Die Fichte ist tot, es lebe die Eiche? Wassermangel, Hitze und die Anzahl der Sonnenstunden setzen dem alteingesessenen Baumbestand in Bayerns Wäldern massiv zu. Um dessen Lebensfähigkeit langfristig zu sichern, ist der Freistaat Bayern auf der Suche nach Bäumen, welche den vorhergesagten Klimaverhältnissen standhalten. Beispielsweise "trockentolerante Eichen". Drei Arten stehen dabei im Fokus: die Flaumeiche, die Ungarische Eiche und die Zerreiche. Alles Baumarten, von denen erwartet wird, dass sie gut an anhaltende Sommerdürreperioden angepasst sind.
Die Federführung des Projektes liegt beim Bayerischen Amt für Waldgenetik (AWG) mit Sitz in Teisendorf. Das Universitätsforstamt Sailerhausen beteiligt sich über einen Großversuch: Auf einer Fläche von 20 Hektar, das entspricht der Größe von circa 25 Fußballfeldern, kommen 20 verschiedene Herkünfte der drei Trockeneichen zur Auspflanzung. Das bedeutet, dass das Saatgut von unterschiedlichen Orten stammt.
AWG-Projektleiter ist Randolf Schirmer. Das Saatgut haben sie seit Herbst 2021 in Frankreich, der Schweiz, Italien, Rumänien, Serbien, Bulgarien, Ungarn und in Griechenland gesammelt, berichtet er. "Auch innerhalb einer Art bestehen wegen über lange Zeiträume erfolgter Anpassungsprozesse erhebliche, regionale und genetisch nachweisbare Herkunftsunterschiede", begründet er die Vorgehensweise. Heimische Stiel- und Traubeneichen werden zu Vergleichszwecken zusätzlich angebaut.
Es geht um die Frage der Nutzbarkeit
Es geht nun um die Frage der Nutzbarkeit des Baummaterials für die Waldbauern der kommenden Generationen. Hauptziel des aktuellen Projektes sei die Anlage von wissenschaftlich auswertbaren Herkunftsversuchen. Hierbei werde das Wuchsverhalten der Arten unter den Klimabedingungen in Unterfranken untersucht. Denn dieses sei klimatisch das "Sorgenland Bayerns", führt er aus.
Die Bäume, die auf der Versuchsfläche gepflanzt wurden, sollen nun Antworten auf drei Fragen geben: Welches Herkunftsland verfügt über die geeignetsten Genmaterialien? Wie ist das Wuchsverhalten der Bäume? Und wie kommen diese mit den klimatischen Bedingungen zurecht? "Da Arten aus wärmeren Regionen besonders früh austreiben, besteht für sie ein sehr hohes Risiko, von im Frühjahr auftretenden Spätfrösten stark beschädigt zu werden", informiert Schirmer. Die Zukunft wird es weisen.
Mehr als 60 Jahre lang sollen die Bäume beobachtet werden
Betreut werden die Pflanzungen durch die Technische Universität München. Die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) stellt hierzu eine Klimastation auf. Wachstumseigenschaften der Bäume können auf diese Weise mit den ortsnah gewonnenen Niederschlags- und Temperaturdaten verknüpft werden. Der Beobachtungszeitraum wird sich über 60 Jahre und mehr hinwegziehen, erste Auswertungen würden bereits im Herbst dieses Jahres durchgeführt. Die Versuchsfläche wird, so ist sich Schirmer sicher, ein Fortbildungszentrum mit überregionaler Strahlkraft werden.
Hans Stark, scheidender Leiter des Universitätsforstamtes Sailershausen, hat die Versuchsfläche, ein bisher landwirtschaftlich genutzter Acker, gerne zur Verfügung gestellt. "Wir brauchen dringend alternative Baumarten, um Waldbestände widerstandsfähiger gegen klimatischen Veränderungen zu machen", erklärt er seine Intention. Die Ergebnisse seien Grundlage für die Waldbesitzerberatung der Bayerischen Forstverwaltung. Sein Nachfolger Daniel Kraus nimmt das Erbe gerne entgegen.
Wie könnte er aussehen, der unterfränkische Wald der Zukunft? Fichte und Kiefer werden laut Schirmer verschwinden. "Zukunftsträchtige Arten sind Pfahlwurzler, vor allem heimische Nebenbaumarten, die bis jetzt nicht im forstlichen Fokus standen: Elsbeere, Speierling und Feldahorn", so Schirmer. Interessante Alternativbaumarten aus dem Ausland seien beispielsweise Baumhasel und Atlaszeder.