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Königsberg
Vor der Rente ins Tiny House umziehen: Martina Weber aus Königsberg hat es gewagt
Die 63-Jährige hat ihr großes Eigenheim verkauft, um künftig auf 40 Quadratmetern zu leben. Auch die Erfahrung durch eine Krankheit spielt eine Rolle.
Martina Weber aus Königsberg lebt künftig in einem kleinen Modulhaus.
Foto: Lukas Reinhardt | Martina Weber aus Königsberg lebt künftig in einem kleinen Modulhaus.
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:31 Uhr

Martina Weber steht in ihrem neuen Zuhause, das noch wenige Minuten zuvor wortwörtlich in der Luft hing. Ein Kran hatte ihr gerade einmal 17 Tonnen schweres Eigenheim - ein Tiny House - gleich im Ganzen auf das Grundstück gehoben. "Ist das nicht toll?", fragt die Königsbergerin fast ungläubig - und gibt sich sogleich selbst die Antwort: "Das ist der Hammer!" Hier will die 63-Jährige künftig leben, auf etwas mehr als 40 Quadratmetern.

Ein Tag zuvor. Martina Weber hat den Bauplan ihres Mini-Modulhauses vor sich auf dem Tisch ausgebreitet. Zu diesem Zeitpunkt zeugen nur die bereits angelegten Punktfundamente auf dem Grundstück der Königsbergerin von dem, was bevorstehen wird. Die kleinen Betonquader sollen das Haus künftig tragen, das zwölf Meter lang und vier Meter breit sein wird. "Hier soll die Küche sein, dort das Bad", sagt sie und fährt mit dem Finger über das Papier. "Und das wird mein Schlafzimmer."

Wohnfläche schrumpft deutlich

So viel Platz, wie sie es bislang gewohnt war, wird Martina Weber in ihrem neuen Eigenheim nicht mehr zur Verfügung stehen, das zeigt der Blick auf den Plan. Das Haus, in dem sie zuvor 44 Jahre gelebt hatte, in dem sie ihre drei Kinder groß zog, am Ende aber alleine wohnte, steht nur einen Steinwurf entfernt. "Dort hatte ich sieben Zimmer über drei Etagen, zwei Bäder, einen großen Garten." Insgesamt etwa 230 Quadratmeter, schätzt sie. Darauf verzichtet Weber nun. Bewusst, wie die 63-Jährige betont. "Das war zu viel für eine Person. Es wurde Zeit, Ballast abzuwerfen. Und das fühlt sich unglaublich gut an." Ihr Haus hat Weber im September 2021 verkauft. Bis das neue kleine Eigenheim bezugsfertig ist, lebt sie zur Miete.

Hochfunktional und durchdacht: Der Blick auf den Plan ihres Modulhauses zeigt die Zimmeraufteilung.
Foto: Lukas Reinhardt | Hochfunktional und durchdacht: Der Blick auf den Plan ihres Modulhauses zeigt die Zimmeraufteilung.

"Gesundschrumpfen" nennt sich der Trend hin zum minimalistischen Wohnen. Eine konsumkritische Lebensweise, die in Deutschland immer mehr Anhänger findet. Seither steigt auch die Nachfrage nach den Tiny Houses. Darunter fallen Häuser mit und ohne Räder. Sie haben gemein, dass sie auf kleinster Fläche all das bieten, was es zum Leben braucht. Sie gelten als hochfunktional, durchdacht - und vergleichsweise günstig. In Zeiten horrender Immobilienpreise für einige eine echte Alternative. Inzwischen sind so ganze Siedlungen aus Mini-Häusern entstanden, wie etwa im Fichtelgebirge. "Darüber", erklärt Weber, "habe ich einen Bericht im Fernsehen gesehen." Ihre Neugierde war geweckt. Sie informierte sich, tauschte sich mit ihren Kindern aus - und entschied sich schließlich für einen Hersteller von fertigen Modulhäusern aus Mittelfranken.

Erkrankung prägt Entscheidung mit

"Bei aller Vorfreude: Es wird natürlich eine große Umstellung", sagt Martina Weber. Doch der Umzug in ihr neues Heim wird nicht die einzige Veränderung bleiben. Ihr steht in Kürze eine weitere, nicht weniger große Veränderung bevor: In wenigen Wochen wird die 63-jährige Königsbergerin in Rente gehen, nachdem sie lange Zeit als Rezeptionistin in einer Tierklinik im Haßbergkreis gearbeitet hatte. "Da denkt man natürlich über das Leben im Alter nach", sagt sie. Auch diese Gedanken haben sie in ihrem Entschluss bestärkt, künftig auf einer kleineren Fläche zu leben. Ihn gar entscheidend mitgeprägt. "Das neue Haus ist weitgehend barrierefrei, es ist auch eine Entscheidung für meine Zukunft", sagt Weber.

"Das war erschreckend - in dieser Zeit habe ich nur auf einer Etage in unserem Haus gelebt."
Martina Weber

Wie es ist, wenn die Gelenke nicht mehr mitmachen, wenn jeder Schritt und jede Bewegung schmerzt, das musste Martina Weber vor rund vier Jahren am eigenen Leib erleben. Als sie an einer rheumatoiden Arthritis erkrankte, wurde das Treppensteigen im damals noch mehrstöckigen Eigenheim zur Qual. "Das war erschreckend - in dieser Zeit habe ich nur auf einer Etage in unserem Haus gelebt." Die Schmerzen sind inzwischen gegangen, dank reichlich Kortison und einer Reha. Doch die Sorge ist geblieben, dass es im Alter wieder schlechter werden könnte. Das kleine Haus gibt ihr ein Gefühl von großer Sicherheit.

Kleines Haus, große Hürden 

Dass sie nun, mit 63 Jahren, so ganz alleine ihr erstes eigenes Haus baut, darüber schüttelt sie gelegentlich selbst etwas ungläubig den Kopf, sagt Martina Weber. Ein Schnellschuss sei ihre Entscheidung trotzdem nicht gewesen. Sie reifte lange - und erforderte einiges an Geduld. Denn auch wenn Martina Weber ein kleines Haus bauen lässt, so sind die Hürden groß. Auch Mini-Häuser dürfen - sofern sie dauerhaft auf einem Grundstück stehen und bewohnt werden - nur dort errichtet werden, wo es kommunale Bebauungspläne zulassen.

Ein Haus am Haken: Das  neue Eigenheim von Martina Weber - rund 17 Tonnen schwer - schwebt an seinen Bestimmungsort.
Foto: Lukas Reinhardt | Ein Haus am Haken: Das neue Eigenheim von Martina Weber - rund 17 Tonnen schwer - schwebt an seinen Bestimmungsort.

Ein Bauantrag musste her, das Grundstück, das sie erwarb, erschlossen werden. Im Januar 2022 begannen die Arbeiten. Die Punktfundamente wurden gegossen, die Anschlüsse gelegt. "Es war immer auch ein Hoffen und Bangen, dass alles so klappt, wie man es sich wünscht", sagt die 63-Jährige. Seit Mitte Februar wartete das Grundstück nun auf das fertige Modulhaus, das in einem Stück über die Dächer der Nachbargebäude an seinen Ort gehoben werden soll. "Ich bin gespannt, ob ich heute Nacht bei all der Aufregung schlafen kann", sagte Martina Weber noch am Tag vor der Anlieferung. Keine 24 Stunden später steht sie bereits in ihrem neuen Zuhause.

Wie genau das Modulhaus an seinen Bestimmungsort gelangt ist, darüber berichten wir als nächstes.

 
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  • U. S.
    Viele Menschen würden gern ein Tinyhaus besitzen - nur leider sind die Hürden zwecks Aufstellung riesig. Inzwischen sind die kleinen Häuser gewachsen, es gibt sie bereits mit 100qm Wohnfläche. Es gibt sie mit Erdwärmeheizung und eigener Stromerzeugung. Alles eine Frage des Preises - und der ist gewaltig im Vergleich zu einem "richtigen" Haus. Dennoch ist so ein Häuschen eine wunderbare Alternative zur Wohnung, ist man doch sein eigener Herr und hat ein paar Quadratmeter Garten die man nutzen kann. Ich hoffe, dass künftig ganze Siedlungen mit den Häuschen entstehen.
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  • T. F.
    Leider ist der Gedanke bei den Kommunen noch nicht angekommen, die Nachfrage ist groß...nur alles was "Neu" ist...ist bei uns schwierig, schwierig!
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  • M. R.
    Ich habe fad Gefühl, es gibt eine Lobby der Tiny House‘. Im Verhältnis ist die Branche ein Flop, aber ständig erscheinen Artikel dazu.
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  • T. F.
    Die Branche ist überhaupt kein Flop, auch hier in der MP gab es schon x Artikel, die Nachfrage ist groß, nur die Gemeinden haben damit ein Problem.
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  • H. H.
    Ja wunderbar, mit Nachbarn wohnen, evtl. noch rücksichtslose, über einem oder nebenan, das muss man vielleicht manchmal ertragen. Mit einem eigenen, ruhigen Häuschen mit kleinem Garten kann man den Ruhestand sicher anders genießen. Ich würde das auch vorziehen.
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  • G. Z.
    mit einem schlechten Nachbarn, lebst Du nie gut. Weder in einem kleinen, noch in einem großen Haus! Da hilft Tiny nix.
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  • H. S.
    was für eine Platzverschwendung...wegen lumpigen 40qm muss eine ganze Infrastruktur herumgezimmert werden, anstatt man in einen Wohnblock zieht, der genügend kleine Wohnungen beherbergt....dieser Trend ist einfach ein ökologischer Schwachsinn!
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  • B. L.
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  • T. F.
    "Ökologischer Schwachsinn"...ganz im Gegenteil, wer sich für diese Wohnmöglichkeit entscheidet, lebt minimalistisch, kein unnützes Gedöns im Haus, Strom usw. kostengünstig, wenig Klamotten...ein kleiner idyllischer Garten außenrum...kurz um, man kann sich auf das wesentliche im Leben konzentrieren....Sie hat das viel zu große Haus verkauft...sehr gute Entscheidung....wer heute in einen kleinen Wohnblock zieht, zahlt für eine kleine Wohnung, Unsummen...das ist auch das Problem, dass Viele einfach nicht umziehen möchten.
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  • H. W.
    Ist es leider doch... rein von der energetischen und ökologischen Seite gesprochen.

    Ihr Ansatz von wegen reduzierter Wohnraum etc. ist richtig. Jedoch hat das Tiny House das Problem, dass es bei geringer Wohnfläche sehr viel Außenfläche hat über die Energie verloren geht.

    Ökologisch wäre es die Tiny Houses zu stapeln um energetische Verluste und den Flächenverbrauch zu reduzieren... das ganze nennt sich dann Geschosswohnungsbau. Im Idealfall noch in Stadtnähe um den Individualverkehr zu entlasten.

    Ich verstehe den Traum vom "Häuschen im Grünen" aber aus ökologischer Sicht ist das wirklich nichts.
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  • T. F.
    Warum? Geräde ältere wohnen in viel zu großen Häusern, die damals auch für die Kinder gebaut wurden, ja der Junior zieht dann mit der Familie später ins ausgebaute Dach...das ist eine Illusion, die Kinder leben ganz wo anders, in neu gebauten Häusern...wenn die viel zu großen Häuser verkauft würden, um Familien einen Wirkungskreis zu geben und die älteren einen neuen kleineren "Wohnbereich" hätten, wäre doch auch aus ölologischer Sicht gewonnen.
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  • F. H.
    Das ist rein technisch sicherlich korrekt, aber letztlich kommt es doch auf das Gesamtpaket an: Falls dann der Bewohner des Wohnsilos dreimal im Jahr ins Ausland fliegt und jedes Wochenende sein Auto für Ausflüge nutzt, um abseits seines tristen Wohnumfeldes sein Leben zu bereichern, dann ist da auch nichts gewonnen.
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