Eltmanns Stadtförster Christian Bartsch ist sauer. Über den vielen Müll in seinem Wald. Bartsch betreut die rund 1100 Hektar Wald der Stadt Eltmann, die der größte kommunale Waldbesitzer im Landkreis Haßberge ist. Von abgefahrenen Autoreifen bis zum ausgedienten Kühlschrank: "Wir müssen jedes Jahr sechs Tonnen Müll entsorgen", klagt Bartsch. Doch was den Förster an diesem Dienstag besonders wütend macht, sind die gigantischen Mengen an Erdreich und Bauschutt, die Unbekannte auf Lembacher Gemarkung in seinen Wald gekippt haben.
Die Redaktion hat sich mit dem Forstmann am besagten Dienstag vor Ort getroffen: Die Stelle des Umweltfrevels liegt grob auf halber Luftlinie zwischen den Ortschaften Lembach und Roßstadt. Hier zieht sich von Westen her über wenige hundert Meter hinweg ein kleines Waldgebiet den Dürrenberg hoch. Am südlichen Waldrand, genau unter der von Südsüdwest nach Nordnordost verlaufenden Hochspannungsleitung, befinden sich die illegalen Ablagerungen. Weit weg von der nächsten Siedlung, weit weg von größeren Straßen.
Menschen, die hier gerne wandern oder spazieren gehen und anonym bleiben wollen, haben die Redaktion auf das aufmerksam gemacht, was sie als "illegale Deponie" und "Umweltskandal" bezeichnen: Dort, wo die Schneise der Hochspannungsleitung verläuft, breitet sich von einem Waldweg ein Fremdkörper Richtung Waldrand aus: Vielleicht 20 Meter breit, 50 Meter lang und – das Gelände fällt hier steil nach Süden ab – teils mehrere Meter hoch. Links und rechts daneben stehen wertvolle Baumbestände vor allem mit Eiche, Tanne und an den feuchteren Lagen Erle.
Besonders auffällig: Die Auffüllungen riegeln im Süden einen tief eingeschnittenen Graben ab. Wasser, das von Quellaustritten im östlichen Grabenteil stammt, staut sich vor dem künstlichen "Damm ". Was für eine Sünde, hier den natürlichen Lauf eines Gewässers zu beeinträchtigen, heißt es seitens der Kritiker.
Das legale eingebaute Material dient auch dem Ausbau eines Rückewegs
Doch in diesem und einem weiteren Punkt täuschen sich die Hinweisgebenden, klärt Förster Bartsch auf. Zunächst einmal: Der größte Teil der Auffüllungen ist auf legalem Wege in den Wald gelangt. Die Stadt Eltmann selbst deponiert hier Erdreich, das bei Erdarbeiten in der selben Gemarkung anfällt. Das spart Deponiekosten anderswo. Zudem kann Stadtförster Bartsch mit dem Material an Ort und Stelle einen Rückeweg ausbauen, der die Wegstrecken der Rückefahrzeuge entscheidend verkürzt. Der Forstwirt bringt zur Ortsbesichtigung den vom Landratsamt genehmigten "Bauantrag für Erdaufschüttung auf Flurstück 542, Gemarkung Lembach" mit, er stammt aus dem Jahr 2021.
Der zweite Irrtum unter den besorgten Beobachterinnen und Beobachtern: Die Grabensohle ist mit der Stirn der Auffüllungen nicht etwa unabsichtlich verfüllt, sondern bewusst: "Wir haben hier ein Feuchtgebiet geschaffen", sagt Christian Bartsch und begründet das mit Klima- und Artenschutz. Dutzende solcher Feuchtzonen hat er oder will er noch im Eltmanner Stadtwald schaffen, denn angesichts der globalen Erwärmung müsse auch der Wald gekühlt werden. Ein dauerhafter Bach sei in dem von Menschenhand geschaffenen Graben vorher nicht geflossen.
Verbleibt das, was auch den Förster auf die Palme bringt. Schon einmal hat die Stadt Eltmann hier illegal verklapptes Erdreich entfernen und entsorgen lassen müssen – auf ihre Kosten, denn die Verantwortlichen waren nicht zu ermitteln. Die erneuten Umweltsünden werden Bartsch erst beim Ortstermin am Dienstag bewusst. "Ich kann halt nicht überall gleichzeitig sein", verteidigt sich der 43-Jährige, der als Betriebsleiter auch für den Wald der Stadt Königsberg verantwortlich ist.
Zu sehen ist eine Landschaft aus größeren und kleineren Hügeln, aufgeschüttet auf die genehmigten Ablagerungen. Teilweise handelt es sich wohl um reines Erdreich, teilweise aber auch um Bauschutt. Es gibt sandige-lehmige Anhäufungen, denen Basaltschotter und Sandsteinbrocken beigemischt sind; und verstreut liegen Ytong-Steine und Rasenkantensteine aus Beton herum. Quecken, Disteln, Ackerwinden erobern das neue Terrain. Manche Hügel sind noch frei von Vegetation, was bedeutet, dass zu unterschiedlichen Zeiten angeliefert wurde.
Mehr als 2000 Badewannen voll Erde und Schutt
Alles, was nicht eingeebnet ist, stammt von Unbekannt. In einem groben Überschlag kommt Förster Bartsch auf 250 Kubikmeter Material, das hier nicht hingehört. Das wären mehr als 2000 Badewannen voll. Geht man beim Erdaushub von einem Durchschnittsgewicht von 1,5 Tonnen pro Kubikmeter aus, waren im vorliegenden Falle rein rechnisch 15 Vierzigtonner (maximale Zuladung von 25 Tonnen) für den Transport nötig. Trotz aller Ungenauigkeiten bei der Kalkulation wird deutlich: Es waren nicht nur ein paar Schubkarren voll Erde oder Schutt, deren sich jemand hier entledigt hat.
Das Material soll erst einmal beprobt werden
Deswegen wird der Stadtförster Anzeige beim Landratsamt Haßberge erstatten. Gegen Unbekannt. Es fällt Bartsch schwer zu glauben, dass solche Massenbewegungen unbemerkt geblieben sind, was aber nicht bedeutet, dass Zeuginnen oder Zeugen Ross und Reiter nennen. Ohne Verursacher bleibt die Stadt Eltmann einmal mehr auf den Entsorgungskosten sitzen. Deswegen möchte der Revierleiter das illegal verklappte Material beproben lassen, ob und inwieweit es sich in die reguläre Deponie einbauen ließe. Im günstigsten Falle müsste die Stadt nur Teile ausbaggern lassen und anderswo loswerden.
Warum der Einbau unbelasteten Materials vor Ort möglich wäre? Das Ende der offiziellen Verfüllung ist noch nicht erreicht: Genehmigt hat das Landratsamt Haßberge hier die Einbringung von gut 2200 Kubikmetern Erdreich auf einer Fläche von 900 Quadratmetern. Der legale "Füllstand" liegt derzeit noch weit darunter, nämlich bei 1300 Kubikmetern.