Hildegard Hückmann blickt auf eine schreckliche Zeit zurück: Ende letzten Jahres kam es zu einem schweren Corona-Ausbruch in dem von ihr geleiteten Seniorenheim der AWO in Zeil. Über 20 ältere Damen und Herren verstarben, fast 50 Mitarbeiter mussten in Quarantäne. Als dann Winfried Wiendl vor der Tür des Hans-Weinberger-Hauses stand, "da habe ich wirklich geweint" gesteht Hückmann. Denn der ehemalige Bonfinanz-Manager aus Untertheres war gekommen, um das Personal der Einrichtung auf seine ganz besondere Art aufzubauen: Er hatte ein dickes Bündel Gutscheine für die Pflegerinnen und Pfleger dabei.
"Wir haben uns riesig gefreut"
"Dass jemand von außen in dieser schwierigen Phase Anteil an unserer Arbeit nimmt, das hat uns sehr aufgebaut", sagte Hückmann am Mittwoch über das, was sie damals zu Tränen bewegte. Im Heim entschied man sich dazu, die Gutscheine an die zu verteilen, die auf der "Corona-Station" arbeiteten. Darunter waren auch die Pflegerinnen Brigitte May und Theresa Bayer. Beide bekundeten gegenüber der Redaktion, welchen positiven Effekt diese "Anerkennung in schwierigen Zeiten" gehabt habe: "Wir haben uns riesig gefreut", sagten die beiden Frauen übereinstimmend.
2018 gegründet: die Pflegedank-Stiftung
Ein jeder Gutschein hat einen Wert von 44 Euro, den der Empfänger in unzähligen Geschäften und Online-Shops von Amazon bis Zalando einlösen kann. Ausgegeben werden sie von der Pflegedank-Stiftung, die Winfried Wiendl 2018 ins Leben gerufen hat, und die drei Hauptziele verfolgt: Sie will Pflegekräften eine Bestätigung "von außen" für ihre wertvolle Arbeit geben, junge Menschen auf Pflegeberufe aufmerksam machen und das Berufsbild der Pflege auch in und über die Medien aufwerten.
Die Gutscheine, deren unrunde Summe sich durch den Maximalbetrag erklärt, den ein Arbeitnehmer monatlich als geldwerten Vorteil steuer- und sozialversicherungsfrei erhalten darf, sind für Wiendl also eine Geste der Wertschätzung. Es geht nicht in erster Linie ums Geld. "Das Problem ist nicht, dass Pflegekräfte zu wenig verdienen. Die Problematik liegt eher in der Überforderung durch eine angespannte Personaldecke", beobachtet der ehemalige Top-Manager. Da will er gerade in der Pandemie Signale senden, dass die Bevölkerung sehr wohl wahrnimmt, was Pflegekräfte leisten - und sie damit motivieren, durchzuhalten.
Gut 70 000 Euro (etwa 1600 Gutscheine) hat die Stiftung laut Wiendl im Rahmen der Gutschein-Aktion unter dem Motto "Danke den Pflegekräften" bereits ausgeschüttet, rund 20 000 Euro davon aus Eigenmitteln, den größten Teil der Summe jedoch über Spenden. Stand Mitte April wurden 33 Einrichtungen bedacht, die sich - auch in Onlinebeiträgen - teilweise herzlich für die Zuwendungen bedachten. Auch deshalb findet, wer "Pflege" zusammen mit "Dank" googelt - die Pflegedank-Stiftung mittlerweile ganz oben in der Ergebnisliste - was wiederum dazu beiträgt, dass Wohltätige aus der ganzen Bundesrepublik auf sie aufmerksam werden.
Winfried Wiendl ist davon angetan, wie viele Menschen auch auf Facebook Bekanntschaft mit seiner Stiftung machen. Es gebe viele anonyme Spenden, doch die meisten Beträge gingen über Paypal ein, dann könne er sich über die hinterlegte E-Mail-Adresse bei den Absendern bedanken. Etwa bei jenem Studenten der Hochschule der Bundesbank, der nicht nur seinen Corona-Bonus gespendet, sondern auch bei seinen Kommilitonen Geld eingesammelt habe für die Aktion "Danke den Pflegekräften".
Es kann wieder Geld ausgeschüttet werden
Inzwischen ist wieder so viel Geld zusammengekommen, dass Wiendl letzte Woche verkünden konnte: "Jede Einrichtung, die mitmachen will, kann sich bewerben." Bisher waren das Senioren- und Pflegeheime "zu 80 Prozent in Unterfranken", doch die Stiftung erweitert nach und nach ihr Tätigkeitsgebiet: Winfried Wiendl will in nächster Zeit vor allem in den Bamberger Raum vordringen.
Bevor sie ihre Gutschein-Aktion startete, hatte die Pflegedank-Stiftung vor allem in zweierlei Hinsicht Gutes bewirkt: Sie finanzierte teambildende Maßnahmen des Pflegepersonals, zum Beispiel Mitarbeiterfeiern oder Betriebsausflüge. Und sie förderte die verschiedensten Arten zur "Erhöhung der Pausenqualität" - etwa in dem sie Physiotherapeuten bezahlte, die sich um strapazierte Pflegerinnen und Pfleger kümmerten. Oder ermöglichte es, einen Yoga-Lehrer zu engagieren, wenn dies der Wunsch der Bedachten war - denn die Heime müssen sich mit ihrem Begehr bei der Stiftung bewerben. Diesen Teil der Stiftungsarbeit hat die Corona-Krise aber weitestgehend zum Erliegen gebracht.
Es ist mehr als nur Klatschen
Welchen vor allem psychologisch wichtigen Wert die Gutschein-Aktion hat, lässt auch die Caritas erkennen: Für Anke Schäflein, die Geschäftsführerin der Caritasverbandes Haßberge, ist das "eben mehr als ,nur' Klatschen. Schäflein kennt die Arbeit der Stiftung von Anfang an und würdigt, welche außergewöhnlichen Beitrag Wiendl damit leistet - mit Herzblut und Verstand. "Auch die Wunschgutscheine sind wieder eine handfeste, aber eben auch individuelle Unterstützung und konkrete Anerkennung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter."
Heike Ehlert, die Leiterin des Caritas-Seniorenheims St. Bruno in Haßfurt - auch hier hatte die Lungenkrankheit heftig gewütet - , spricht von einer besonderen Art der Wertschätzung. Die Gutscheine seien bei ihren Mitarbeitern sehr gut angekommen, weil sie so vielfältig einsetzbar seien. "Von vielen weiß ich, dass Sie die Gutscheine bereits mit Freude eingelöst haben."
Wertvoller Beitrag für die Pflege in der Öffentlichkeit
Auch Melanie Schröder, die dem Caritas-Altenservicezentrum St. Martin in Hofheim vorsteht, ist Winfried Wiendl überaus dankbar: "Er leistet einen wertvollen Beitrag für die Pflege in der Öffentlichkeit. Und darüber hinaus kommt die Anerkennung eben auch direkt bei den Pflegekräften an, wie jetzt bei den Gutscheinen."
Es müssen nicht nur Häuser speziell für ältere Menschen sein, die Gutscheine erhalten. Auch unter den gut 300 Mitarbeitern der Schweinfurter Lebenshilfe-Wohnheime gab es 40 "Gewinner". Hier hatte Einrichtungsleiter Sascha Turtschany das Los entscheiden lassen. Für ihn war die Aktion das Signal an die Pflegekräfte: "Wir haben Euch in dieser schwierigen Situation nicht vergessen - und wir tun mehr als nur klatschen."
Verwaltet wird die Pflegedank-Stiftung übrigens vom Deutschen Stiftungszentrum (DSZ, Essen), das gut 600 gemeinnützige und mildtätige Stiftungen in seiner Obhut hat. Das Stiftungszentrum hat auch die Aufsicht über die Pflegedank-Stiftung übernommen, weshalb Spenden an das DSZ gehen. Was aber nichts daran ändert, "dass jede Spende ohne jeden Abzug für den Stiftungszweck verwendet wird", wie Winfried Wiendl versichert.
Wer an die Pflegestiftung spenden möchte, findet das Spendenkonto auf der Homepage der Stiftung. Hier ist auch eine direkte Überweisung per Paypal möglich. Pflegeeinrichtungen, die in den Genuss von Zuwendungen aus der Pflegedank-Stiftung kommen möchten, können sich an die Stiftung wende per Tel.: (0171) 725 81 00 oder per E-Mail an info@pflegedank-stiftung.de.