
Nicht mehr lange soll es dauern, bis am Haßfurter Bahnhof endlich auch Menschen mit einer Behinderung problemlos ein- und aussteigen können. Im Oktober will die Bahn die neue Bahnsteigunterführung in Betrieb nehmen, im Dezember sollen schließlich auch die neuen Aufzüge einsatzbereit sein, mit denen auch Rollstuhlfahrer von einem auf den anderen Bahnsteig kommen.
Betrieb musste auch während des Umbaus weitergehen
Die seit Frühjahr 2020 laufenden Umbauten waren nötig, um den Bahnhof barrierefrei zu machen. Da wäre zum einen die Einstiegshöhe: Idealerweise soll der Bahnsteig die gleiche Höhe haben wie der Fußboden der Wagons. Dafür mussten die Bahnsteige auf die Normhöhe von 76 Zentimetern über der Gleisoberkante erhöht werden. Außerdem sollte die Unterführung, die zu den weiter vom Gebäude entfernten Gleisen führt, Aufzüge erhalten. Der Bahnsteig zwischen den Gleisen 2 und 3 war dafür bisher nicht breit genug. So mussten die Arbeiterinnen und Arbeiter zunächst Gleis 3 weiter vom Bahnhofsgebäude weg verlegen, um dann den Bahnsteig verbreitern zu können.

Eine weitere Herausforderung: Der Bahnhof konnte nicht einfach mal für längere Zeit vom Schienennetz genommen werden. So arbeiteten die Bauarbeiter immer an einem Gleis, während an den anderen beiden die Züge hielten. Als Ersatz für die Unterführung, die komplett neu gebaut wurde, musste eine provisorische Brücke über die Gleise her – eine "Personenüberführung", wie bei der Bahn der Fachbegriff hierfür heißt.
Gleis 2 ist ab Freitag wieder in Betrieb
In dieser Woche steht nun ein weiterer wichtiger Schritt an: Nachdem alle Bahnsteige erhöht und – wo nötig – verbreitert sind, wird am Freitag Gleis 2 wieder in Betrieb genommen. Dieser Bahnsteig war als letzter an der Reihe. Zuvor seien noch einige letzte Arbeiten nötig, berichtet Projektleiter Daniel Spies. Am Mittwoch erfolgte beispielsweise die technische Abnahme der Bahnsteigbeleuchtung. Noch ist der neu gestaltete Bahnsteig aber nicht auf seiner gesamten Länge in Betrieb: Am östlichen Ende finden derzeit noch letzte Arbeiten statt.
Bei allen Versuchen, den Verkehr weiter laufen zu lassen, wird sich zumindest eine kurzzeitige Sperrung des kompletten Zugverkehrs nicht vermeiden lassen: Die Sperrpause dauert vom 21. bis zum 26. August, wie Spies berichtet. In dieser Zeit steht eine 18-stündige Totalsperrung der Bahnstrecke an, gefolgt von 82 Stunden, in denen die Gleise 1 und 2 nicht befahrbar sind. In dieser Zeit stehen weitreichende Arbeiten an, sagt der Projektleiter. Unter anderem werden dann die Aufzüge von oben in die Unterführung gehoben.

Der Umgang mit ebendieser Unterführung hat in Haßfurt in den vergangenen Monaten bereits für Kritik gesorgt, die sowohl die Stadt Haßfurt als auch die Bahn abbekam: Vor dem Umbau war die Bahnsteigunterführung noch um einiges länger, denn es gab noch einen alten Treppenaufgang zu den Gleisen 4 und 5, der auch lange nach Stilllegung dieser Gleise nicht gesperrt wurde. Von hier aus führte ein Schleichweg zum Wohngebiet nördlich der Altstadt. Dass diese Abkürzung dem Bahnhofsumbau zum Opfer fallen sollte, kam bei vielen Haßfurtern nicht gut an.
Gibt es bald wieder einen Fußweg nach Norden?
Doch die Verantwortlichen haben reagiert: Die beiden Stirnseiten der Bahnsteigunterführung werden zwar nach dem Umbau zunächst verschlossen sein, sie sind aber so konstruiert, dass sie sich leicht aufbrechen lassen, um den Fußgängertunnel in die entsprechende Richtung zu verlängern. Damit will sich die Stadt Haßfurt gleich zwei Möglichkeiten offenhalten: Zum einen könnte so irgendwann doch wieder ein – diesmal offizieller – Fußweg nach Norden entstehen. Zum anderen ließe sich der Tunnel bis zum Bahnhofsvorplatz erweitern, um auch von dort einen Abgang zu den Gleisen zu ermöglichen. "Das Vorgehen wurde so mit der Stadt Haßfurt eng abgestimmt und wird auch so entsprechend ausgeführt", sagt Daniel Spies.
Barrierefreiheit: Es geht auch um Sehbehinderungen
Neben den großen Umbauten wie der Erhöhung und Verbreiterung von Bahnsteigen gibt es noch weitere Veränderungen am Bahnhof. Denn bei der Barrierefreiheit geht es nicht nur um Menschen mit einer Gehbehinderung. Auch Sehbehinderte hat die Bahn im Blick. "Wir statten die Bahnsteige mit einem taktilen Blindenleitsystem aus", berichtet Daniel Spies.
Das bedeutet: Einzelne Steine der Bodenplatten haben eine deutlich andere Oberflächenstruktur als die übrigen. Mithilfe eines Blindenstocks lassen sich diese Steine mit Rillen und Noppen ertasten, sodass Menschen mit einer Sehbehinderung genau wissen, in welche Richtung sie gehen müssen, wo sich die Bahnsteigkante befindet und wo sie beispielsweise Sitzbänke finden. An den Bahnsteigen gibt es dieses System bereits, bald soll der ganze Bahnhof inklusive der Unterführungen damit ausgestattet sein. An den Handläufen der Unterführung lässt sich außerdem in Blindenschrift lesen, an welchem Gleis man sich gerade befindet.

Schon seit vielen Jahren war der barrierefreie Umbau des Haßfurter Bahnhofs geplant, wurde aber immer wieder verschoben. Seit Baubeginn im Mai 2020 gab es allerdings keine weiteren Verzögerungen mehr: "Was den Zeitplan angeht, sind wir im Soll", freut sich Projektleiter Spies.
Auf die Frage nach den Gesamtkosten des Bahnhofsumbaus meint Spies, dazu könne er nichts Neues sagen. Bisher war von einer Summe von rund 10,1 Millionen Euro die Rede. Inwieweit dieser Kostenrahmen eingehalten werden konnte, lasse sich aber erst dann mit Sicherheit sagen, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind.
über diese beiden Themen habe ich bei meiner Recherche auch mit einem Pressesprecher der Bahn gesprochen. Was die Bahnhöfe in Zeil und Ebelsbach-Eltmann betrifft, haben wir als Redaktion aber beschlossen, dem Thema lieber demnächst einen eigenen Artikel zu widmen, als alles mit in den Bericht über den Haßfurter Bahnhof mit hineinzupacken.
Zur Einstiegshöhe: Hier sagt der Bahnsprecher, dass von den älteren Wagons, deren Einstieg noch nicht die Normhöhe hatte, mittlerweile keine mehr auf dieser Strecke unterwegs seien. Aus eigener Anschauung kann ich dazu wenig sagen, da ich nicht gehbehindert bin und deshalb bisher bei Bahnfahrten nie bewusst darauf geachtet habe. Es wäre aber nett, wenn Sie uns für unsere weitere Berichterstattung zu dem Thema noch etwas über Ihre Erfahrungen mit dem Einstieg erzählen könnten. Gibt es denn bestimmte Züge zu bestimmten Tageszeiten, bei denen der Einstieg besonders problematisch ist?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Schmieder, Redakteur