzone. Als Autofahrer möchte man schnell von A nach B. Das gilt jedoch auch für Fahrradfahrer, die ihr Fahrrad täglich als Fortbewegungsmittel nutzen. Als Verkehrsteilnehmer (ich bin Autofahrer, täglicher Radfahrer, Fußgänger und Motorradfahrer) stoße ich regelmäßig an die Grenzen, als Fahrradfahrer! Fahre ich die genannte Strecke in der Innenstadt stoße ich auf Autos auf dem Fahrradweg oder werde von Fußgängern die die Straße überqueren übersehen. Fahre ich mit dem Fahrrad auf der Straße werden die Abstände nicht eingehalten oder mir wird signalisiert, dass ich da nichts zu suchen habe. Richtig ist, dass Fahrradfahrer sich auch an die Verkehrsregeln halten müssen und das am Besten mit guter Ausrüstung .
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  • die-appels@gmx.de
    Noch schlimmer ist es zwischen der gesperrten Verbindungsstraße zwischen Augsfeld und der ehemaligen Zuckerstraße , da haben Autos überhaupt nichts verloren , nehmen sich (nicht alle) aber alle Freiheiten heraus , kein seitlicher Abstand halten , geschweige Geschwindigkeit herabsetzen , egal ob gegen Fußgänger und Radfahrer , da sollte die Polizei auch mal wieder öfter kontrollieren.
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